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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette McBeth
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Chrysanthemen aufs Grab legen konnte, alles Blumen, die ich nie gewählt hätte.
    Was Jonnys Beisetzung betrifft, möchte ich nicht ins Detail gehen. Ich glaube nicht, dass es richtig wäre, dich nach allem, was du getan hast, daran teilhaben zu lassen. Aber ich bekenne, dass ich in diesen Augenblicken am offenen Grab – mit kalten Tränen auf dem Gesicht, in eisigem Wind zitternd – ehrlich glaubte, dich zu hassen. Ich glaube, ich hasste dich mehr, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Ich hasste dich für dein jahrelanges Lügen, für die Schuld, die du mir zugeschoben hattest, für den Versuch, mich zu vernichten, der zum Tod desjenigen Menschen, den ich am meisten auf der Welt liebte, geführt hatte. Ich hasste dich, weil du mein Vertrauen in dich missbraucht hattest.
    So weit hattest du mich fortgetrieben, Clara.
    Und trotzdem bekam ich durch das Gewicht der auf meinen Schultern lastenden Trauer, die mich zu Boden drückte, eine gewisse Vorstellung davon, wie dir bei Niamhs Tod zumute gewesen sein muss. Als dir ein Teil deiner selbst weggenommen wurde.
    Während mir deine tiefe Trauer über ihren Tod früher unerklärlich gewesen war, verstand ich sie jetzt. Aber es gab so viele weitere Fragen, die beantwortet werden mussten, und nur einen Menschen, der das konnte. Es war an der Zeit, Laura zurückzurufen.
    Ihre Stimme war eine sanftere Version von Niamhs – ohne das krächzende Rasseln, das die Marlboro Lights im Lauf der Jahre verursacht hatten, oder die angestrengte Sprechweise.
    » Rachel, Darling, wie geht’s dir, meine Liebe …« Sie ließ den Satz unvollendet und hüstelte. » Ich bin so froh, dass du anrufst. Ich habe schon mehrfach versucht, dich zu erreichen. Was für eine schreckliche Sache, und die Zeitungen – ich weiß nicht, wie sie damit durchkommen, solchen Unsinn zu drucken! Ich weiß es wirklich nicht.«
    » Können wir uns treffen? Ich muss mit dir reden. Persönlich«, sagte ich abrupt.
    » Aber … natürlich, Rachel. Morgen ist Damenturnier im Tennisclub, aber übermorgen hätte ich Zeit. Wir können irgendwo mittagessen, ich lade dich ein, oder … Pass auf, du kommst zu mir, und ich mache die Fleischklößchen, die du so gern hast.«
    Gern gehabt habe ich sie mit zehn Jahren. Jetzt bin ich siebenundzwanzig.
    » Ich muss dich morgen sprechen.«
    » Darling, ich kann unmöglich …«
    Scheiß auf das Tennis, Laura, und scheiß auf die Fleischklößchen.
    Ich holte tief Luft und sprach langsam und deutlich.
    » Es geht um Clara.«
    Dein Name schickte einen Stromstoß durch die Leitung.
    » Schlimm, dass die Ärmste verschwunden ist. Eine furchtbare, ganz furchtbare Sache. Sie macht mich völlig fertig, und ich weiß, dass es dir genauso geht.« Ihre Stimme zitterte. » Du musst in schrecklicher Verfassung sein, und die Polizei, dass sie überhaupt auf die Idee kommt, du könntest etwas verbrochen haben … Aber sie werden ganz schön dumm dastehen, wenn sie ihren Irrtum erkennen. Hoffentlich rollen dann ein paar Köpfe. Ich frage mich wirklich, was heutzutage mit unserer Polizei los ist. Ethel von nebenan ist neulich auf der Straße überfallen worden, aber das hat die Polizei kaum interessiert …«
    » Laura, bitte«, unterbrach ich sie. » Ich muss es wissen.«
    Sie lebte immer noch in Hove in der Villa mit vorgebauter Veranda, in die sie vor einem Jahrzehnt nach Niamhs Bestattung die Trauergäste eingeladen hatte. Als Laura sie einmal hatte verkaufen wollen, hatte der Immobilienmakler sie als » elegant« und » einen Steinwurf vom Strand entfernt« beschrieben, obwohl mir nie jemand begegnet war, der so weit hätte werfen können. Ich war froh, als sie beschloss, das Haus zu behalten, das ein Refugium vor meiner chaotischen Existenz mit Niamh gewesen war, in dem die Ordnung und Sauberkeit herrschten, nach denen ich mich sehnte.
    Im Sommer kletterten Glyzinien als rosa Wolke auf beiden Seiten der Haustür empor, und der Duft von Wicken hing in der Luft. Laura zog mich oft mit sich in den Garten hinaus, während Niamh im Haus blieb, und flüsterte mir die lateinischen Namen aller Pflanzen zu, als wären sie unser Geheimnis. Niamh wagte sich im Sommer selten ins Freie, weil die Sonne für ihre an künstliches Licht gewohnten Augen zu grell war, aber wenn sie’s mal tat, vermied ich es, sie anzusehen, um mir noch einige Augenblicke länger einbilden zu können, Laura wäre meine Mutter.
    Ich traute meinen Erinnerungen nicht mehr. Ich hatte mich damals an Laura geklammert,

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