Zivilcourage - Keine Frage
kommunikative Kompetenz, Kritikfähigkeit und Einfühlungsvermögen erlernen, werden sie sich privat und beruflich durchsetzen.
Gemeinsam zu mehr sozialer Kompetenz
Vorbildlich wird soziales Lernen zum Beispiel am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium in Dülmen im Münsterland umgesetzt. Soziale Kompetenzen fordern und fördern – das ist in Dülmen mehr als ein Schlagwort. Es gibt Streitschlichter, Klassenpaten und jüngere und ältere Schüler arbeiten im Team. Viele Schüler engagieren sich in ihrer Freizeit beispielsweise für Senioren; dieser Einsatz ist vom Lehrerkollegium erwünscht und wird gefördert. Für die ehrenamtlichen Aufgaben, die sich die Schüler selbst suchen, werden sie für eine Wochenstunde vom Unterricht freigestellt. Stärkung der Persönlichkeit, Konfliktsensibilisierung, konstruktives Sozialverhalten, individuelle Berufsvorbereitung, Suchtprävention – an der Ganztagsschule in Dülmen haben Lehrer und Schüler gemeinsam diese Worthülsen mit Leben gefüllt. Die Arbeit wurde belohnt: 2009 erhielt die soziale Schule ein Gütesiegel für individuelle Förderung des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen.
Auch viele andere Bildungseinrichtungen versuchen, den Kindern das zu geben, was sie für einen aufrechten Gang in ihrem späteren Leben benötigen. Je früher sie über diese Fähigkeiten verfügen, umso besser.
Frühe Hilfe verhindert spätere Delinquenz
Wie wichtig es ist, dass Erzieher, Lehrer und Sozialpädagogen schon früh sozial schwache Kinder unterstützen, zeigt eindrücklich das Perry Preschool Project aus den USA. Für dieses Langzeitprojekt wurden 1962 in Ypsilanti, Michigan, USA insgesamt 123 Kinder zwischen drei und vier Jahren aus ärmeren afroamerikanischen Familien in das Projekt eingeschlossen. 58 Kinder bekamen die Möglichkeit, in einem Lernhaus selbstständig zu lernen. Außerdem besuchten die Lehrer die Familien wöchentlich zu Hause und gaben Tipps zur Ernährung, Erziehung und Gesundheit. Die anderen erhielten keine Unterstützung.
Die Studienergebnisse waren beachtlich: Nach 35 Jahren waren die Kinder aus der Fördergruppe signifikant seltener für kriminelle Delikte verurteilt und inhaftiert worden, waren beruflich erfolgreicher und lebten öfter in Beziehungen als diejenigen aus der Kontrollgruppe.
Die Ergebnisse bestätigen die Erkenntnisse der aktuellen Wissenschaft. In den vergangenen zehn Jahren konnten Hirnforscher und Entwicklungspsychologen nachweisen, wie wichtig es für die Ausbildung des Gehirns ist, wie und wofür ein Kind dieses benutzt. Entwickeln Kinder also bestimmte Fähig- und Fertigkeiten, weil sie wie beim Perry Preschool Project gefördert werden, dann hinterlässt das im Gehirn Spuren – ähnlich wie auf einer viel befahrenen Autobahn. » Es sind vor allem die eigenen Erfahrungen, die unsere Kinder prägen « , sagt der Göttinger Neurowissenschaftler Gerald Hüther. » Und es ist das Meistern von Herausforderungen, was die Kinder stärkt. «
Zum Zeitpunkt der Geburt ist das menschliche Gehirn noch unfertig. Nahezu alles, worauf es im späteren Leben ankommt, muss es lernen und als eine neue Erfahrung abspeichern. Einer aktuellen Studie zufolge sind schon Babys mit zwölf Monaten in der Lage, auf Kosten anderer ihre eigenen Ziele zu verfolgen. » Allein durch die Erfahrungen, die sie innerhalb weniger Monate in ihren Familien machen, haben sie gelernt, wie sie sich verhalten müssen, damit sich das Leben lohnt « , sagt Hüther.
Die Initiative Fairplayer soll Mobbing bei älteren Schülern und in Jugendgruppen verhindern und körperlicher, psychischer und sozialer Gewalt vorbeugen. Mithilfe von Materialien und Rollenspielen setzen sich die Schüler mit Themen wie Gewalt und Zivilcourage auseinander. Das von Professor Herbert Scheithauer entwickelte Programm bezieht alle Klassenmitglieder mit ihren Lehrern und Betreuern ein. Fairplayer ist bei den siebten bis neunten Klassen bis zu einem halben Jahr in den Lehrplan integriert. Fairplayer wurde 2003 gegründet und kommt bundesweit zum Einsatz.
Lernen durch Begeisterung
Die Forschungen des Neurobiologen Gerald Hüther verdeutlichen, wie entscheidend der spätere Lebensweg eines Kindes davon abhängt, was ihm schon zu Beginn seines Lebens geboten wird. » Unser Gehirn vernetzt sich, denkt und arbeitet so, wie wir es benutzen « , sagt Hüther. » Neue Vernetzungen bilden sich dann rasch heraus und werden fest verknüpft, wenn das, womit wir uns intensiv beschäftigen, uns sehr
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