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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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er entdeckte, dass das Langboot mit dem Kapitän und dem Kommandeur von der Nachbarinsel verschwand, setzte er ihm nach. O nein, er ließ die Menschen nicht im Stich. Er folgte lediglich seinen Offizieren.
    Bei ihm befand sich auch Claas, Tryntgens Ehemann. Fühlte er sich etwa schuldig? Als Verräter an seiner Frau? Aber woher denn. Er schloss sich doch nur seinem Steuermann an. Der hatte entschieden, nicht er.
    Fand der Kapitän, er wäre ein Deserteur? Hielt der Kommandeur sich für pflichtvergessen?
    Hatte Jan Everts jemals Gewissensbisse verspürt? Ja, warum denn, wenn er lediglich Jeronimus gehorchte?
    Irgendeine Rechtfertigung legte sich jeder von ihnen zurecht.
    Ihnen geht es häufig ähnlich, vermute ich. Immer gibt es Umstände, die Ihr Handeln erklären.
    Glauben Sie, ich werfe Ihnen das vor? Bewahre!
    Ich wäre bestürzt, wenn es sich anders verhielte.

    -220-

    Auf der hohen Insel
    Im Laufe des Nachmittags tauchte ein zweites Boot vor der hohen Felseninsel auf. Die Männer ließen ihre Arbeit sinken und blickten ihm argwöhnisch entgegen.
    Der Kapitän hatte sich am Ufer postiert, die Fäuste in den Hüften. Als das Boot näher kam, erkannte er Halfwaack am Ruder, seinen Schwager und Steuermann, derselbe, der kein Wort mehr mit ihm gewechselt hatte, seit er sich mit Zwaantie vergnügte.
    Nun sprang Halfwaack aus dem Boot und watete sichtlich erregt an Land.
    Ob er mir Vorwürfe zu machen wagt? fragte sich der Kapitän.
    Ob er annimmt, als Bruder meiner Frau hätte er Rechte anzumelden?
    »Was willst du hier?«, rief er Halfwaack entgegen.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen, Skipper.«
    Jacobs warf einen Blick auf die anderen Männer, die dem Boot zögernder entstiegen. Er erkannte Claas und noch etwa ein halbes Dutzend weiterer Soldaten und Matrosen.
    Der Kommandeur war inzwischen zu ihnen getreten. »Wir suchen hier nach Wasser für uns alle«, erklärte er.
    »Das sehen die Le ute da hinten auf der Insel anders. Sie glauben, Ihr seid dabei, Euch zu verdrücken.«
    »Warum beantwortest du nicht erst einmal meine Frage?«, erkundigte sich der Kapitän. »Was willst du hier?«
    Halfwaack schaute ihn heimtückisch an. »Die Passagiere haben uns beauftragt, hinter euch herzurudern. Sie möchten wissen, was ihr plant.«
    Der Kapitän betrachtete ihn nachdenklich. »So, so«, entgegnete er.
    -221-

    »Nun«, fuhr Halfwaack fort, »ich habe ihnen geschworen, dass du niemals deinen eigenen Schwager vergessen und dich klammheimlich entfernen würdest.«
    Jacobs lachte schallend auf. »Wie wahr«, erwiderte er belustigt. »Die Familie hält treu zusammen.«
    Claas, der inzwischen bei ihnen stand, fiel in sein Lachen mit ein, doch es klang nicht sehr fröhlich, und er sah dabei zur Seite, um dem Blick des Kapitäns auszuweichen.
    Gegen Ende des Tages setzten die Männer sich am Ufer zu einer Lagebesprechung zusammen.
    »Hier finden wir kein Wasser«, erklärte der Skipper. »So viel steht inzwischen fest.«
    »Wir haben doch erst einen Tag lang gesucht«, hielt Francois ihm entgegen. »Wie kommt es, dass Ihr so schnell aufgeben wollt?«
    »Weil wir den Wind nutzen sollten, um das Große Südland anzusteuern. Je eher wir dort sind, desto besser.«
    »Wenn ich mir den Himmel anschaue«, entgegnete Francois,
    »sieht es eher nach Regen aus. Warum warten wir nicht ab?
    Wenn es regnet, haben wir Wasser.«
    »Zu unsicher«, bemerkte der Skipper.
    Die anderen pflichteten ihm bei.
    »Wenn es regnet, hätten auch die Menschen auf der großen Insel Wasser«, gab Claas Gerritz zu bedenken. »Sie brauchten uns dann nicht mehr.«
    »Das geht mir alles zu schnell«, widersprach Francois. »Die Strömung hat bereits Planken von der Batavia hergetrieben.
    Womöglich werden auch noch Wasserfässer angespült. Damit könnten wir -«
    »Wir können gar nichts«, fiel der Skipper ihm ins Wort. »Bis die Fässer hier sind, hat das Meerwasser sie verdorben.«
    -222-

    »Außerdem haben die da drüben auf der Insel sich ihre Lage selbst eingebrockt«, flocht Halfwaack ein. »Wären sie nicht so haltlos gewesen, hätten sie jetzt noch etwas zu trinken.«
    »Ihr scheint nicht zu begreifen, dass ich für diese Menschen die Verantwortung trage«, beschied Francois ihn ungnädig.
    Der Kapitän deutete in die Runde. »Und für die hier trage ich die Verantwortung«, erklärte er. »Das andere Thema haben wir inzwischen zur Genüge durchgekaut. Ich schlage vor, wir segeln in Richtung Südland. Dessen Küste liegt nicht weiter als vierzig oder

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