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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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kälter. Nicht einmal ein paar Gespenster trieben sich herum. Ein feiner Tag, Yakoub Rom, dich wieder auf den Weg zu machen. Beweg dich und zieh los, ehe der Alte, Böse sich mit seiner Last an dein Herz hängt und dich zu Boden drückt! Der böse Alte, der Hinterlistige, Schlaue, der Teufel, den wir Roma o Beng nennen, o ja. Es ist durchaus möglich, dass auch er mein Vetter ist, aber ich gedenke nicht, ihn zum Abendessen zu bitten.
    Also räumte ich meine Eisblase aus, in der ich während des verflossenen Jahres (oder etwas kürzer oder länger) gehaust hatte, versammelte allen meinen Besitz um mich und verstaute ihn in meiner eleganten kleinen einhundert Kubikmeter großen Overtasche, und als ich die Zugschnur zog, verfrachtete ich neunundneunzigkommafünfundneunzig cbm des Inhalts der Overtasche in eine bequeme Speicherdimension in einem Kontinuum in der Nähe. Das Übriggebliebene war der Masse nach unbedeutend und hatte überhaupt kein Gewicht. Ich verschnürte es mit einem Strick an meinem Ärmel und ließ es neben mir herhoppeln, während ich mich zu meiner neuen Basis aufmachte.
    Der Platz lag auf der gegenüberliegenden Seite des Gombo-Gletschers, etwa hundert Kilometer weiter nördlich. Das war ein feiner kleiner Spaziergang. Ich sang die ganze Zeit über auf Romansch vor mich hin, und es war mir ganz egal, ob das, was ich sang, auch einen Sinn ergab, denn schließlich – wer hörte mir schon zu? Und wenn meine Zehen anfingen, sich zu beklagen, machte ich halt, warf den Kopf in den Nacken, brüllte meinen Namen gegen den Wind, packte die Hände zwischen meine Schenkel, warf dann wild die Arme herum und riss die Knie bis ans Kinn und stieß sie stampfend wieder zu Boden und torkelte herum wie ein Mondsüchtiger und tanzte einen unseren alten Tänze. Und hoy! Hootchka pootchka hoya zim! Und danach zog ich weiter, brüllend vor Lachen, und der Schweiß strömte mir durch das schwarze Haargewirr auf der Brust und auf dem Bauch. Hoy! Yakoub-der-Rom ist wieder auf Reise!
    Eine Stunde nach meinem Aufbruch begann es zu schneien. Der Himmel wurde weiß, der Horizont verschwand, und es gab keine Wegmarkierungen mehr, nach denen ich mich hätte richten können. Von da an blies mir der Schnee unablässig ins Gesicht. Ich trank ihn in mich und spuckte ihn wieder aus. Aber selbst in der weißen Konturlosigkeit blieb ich auf meinem Kurs. Vor langer Zeit – auf einem Planeten namens Trinigalee Chase, über den ich sonst eigentlich lieber kein Wort verlieren möchte – lernte ich einen Trick, wie man einzig und allein nur mit dem Instrument, das man zwischen den Ohren sitzen hat, auf Kurs bleiben kann, und dies kam mir jetzt gut zustatten. Das ist im Übrigen die einzige Erinnerung an Trinigalee Chase, die nicht vergessen zu haben mich froh macht.
    Wo immer ihr auf Mulano hinkommt, die Landschaft ist stets die gleiche: Eis, Schnee, Schnee und Eis. Der Planet hat keinen Neigungswinkel zur Ekliptik und deshalb gibt es hier kaum jahreszeitliche Unterschiede, und obwohl es zwei schnieke Sonnensterne gibt, die massenhaft zauberhafte Lichtspiele veranstalten, ist Mulano eben doch zu weit von ihnen entfernt, als dass sie echte Wärme spenden könnten. Und deshalb ist auf beiden Hemisphären Mulanos die ganze Zeit über Winter. Ich hatte seit meiner Ankunft hier nicht einen einzigen Tag ohne Schneefall erlebt.
    Aber das war ganz in Ordnung so. Ich hatte genügend Jahre meines Lebens auf Tropenplaneten verbracht. Im allgemeinen sind die Planeten, die sich die Menschheit zur Besiedelung ausgesucht hat, solche mit angenehmen Klimabedingungen; vielleicht an den Polen auf einigen etwas winterlich, aber in der Regel das ganze Jahr über überall sonst von balsamischer Milde. Glatte kristallklare Meeresbrandungen, pulverfeine Sandstrände, grüne Laubwedel, die sich in sanften Brisen wiegen: da habt ihr die ideale durchschnittliche Welt der Gaje. Wenn sie irgendeine unwirtlichere Welt besiedeln – sagen wir beispielsweise Megalo Kastro oder Alta Hannalanna –, dann nur deshalb, weil dort Rohstoffe lagern, die zu wertvoll sind, als dass sie sie liegenlassen könnten. Aber davon abgesehen, und wenn man bedenkt, wie viele Millionen von Planeten es allein in unserer einen Galaxis gibt, sehen die Gaje wenig Sinn darin, sich auf den weniger angenehmen niederzulassen. Was ich ihnen eigentlich nicht verübeln kann.
    Die einzige Ausnahme darin bildet die Welt, auf der sie alle angefangen haben, die Erde. Aber natürlich haben sie die Erde

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