Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
Vom Netzwerk:
ver­stan­den. O Va­ri­an, du be­greifst ein­fach nicht, was ich sa­gen will, nicht wahr?“
    Ihm blieb nichts an­de­res üb­rig, als den Kopf zu schüt­teln. Er wünsch­te sich, Frau­en könn­ten et­was di­rek­ter sein, et­was sach­li­cher, wenn sie über ih­re Ge­füh­le spra­chen.
    „Ich will fol­gen­des sa­gen, Va­ri­an: Ich möch­te nicht mit die­sen an­de­ren Män­nern zu­sam­men sein, son­dern nur mit dir al­lein. Du hast mir die Frei­heit wie­der­ge­ge­ben, und ich möch­te sie zu­sam­men mit dir ver­brin­gen.“
    Fast hät­te er ge­sagt: Ist das al­les, was dir fehlt? Aber er ließ es lie­ber. Ih­re Wor­te be­ru­hig­ten ihn auf der einen Sei­te und be­sorg­ten ihn auf der an­de­ren. Am liebs­ten hät­te er sie in die Ar­me ge­nom­men und sie ge­gen sei­ne Brust ge­drückt. Aber auch das un­ter­ließ er.
    Er sah ihr di­rekt in die Au­gen und sag­te sanft: „Ich glau­be, ich ha­be dich jetzt ver­stan­den, doch nun weiß ich nicht mehr, was ich ma­chen soll. Denn wir be­fin­den uns ja hier, weit, weit weg von al­ler Zi­vi­li­sa­ti­on. Wir kön­nen doch nicht ein­fach weg­lau­fen.“
    „Das weiß ich auch“, sag­te sie.
    „Ja, aber was er­war­test du dann, was ich sa­gen soll?“
    „Das weiß ich auch nicht. Wenn ich ro­man­ti­scher ver­an­lagt wä­re, wür­de ich dich ger­ne sa­gen hö­ren, daß du mich liebst … aber ich weiß gar nicht, was ‚Lie­be’ ist, und ich käme mir un­fair vor, dich un­ter sol­chen Um­stän­den dar­um zu bit­ten.“
    „Nun, ich bin et­was ro­man­ti­scher ver­an­lagt, und ich glau­be wirk­lich, daß ich dich lie­be. Aber das ist es nicht, was ich ge­meint ha­be. Du weißt, daß wir hier oh­ne Stoor und Raim nicht weg kön­nen. Und die bei­den fah­ren hier nicht eher fort, bis sie sich da­von über­zeugt ha­ben, daß der Wäch­ter nicht hier ist.“
    „Das ist mir klar.“
    „Al­so, was denn nun? Was willst du von mir hö­ren?“
    „Ich weiß es nicht. Sag mir doch, wo wir hin­fah­ren wer­den, wenn wir hier nichts fin­den.“
    „Wahr­schein­lich zum Baadg­hi­zi-Tal. Warum?“
    „Gibt es nichts da­zwi­schen – Städ­te zum Bei­spiel?“
    Va­ri­an dach­te über die Fra­ge nach. „Wir kom­men am Ostrand von G’rdel­lia vor­bei. Große Städ­te gibt es dort nicht, aber ganz si­cher klei­ne­re. Wir lie­gen ab­seits der Haupt­han­dels­rou­ten, mußt du wis­sen.“
    Tes­sa nick­te. „Glaubst du, wir hal­ten ir­gend­wo in G’rdel­lia an?“
    „Viel­leicht. Ganz si­cher könn­ten wir mit Stoor dar­über re­den, ihn viel­leicht so­gar da­zu brin­gen. Warum?“
    „Du weißt, warum.“ Sie starr­te ihn mit ih­ren grü­nen Au­gen in­ten­siv an.
    „Ja, ich kann es mir den­ken.“
    „Und?“
    „Ich weiß es nicht, Tes­sa. Ich weiß es wirk­lich nicht. Du ver­langst von mir, zwi­schen zwei Din­gen zu wäh­len, bei de­nen ich mir nicht si­cher bin, ob ich mich über­haupt zwi­schen ih­nen ent­schei­den kann.“
    Sie blick­te nach oben in den wol­ki­gen, hel­len Him­mel.
    „Zu­min­dest sagst du mir ehr­lich, was du fühlst und was du denkst. Einen sol­chen Men­schen ha­be ich auch noch nie ken­nen­ge­lernt.“
    „Dann gib mir we­nigs­tens Zeit, dar­über nach­zu­den­ken“, sag­te er matt.
    „Was fas­zi­niert dich denn so an die­sem Ort, Va­ri­an?“ Sie ließ den Blick über die dunklen Schat­ten schwei­fen, die sie um­ga­ben.
    Er schwieg ei­ni­ge Zeit lang und be­ob­ach­te­te eben­falls die Schat­ten der Ver­gan­gen­heit. „Ich kann es dir nicht sa­gen, weil ich es sel­ber nicht weiß. Ich weiß nur, daß vor uns schon Men­schen ge­lebt ha­ben, daß al­les, was wir ge­tan ha­ben, vor­her schon ein­mal ge­macht wor­den ist … ich kann es dir nicht er­klä­ren, aber das be­wirkt et­was in mir.“ Er at­me­te tief ein und sah sie dann an: „Mir feh­len die pas­sen­den Wor­te, Tes­sa. Aber ich kann es füh­len. Ich bin ein ein­fa­cher Mann, das weiß ich ge­nau. Doch tief in mir steckt et­was. Et­was wie ein glü­hen­des Koh­le­stück, das nicht ver­lö­schen will. Und das muß her­aus, ich muß es ein­fach wis­sen. Es muß mehr an die­ser Welt dran sein, als wir zu er­ken­nen ver­mö­gen …“
    Er trat einen Schritt zu­rück und deu­te­te zum Him­mel. „Sieh hin, sieh ein­mal nach oben.

Weitere Kostenlose Bücher