Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)
Flüstern. »Ich seh doch genau, wie du mir auf die Titten starrst. Du willst mich vögeln, das ist alles! Das habe ich gestern schon gemerkt, bevor du deine nette Vorstellung auf dem Sprungturm gegeben hast. Apropos«, sie zog die Mundwinkel ein wenig nach oben, ihr Lächeln glich eher einem Zähnefletschen, »hast du dich sehr verletzt? Es sah aus, als hättest du dir weh getan.«
Zorn verzog keine Miene, doch er spürte, wie er rot im Gesicht wurde. Sie nahm den Brieföffner vom Tisch und drehte ihn langsam zwischen den Fingern.
»Du willst Spielchen spielen, Kommissar? Das können wir gerne, aber wenn, dann richtig.«
Sie krempelte die Ärmel hoch und fuhr sich mit der Spitze des Brieföffners langsam über die Unterarme. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen. Zorn sah kleine, senkrechte Narben an ihren Handgelenken. Er hatte keine Ahnung, was sie vorhatte.
»Was soll die Scheiße?«
»Wir spielen jetzt ein Spiel, das du verlieren wirst.«
Ihre Augen verengten sich, sie drückte stärker zu. Der Brieföffner war nicht sehr scharf, aber es reichte, dass kleine, rote Striemen auf ihrer Haut erschienen. Erst an einem, dann am anderen Arm. Zorn saß wie gelähmt hinter seinem Schreibtisch.
»Hör auf damit.«
»Willst du wissen, wie es heißt?«, sagte sie nachdenklich, fast fröhlich, »das Spiel, meine ich.« Mit einem Ruck riss sie die Bluse am Hals auseinander, zwei, drei Knöpfe fielen leise klackernd zu Boden und rollten unter den Schreibtisch. Sie saß mit nacktem Oberkörper vor ihm, noch immer dieses wölfische Lächeln im Gesicht.
»Ich nenne es sexuelle Belästigung.«
Die Spitze des Brieföffners näherte sich ihrem Hals.
»Oder Verführung Minderjähriger.«
Zwei schnelle Schnitte.
»Vielleicht auch versuchte Vergewaltigung?«
Blut tropfte aus einer kleinen Wunde über ihrem Schlüsselbein. Zorn war aufgesprungen, sie warf den Brieföffner auf den Tisch. Automatisch griff er danach. Martha Haubold trat dicht an ihn her- an.
»Und jetzt kommt das Finale.«
Sie holte tief Luft.
Dann begann sie zu schreien.
*
ich habe geschlafen, jetzt bin ich wach, es wird zeit, dass ich mich aufmache
bald werde ich euch besuchen in eurer kleinen welt
lauft mir nicht über den weg
ich habe alles besorgt, was ich brauche
*
Schröder, der nur ein paar Meter entfernt in seinem Zimmer saß, war einer der Ersten, der die Schreie hörte. Ein paar Sekunden später stand er in Zorns Büro und sah seinen Chef im Kampf mit einem halbnackten Mädchen, das sich mit Händen und Füßen gegen ihn zu wehren schien.
»Kann ich helfen, Chef?«
Zorn machte sich von ihr los und trat schweratmend einen Schritt zurück. Martha Haubold griff nach ihrer zerrissenen Bluse und hielt sie sich vor den Oberkörper. »Dieses Schwein wollte mich vergewaltigen!«, schluchzte sie.
Zorn hob die Hand. Einen Moment sah es aus, als wolle er zuschlagen.
Schröder trat einen Schritt näher. »Was ist hier los?«
»Schaff mir die vom Hals«, knurrte Zorn und stürmte aus dem Zimmer.
*
»Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, Herr Kommissar?«
Frieda Borck saß mit verschränkten Armen auf der Kante ihres Schreibtischs, ihr linkes Bein baumelte in der Luft. Claudius Zorn stand vor ihr, unter den Achseln seines T-Shirts hatten sich dunkle Schweißflecken gebildet. Er schäumte vor Wut.
»Was ich mir dabei gedacht habe? Wären Sie so gut, und würden mir das erklären, Frau Staatsanwältin?«
»Wenn dieses Mädchen Anzeige gegen Sie erstattet, dann …«
»Es ist mir scheißegal, ob die mich anzeigt!« Er wies mit zitterndem Zeigefinger in die Richtung, in der er ungefähr sein Büro vermutete. »Wenn ihr dieses Balg mit so einer beschissenen Nummer durchkommen lasst, dann kündige ich. Diese Rotzgöre ist zu allem fähig.«
»Sie kennen das Mädchen näher?«
»Was?«
»Ich fragte, ob Sie sie näher kennen.«
Die Staatsanwältin ließ Zorn keine Sekunde aus den Augen. Er atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. »Ich habe sie gestern das erste Mal gesehen, im Nordbad.«
»Was wollten Sie im Bad, Herr Zorn?«
»Unkraut zupfen!« Er hob verzweifelt die Arme. »Himmelherrgott, warum geht man wohl ins Bad? Ich war schwimmen. Ist das jetzt verboten?«
Frieda Borck schwieg einen Moment und spielte an ihrer Halskette. »Waren Sie mit ihr im Bett? Ich muss das jetzt fragen.«
»Entschuldigung, ich muss jetzt auch mal was fragen: Haben Sie noch alle Nadeln an der Tanne? Die ist siebzehn, noch ein Kind! Ich bin
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