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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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wurdest. Muss ich mich noch klarer ausdrücken, Gawain - oder siehst du ein, wen ich in dieser Sache zur Rechenschaft ziehen müßte?«
    Gawains Mut schwand. Das Blut wich aus seinen Wangen, und Sheena hätte viel darum gegeben, hätte sie gewusst , was in ihm vorging. Doch sie hatte Jamies Worte nicht verstanden.
    »Nimm dich in acht, Gawain«, fügte der Laird mit lauter Stimme hinzu. »Du tätest gut daran zu verschwinden - solange ich dich noch gehen lasse.«
    Gawain erkannte, wie weise dieser Rat war, doch bevor er ihn befolgte, konnte er sich einen letzten Warnschuß nicht verkneifen. »Sie hat dich verhext, Jamie. Seit sie hier ist, siehst du die Dinge nicht mehr im richtigen Blickwinkel. Statt Vergeltung zu üben, läßt du dich von ihr beeinflussen. Sie hat dich verweichlicht, Mann! Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    Jamie starrte ihm mit schmalen Augen nach. Er hatte sich mühsam beherrscht und diesen Angriff schweigend erduldet, weil er sich immer noch nicht sicher war, was die Ereignisse an seinem Hochzeitstag betraf. Nun war es an der Zeit, Stellung zu beziehen. Er durfte nicht mehr zögern, er musste etwas unternehmen. Black Gawains Anklage hatte ihn tief getroffen, weil sie der Wahrheit nahe kam. Vielleicht hatte er sich in seinen Entscheidungen tatsächlich von Sheena beeinflussen lassen. Dafür gab es keine Entschuldigung, auch wenn es ihm nicht bewußt geworden war.
    »Jamie?«
    Er sah Sheena an, aber er ertrug die Angst in ihren Augen nicht. Außerdem brauchte er Luft zum Atmen, musste Abstand von ihr gewinnen, um nachzudenken. Dazu war er unfähig, wenn sie Fragen stellte, die er nicht beantworten konnte. Ohne ein weiteres Wort verließ er die Halle.
    Gegen Mitternacht betrat er sein Zimmer. Sie wartete auf ihn, um herauszufinden, was er beschlossen hatte. Das erkannte sie müheloser, als es ihr lieb war. Schweren Herzens beobachtete sie, wie er seine Waffen zusammensuchte, und sie wusste , gegen wen sie sich richten würden.
    »Du hast dich also von ihm überzeugen lassen?« fragte sie mit halberstickter Stimme.
    Jamie sah sie nicht an. »Ich habe lange genug gewartet. Nun ist es soweit.«
    Sie fühlte sich wie eine lebende Leiche, abgesehen von dem brennenden Schmerz in ihrer Brust, der nicht weichen wollte. »Ich werde nicht mehr hier sein, wenn du zurückkommst.« Die Worte kamen ihr wie von selbst über die Lippen.
    Er wandte sich zu ihr, mit kalten Augen. »Du wirst hier sein, Sheena, oder du wirst Gott anflehen, dich sterben zu lassen, wenn ich dich finde. Und ich werde dich finden!«
    Ein Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Nun wagte er es auch noch, sie zu bedrohen. Ihre Lebensgeister erwachten wieder, und sie sprang empört von dem Stuhl auf, wo sie stundenlang gesessen und auf ihn gewartet hatte. »Ich wünschte, ich wäre jetzt schon tot-statt deine Frau zu sein!«
    »Ich warne dich, Sheena...«
    »Wovor?« fuhr sie ihn an. »Willst du mich umbringen? Lieber mich als meine Familie!«
    Jamie kehrte ihr den Rücken. Er hatte nicht die Absicht, ihre Verwandten zu töten, wollte nur mit Dugald reden, war jedoch zu wütend, um ihr das zu verraten. »Ich lasse mich nicht mehr von dir um den Finger wickeln«, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu ihr.
    Hilflos preßte Sheena die Hände an ihre Schläfen. »Was für ein Narr du bist, James MacKinnion! Ich bin das erstgeborene Kind meines Vaters. Du weißt, was er für mich empfindet. Wie kannst du dann glauben, er würde deinen Clan angreifen - während ich hier bin und dafür leiden müßte? Begreifst du das nicht?«
    »Du hast nicht gelitten.«
    »Das weiß er nicht. Und er würde nichts tun, was mich gefährden könnte. Siehst du das wirklich nicht ein?«
    Wäre Sheena in Tränen der Verzweiflung ausgebrochen, hätte Jamie nachgegeben und sie beschwichtigt. Aber sie war zu zornig, um zu weinen, und er war zu verärgert, um sich einzugestehen, wie vernünftig ihre Argumente klangen. Trotzdem konnte er sie nicht so verlassen. Er riß sie an sich, und sein Kuss war ebenso leidenschaftlich wie seine Wut.
    Dann hielt er sie auf Armeslänge von sich. »Ich werde erst einmal mit Dugald reden«, erklärte er kurz angebunden. »Darüber hinaus mache ich keine Versprechungen.«
    Er nahm seine Waffen und ging aus dem Zimmer. Sheena sank kraftlos in den Sessel. Endlich kamen die Tränen. Ein heftiges Schluchzen schüttelte ihren Körper, und sie fühlte sich so einsam wie nie zuvor.

37.

     
    Nicht einmal Daphne konnte sie am nächsten

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