Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
unter den Gaje aufwächst.
    »Als ich dich die Geschichten aus unserer Überlieferung erzählen hörte … als ich von deinen Lippen über den Zigeunerstern hörte, die Legende von der Schwellenden Sonne …« Er atmete heftig ein, kehrte sich mir abrupt wieder zu und schaute zu mir herab, und – gewiss – seine Augen waren feucht, und ihr könnt mich gleich wieder in die Sklaverei verkaufen, wenn die meinigen nicht auch zu schwimmen begannen, ein ganz klein bisschen. Dann sprudelte der Junge hervor: »In diesen paar Tagen, da hatte ich manchmal für Augenblicke das Gefühl zu verstehen, wie es sein muss, wenn man einen wirklichen Vater hat, Yakoub.«
    Schön, also hatte er es schließlich doch noch über die Lippen gebracht.
    Eine Antwort meinerseits erübrigte sich. Also lächelte ich ihn nur an, zog ihn fest an mich und küsste ihn nach unserer alten Rom-Tradition auf den Mund, drückte seine beiden Schultern zum Schluss noch einmal mit festem Griff und nahm meine Hände von ihm. Dann standen wir beide schweigend beieinander. Der Doppeltag brach an. Gegenüber der gelben Sonne stieg die orangerote herauf, und das Eis loderte in den aufeinanderprallenden Farben.
    Nach einer Weile sagte der Junge: »Ich fürchte mich vor dem Gedanken, dass ich dich niemals wiedersehen werde.«
    »Weil du glaubst, dass unsere Wege sich nie wieder kreuzen werden, oder weil du glaubst, dass meine Zeit fast zu Ende ist?«
    »O Yakoub …«
    »An deinem ersten Tag hier hast du zu mir gesagt, ich würde ewig leben. Ich glaube nicht, dass das so sein wird, und ich glaube, ich möchte auch gar nicht, dass es so wäre. Aber ich muss lange genug durchhalten, bis ich meinen Fuß auf den Zigeunerstern gesetzt habe. Das weißt du. Und du weißt ebenso, dass ich das tun werde.«
    »Ja. Du wirst es tun, Yakoub.«
    »Und wir beide werden uns lange vor diesem Tag wieder begegnen. Ich weiß nicht, wie oder wo oder warum dies geschehen wird, aber es wird geschehen. Irgendwo. Irgendwann. Aber bis dahin, mein Junge, warten Aufgaben auf dich, und du solltest dich auf den Weg machen und sie in Angriff nehmen. Geh also jetzt! Sei vorsichtig! Und mögest du nie von Gott weichen.«
    »Mögest du nie von Gott weichen, Yakoub.«
    Er grinste mich an. Ich vermute, er war erleichtert, dass er nun den ganzen tränenfeuchten Abschied hinter sich gebracht hatte, und ich muss gestehen, mir ging es genauso.
    Die Skanneraura für die Peilung stieg auf. Von der Antenne, die er einige hundert Meter entfernt auf dem Eisfeld errichtet hatte, schoss eine leuchtendgrüne Lichtfontäne auf.
    »Dann gehst du wohl jetzt besser da rüber«, sagte ich.
    Er stülpte sich den Reisehelm über den Kopf, und die hauchfeinen, gefältelten Kupfermaschen glitten um ihn herum bis fast auf den Boden.
    Kurz bevor er die Schaltung an seiner Schulter drückte, durch die jegliche Kommunikation zwischen uns unmöglich gemacht wurde, blickte er noch einmal zu mir herunter, sah mir tief in die Augen und sagte: »Du bist noch immer König, Yakoub. Du bist König auf ewiglich.«
    Dann berührte er den Schaltknopf, das hauchfeine. Gewebe begann zu leuchten, sich zu wölben wie ein Ballon und schloss den Jungen dicht in einer Schutzkugel kalter Mulanoluft ein, die von keiner Kraft durchstoßen werden konnte. Solange das Kraftfeld dieses Helms aktiviert blieb, war er in dieser Kugel gegen alles und jeden geschützt. Selbst gegen die furchtbare Dunkelheit und Eiseskälte der Leere, die in den Abgründen des Universums herrscht.
    Lange schaute ich von der Schwelle meiner Eiskugel zu ihm hinüber, da draußen auf dem Eisfeld, in das grüne Licht der Skanneraura getaucht und umgeben von dem Farbengemisch der gelben und orangeroten zwei Sonnen. Er wartete auf einen wandernden Scannerstreifen einer Schichtstafette, der ihn auffangen und in die Welten des Imperiums zurückbringen würde.
    Er tat mir leid. Stafettenreisen ist nämlich keineswegs angenehm, und besonders lustig ist es auch nicht. Tatsächlich musst du dabei ganz schön die buija zusammenkneifen.
    Das könnt ihr mir glauben. Ich habe im Lauf der Jahre ausreichend Gelegenheit gehabt, das herauszufinden, und zwar handfest und höchstpersönlich. Du stehst herum und wartest – und du stehst und stehst und wartest. In tausend verschiedenen Verknüpfungen rund um das innere Universum hocken die Scannerstationen wie riesenhafte Spinnen und betasten die unteren Regionen des Raums mit ihren weit ausgestreckten Greifarmen. Früher oder später findet

Weitere Kostenlose Bücher