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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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bedauern, das man nie besessen hat?
    »Ich muss Euch etwas Merkwürdiges sagen«, begann er, zu Lucretia gewandt.
    Lucretia lächelte kaum merklich vor sich hin.
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    Ihre Schönheit zerreißt mir das Herz, schoss es Francois mit der ganzen Macht seiner Schwermut durch den Sinn.
    »Dann sagt es auch«, ermunterte ihn Lucretia.
    Francois holte tief Luft. »Ich glaube«, hub er an, »dass wir uns in diesem Moment zum letzten Mal als Freunde begegnen.«
    Er sah, dass ihr Gesicht alle Farbe verlor.
    »Ich weiß nicht, ob ich Euch verstehe«, murmelte sie.
    »Deshalb will ich es erklären«, erwiderte Francois. Er musste abermals Atem holen. »Ich kann nie aufhören, an Euch zu denken, Lucretia, doch dieser Umstand macht mich nicht froh.
    Ich weiß nicht, ob Ihr Euren Mann liebt, doch ganz gleich, wie es ist, er ist dennoch Euer Gemahl. Alles, was ich ersehne, verstößt gegen die Sitte, ich musste im Grunde sogar schweigen, doch das geht nun nicht mehr. Ich werde Eure Verachtung riskieren.«
    Für eine Sekunde schloss Lucretia die Augen. »Ich verachte Euch nicht«, entgegnete sie leise. »Aber Ihr verlangt das Unmögliche.«
    »Darüber bin ich mir im Klaren«, bestätigte Francois. »Ich fand lediglich, Ihr solltet es wissen.«
    Lucretia strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Haltet Ihr mich für leichtfertig?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete Francois.
    Lucretia senkte den Kopf. Nachdem sie für eine Weile geschwiegen hatte, begann sie: »Ich habe versucht, meinen Mann zu lieben. Ich weiß nicht, ob es mir gelungen ist.« Als sie den Blick hob, sah Francois, dass sie weinte.
    Er streckte die Hand nach ihr aus. Für einen Moment sah es aus, als wolle Lucretia sie ergreifen, doch stattdessen wandte sie sich ab und eilte davon.
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    Die Seeleute und die Soldaten waren getrennt voneinander auf dem Orlopdeck und dem Batteriedeck untergebracht. Es war bekannt, dass diese beiden Gruppen sich nicht vertrugen.
    Auf dem Batteriedeck war der Raum besonders knapp bemessen, so dass die Soldaten kaum über ausreichenden Platz für ihr Lager und die Truhe mit ihren Habseligkeiten verfügten.
    Eines Tages kehrte Allert Janz, einer der Kanoniere, aufgebracht von einem kurzen Ausflug an Deck zurück.
    Er ließ sich mürrisch auf den Boden fallen.
    Hendricks, Wouter Loos und van der Ende, drei seiner Kameraden, die mit ihrem Kartenspiel auf ihn gewartet hatten, blickten ihn verwundert an.
    »So gut möchte ich's auch mal haben«, stieß Janz hervor.
    »Während wir uns in diesem stinkenden Loch wie Ratten auf der Pelle hocken, tändelt der Kommandeur in aller Ruhe mit seiner Schönen.«
    »Hast du die beiden ertappt?«, fragte Wouter.
    »Stehen auf dem Achterdeck und glotzen sich an«, brummte Janz. »Ringsum könnte die Welt untergehen, und sie merkten es nicht.«
    »Ich könnte ihm zeigen, wie man noch etwas anderes tut als glotzen.« Hendricks lachte.
    »Der braucht von dir keine Unterweisung«, höhnte Janz. »Der hat die Hure längst rumgekriegt.«
    Van der Ende schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das hast du nur geträumt.«
    »Von wegen geträumt!«, versetzte Janz. »Das hat mir der Steinmetz gesteckt, und der weiß es vom Kapitän. Mit eigenen Augen hat der Skipper sie in der Heckgalerie erw-«
    »Pass besser auf, was du sagst«, fiel Hendricks ihm warnend ins Wort.
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    Janz ging darüber hinweg. »Ich wette, die Hure kriegt nie genug«, sagte er grinsend.
    Die anderen feixten vor sich hin.
    Van der Ende runzelte die Stirn. »Es sollten keine Frauen an Bord sein«, erklärte er. »Das bringt Unglück.«
    Ich möchte wissen, was Wouter Loos sich da ausheckt, ging es Wiebe Hayes dur ch den Kopf. Irgendetwas führt der Bursche schon seit Tagen im Schilde.
    Wouter war ein eigenartiger Mensch. Er besaß ein frisches Bauerngesicht, mit runden, roten Wangen, so dass man ihn für offen und gutmütig hielt. Erst nach einer Weile stellte man fest, dass Wouter im Grunde verschlagen und undurchsichtig war.
    Man wusste nicht, was er dachte, noch auf wessen Seite er stand. Dem Steinmetz begegnete er zum Beispiel freundlich, doch hinter seinem Rücken lachte er über ihn. Darüber hinaus hatte Wiebe noch zwei weitere Dinge herausgefunden: Wouter betrog beim Kartenspiel und er borgte sich gern Geld, ohne es zurückzuzahlen.
    Wiebe lag in der Dunkelheit und starrte vor sich hin. Er hörte den Steinmetz schnarchen. Er klingt, als wäre er dabei, den Großmast durchzusägen, dachte er.
    »Schläfst du?«, hörte er Wouter neben

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