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Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Gegenstand nach dem anderen. Auf dem kleinen Schreibtisch herrscht eine peinlich genaue Ordnung. Jetzt heißt es nur noch warten.
    Es ist Dedas Warten in der Höhle.

Kneipenbesuch
Stockholm, 11. Mai
    Es war lange her, dass das ältere Ehepaar zuletzt in eine Kneipe gegangen war, und der Versuch der beiden, Klarheit in die Frage zu bringen, wie sie eigentlich im Götgatsbacken gelandet waren, sollte im Nachhinein viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Es war nicht einmal ihr Stadtteil. Sie wohnten auf Östermalm in einer mittlerweile zu kleinen Wohnung.
    Ihre Töchter waren herangewachsen und verbrachten nun unverhältnismäßig viel Zeit damit, ihrer Unzufriedenheit darüber Ausdruck zu verleihen, dass sie sich ein Zimmer teilen mussten.
    Der Ehemann, ein vorzeitig berenteter Polizist, war die Quengelei irgendwann leid und schlug seiner Frau einen Abend mit Restaurantbesuch, Kino und eventuell anschließendem Kneipenbesuch vor. Die berufstätige Ehefrau, die nicht so viel Zeit mit der Familie verbrachte wie ihr Mann, reagierte skeptisch. Doch dem Ehemann gelang es schließlich, sie zu überreden.
    Der Film, den sie sich anschauen wollten – es kostete einige Anstrengung, sich überhaupt auf einen zu einigen –, wurde allerdings nur im Kinopalast am Medborgarplatsen auf Södermalm gezeigt, was zur Folge hatte, dass sie quer durch die gesamte Stadt fahren mussten. Sie genossen ein gemütliches Abendessen in einem exquisiten Fischrestaurant in der Markthalle auf Söder und wankten anschließend, vom Weißwein leicht beschwipst, zum Kino hinüber.
    Wie so oft in Paarbeziehungen hatten sie anschließend diametral entgegengesetzte Vorstellungen davon, wie man nach einem kulturellen Ereignis mit seinen Gedanken umging. Der Ehemann wollte reden, die Ehefrau hingegen wollte die Eindrücke schweigend verarbeiten. Derart missgestimmt zogen sie schließlich in Richtung Norden die Götgata hinauf, ohne so recht zu wissen, wohin sie unterwegs waren, bis der Ehemann es nicht mehr aushielt, die Ehefrau in den Arm nahm und ganz einfach um Entschuldigung bat. Nach einer langen Umarmung ließ sie sich besänftigen. Und dann traten sie einfach geradewegs durch die nächste Tür.
    Als der Ehefrau die anrüchige Atmosphäre auffiel und sie ihren Mann leicht am Jackettärmel zog, hätten sie eigentlich auf dem Absatz kehrtmachen und das Lokal verlassen sollen. Doch der Ehemann arbeitete sich zielstrebig zur Theke vor. Dass an einem normalen Dienstag bereits so viele Leute in der Kneipe waren, hätte ihn in einem früheren Leben stutzig werden lassen. Doch dieses Leben führte er nicht mehr. Heute lebte er ein anderes.
    Vielleicht war das der Grund dafür, dass er einige Minuten später nur einen mittelmäßigen Zeugen abgab statt eines geistesgegenwärtigen und aufmerksamen Expolizisten.
    Im Augenblick konzentrierte er sich aber ausschließlich darauf, eine Bestellung aufzugeben, obwohl es um ihn herum unangenehm roch. Um im Gedränge an der Bar überhaupt eine Chance zu haben, baute er sich zu einer gewissen Größe auf und setzte eine mündige Miene auf, er machte sich also bemerkbar. Nur wenig später bahnte er sich zu seinem eigenen Erstaunen mit einem Bier und einem Glas Weißwein in den Händen einen Weg zurück durch die Menge.
    Seine Ehefrau hatte sich an den erstbesten freien Tisch gesetzt, nur wenige Meter von der Theke entfernt, und erst als er ihr gegenüber Platz nahm, ließ seine Fokussierung auf die Getränke nach. Er sah sich im Lokal um. Es war ein typischer heruntergekommener Pub im schottischen Stil. Der Tabakgeruch glücklicher Rauchertage hing noch immer in den verschlissenen Polstern.
    Am auffälligsten war jedoch der Geräuschpegel – dass so viele Leute in diesem relativ überschaubaren Lokal Platz fanden und eine derartige Lautstärke erzeugen konnten. Der Ehemann sah, dass sich die Lippen seiner Frau bewegten, und beugte sich über den Tisch vor, hörte jedoch nur, dass sie etwas sagte. Verstehen konnte er sie nicht. Weshalb sie den Kopf schüttelte, sich zurücklehnte, erneut ihre missmutige Miene aufsetzte und einen großen Schluck Wein trank. Als sie ihr Glas wieder abstellte, war es halb leer. Der Ehemann wollte ihr in nichts nachstehen, und es gelang ihm, den Pegel seines Bierglases ebenfalls um die Hälfte zu senken.
    Ihre Blicke wanderten zu einem Fernseher, der zwischen den Flaschen im Regal hinter der Theke stand. Für einen kurzen Augenblick fragte sich der Ehemann, ob der Barmann wohl schon einmal

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