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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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wir es nicht für heu­te nacht ge­nug sein? Raim kann den Su­cher jus­tie­ren, und wir er­rich­ten un­ser Nacht­la­ger, so mit vor­züg­li­chem Nacht­mahl und al­lem, was da­zu­ge­hört. Wir wer­den ei­ne gan­ze Wei­le hier drin­nen be­schäf­tigt sein.“
    Al­le stimm­ten zu. Lang­sam kam das Fahr­zeug un­ter dem Schat­ten ei­ner großen Ma­schi­ne zum Ste­hen. Frü­her ein­mal war die­se auf großen Sta­chel­rä­dern ge­lau­fen, jetzt aber wa­ren nur noch Na­deln aus Ei­sen­oxid üb­rig­ge­blie­ben.
     
    Der Him­mel war dun­kel und wol­ken­los, als Va­ri­an mit Tes­sa im nä­he­ren Um­feld des La­gers spa­zie­ren­ging. Die Ster­ne stan­den hell und kalt am Him­mel, und die ly­ri­schen Tö­ne von Raims flö­ten­rei­cher Ar­this wo­ben sich ge­wandt in die Nacht­stil­le ein. Tes­sa hielt fest sei­ne Hand, und er be­merk­te, daß sie kurz vor der Schwel­le zum Zit­tern stand.
    „Ist dir kalt?“
    „Nein, das ist es nicht.“
    „Tes­sa, hast du Angst vor mir?“ Sei­ne Stim­me klang ru­hig und sach­lich. „Ist das der Grund? Oder liegt es an die­sem Ort? Oder an die­ser Ar­beit, die wir hier tun?“
    „Viel­leicht ist es all das zu­sam­men … ich weiß es nicht, Va­ri­an. Ich ha­be viel nach­ge­dacht – ir­gend et­was stimmt hier nicht. Zu­nächst ha­be ich ge­glaubt, ein ganz neu­es Le­ben wür­de mich er­war­ten, seit ich dich ge­trof­fen ha­be … seit du mich ge­ret­tet hast …“
    „Al­so liegt es nicht …?“ Manch­mal be­schlich Va­ri­an das Ge­fühl, daß al­le Frau­en das glei­che be­son­de­re We­sen hat­ten, ein We­sen, das Män­nern für im­mer ein Ge­heim­nis blei­ben wür­de.
    „Nein, war­te, hör mich erst an. Du weißt, wel­ches Le­ben ich hin­ter mir ha­be. Bis­lang hat­te ich nie ir­gend­ei­nen Ein­fluß dar­auf. Nie­mals! Zu­erst mein Va­ter, dann die Män­ner, die mich ver­kauft ha­ben … Ich hat­te ja nie auch nur die Ge­le­gen­heit, dar­an zu den­ken, mein Schick­sal in die ei­ge­nen Hän­de zu neh­men. Mir blieb nie die Zeit, mir dar­über klar­zu­wer­den, was ich ei­gent­lich woll­te. Bis auf ei­nes: Ich wuß­te, daß ich nie mit ei­nem Mann zu­sam­men sein woll­te, so­lan­ge ich leb­te.“
    „Das kann ich gut ver­ste­hen“, sag­te er. „Du hast mir ein­mal ge­sagt …“
    „Laß mich erst aus­re­den.“ Sie ges­ti­ku­lier­te mit der Hand über die Rui­nen, die die bei­den um­ga­ben. „Ich kom­me mir hier wie ei­ne Ge­fan­ge­ne vor. Ich füh­le mich to­tal be­klemmt, und ich wun­de­re mich, daß du und die bei­den an­de­ren Män­ner die­ses Ge­fühl nicht habt. Die­se Be­klem­mung hängt über uns, als hät­te sie ei­ne rea­le Exis­tenz.
    Ich spü­re sie, Va­ri­an, und sie läßt mich dar­an den­ken, was mir bis jetzt in mei­nem Le­ben al­les wi­der­fah­ren ist.“ Sie hielt in­ne, um sich die Au­gen zu rei­ben. Lang­sam schüt­tel­te sie den Kopf.
    „Er­zähl wei­ter …“ Er be­rühr­te ih­re Schul­ter, aber sie wich zu­rück.
    „Es ist nur, daß … ich ei­ne Men­ge Zeit hat­te, über sehr vie­le Din­ge nach­zu­den­ken, seit wir die­se Rei­se be­gon­nen ha­ben. Und …“
    „Und du bist zu dem Schluß ge­kom­men, daß du nicht län­ger bei mir blei­ben willst? Das geht doch in Ord­nung, Tes­sa. Ich kann das gut ver­ste­hen. Und ich ha­be dir kei­ne Be­din­gun­gen ge­stellt, als ich dein Le­ben ret­te­te …“
    Tes­sa lä­chel­te. „Nein, nein. Das ha­be ich nicht ge­meint. Ganz und gar nicht, Va­ri­an. Und daß du über­haupt da­von ge­spro­chen hast, be­weist mir er­neut, daß du ein gu­ter Mann bist, ein Mann mit Cha­rak­ter – und ich ha­be erst so we­ni­ge Men­schen mit Cha­rak­ter ken­nen­ge­lernt … Nein, das ha­be ich wirk­lich nicht ge­meint.“
    „Jetzt ver­wirrst du mich aber.“
    „Es ist die­se Su­che“, sag­te sie lang­sam und oh­ne ihn an­zu­se­hen. „Die kann noch Jah­re an­dau­ern. Und bei die­ser Vor­stel­lung wer­de ich ganz krank, denn ich ha­be nicht vor, einen Groß­teil mei­ner neu­en Frei­heit an so et­was zu ver­geu­den …“
    „Kannst du dir denn nicht vor­stel­len, was es für uns be­deu­ten wür­de, den Wäch­ter zu fin­den?“
    „Doch, ja, na­tür­lich. Aber du hast mich noch im­mer nicht rich­tig

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