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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette McBeth
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und her, aber dann hat er plötzlich eingelenkt. Ich glaube, dass ihn erschreckt hat, wie stark Simons Beschützerinstinkt für Clara war. Er hat vermutlich nicht damit gerechnet, dass ein Mann Anfang zwanzig so erbitterten Widerstand leisten würde. Außerdem hätte er das Sorgerecht nie bekommen. Simon war ein vorbildlicher Vater. Aber er hat dafür gesorgt, dass dein Großvater Clara nie mehr zu sehen bekam. So hat er zuerst Niamh und am Ende auch Clara verloren. Das hat ihm letztlich das Herz gebrochen.« Sie holte tief Luft und seufzte. » Weißt du, Rachel, deine Mutter hat nicht bezweifelt, dass Simon seine Drohung, mit Clara wegzuziehen, wahr machen würde. Und wär’s nicht dieser Job in den Staaten gewesen, hätte er als Chirurg leicht einen anderen finden können. Hielt sie sich an seine Regeln, konnte sie Clara wenigstens durch dich sehen.« Laura sah meinen Gesichtsausdruck und senkte den Blick, als schäme sie sich ihrer eigenen Worte. » Oh, das war nicht so gemeint, ich wollte sagen …«
    » Das reicht.« Ich hob abwehrend die Hand.
    Niamh hatte das für mich Kostbarste ausgebeutet und mich selbst dann noch im Ungewissen gelassen, als alle anderen längst Bescheid wussten. Am liebsten hätte ich nach dem Teegeschirr gegriffen und es an die Wand geworfen.
    Laura schien zu erraten, was ich dachte. » Sie wollte es dir sagen, Rachel. Wie hätte sie’s vor dir verheimlichen können? Simon war damit einverstanden, dass sie’s Clara einen Monat vor ihrem Geburtstag sagte, und anschließend sollte sie es dir sagen.«
    » Sollte …« Ich lachte. » Wann hat Niamh jemals getan, was sie tun sollte?«
    » Hör zu, Rachel, ich will deine Mutter nicht weißwaschen, aber sie war in einer schwierigen Lage. Für Clara war das ein Schock, ein gewaltiger Schock für ein junges Mädchen, hören zu müssen, dass die Mutter ihrer Freundin in Wirklichkeit auch ihre ist. Und sie hat Niamh dringend gebeten, ihr ein paar Wochen Zeit zu lassen, sich an diese Vorstellung zu gewöhnen, sie einsinken zu lassen, bevor sie’s dir erzählt.«
    Mir war schwindlig, der Tee in meinem Mund schmeckte wie Teer. Selbst als ich die Augen schloss, sah ich ein Kaleidoskop von Farben hinter meinen Lidern. Du hattest Bescheid gewusst, Clara, du hattest alles gewusst und es vor mir geheim gehalten. Du hattest sie gebeten, mir nichts zu sagen, und dich die ganze Zeit benommen, als wäre nichts geschehen. Ich dachte an das Grillfest zu deinem Geburtstag, wie ihr mich beide ignoriertet.
    Du wolltest sie für dich allein, wolltest mich von der Bildfläche verdrängen.
    Beste Freundinnen, die sich alles erzählten – außer die Wahrheit.
    » Zehn Jahre!«, rief ich. » Sie ist nun zehn Jahre tot, Laura, und du hast’s mir nicht gesagt. Alle anderen wissen Bescheid, aber du hast beschlossen, mich im gottverdammten Dunkeln zu lassen.«
    » O Schätzchen, du hast so zielsicher deinen Weg gemacht, als wolltest du nicht an die Vergangenheit erinnert werden. Du warst so auf die Zukunft fokussiert. Das habe ich immer an dir bewundert.«
    Was für eine schwache, lahme Entschuldigung.
    » Augenblick«, sagte sie, stand auf und verließ den Raum allzu rasch, fast fluchtartig. Ich hörte ihre Schritte auf der Treppe, dann oben im ersten Stock. Fünf Minuten später kam sie mit dem Ankle-Boots-Karton zurück. Ich erkannte ihn sofort.
    » Den hätte ich dir nach der Bestattung nicht wegnehmen dürfen, aber damals dachte ich, es sei zu deinem Besten.« Ich hörte die Anspannung in ihrer Stimme. » Du hattest Besseres verdient. Du hattest immer Besseres verdient.«
    Ihre Augen waren tränennass, als ich ihr den Karton aus der Hand nahm. Ich fragte mich, ob sie erwartete, von mir getröstet zu werden. Dazu konnte ich mich nicht überwinden. All diese Jahre, in denen ich geglaubt hatte, sie beschützte mich. Ich hatte sie für besser gehalten als Niamh. Ich hatte mir eingebildet, sie liebte mich, was meine Mutter nicht getan hatte. Jetzt erkannte ich, dass das nur als Liebe getarntes Mitleid gewesen war. Arme kleine ahnungslose Rachel. All diese Erinnerungen – die Blumennamen, das Backen, alles erschien mir jetzt so falsch und leer.
    Ich nahm den Deckel ab und kippte die Fotos auf den Teppichboden. Ich sah die Aufnahme von Niamh und dem zahnlos lächelnden Baby. Ich griff danach, um zu lesen, was auf der Rückseite stand. Fünf verblasste Buchstaben. CLARA .
    Die beiden lernten sich kennen, als sie sechzehn und dein Dad achtzehn war. Niamh war in der

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