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Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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konnte mich doch nicht…»
    «Nein, nein, Sie brauchen sich wirklich keine Vorwürfe zu machen, Herr Grabowski. Was Herr Wachholz getan hat war falsch; Sie haben durchaus richtig gehandelt!»
    Grabowski schenkte Mannhardt einen dankbaren Blick, während er für Koch nur Verachtung übrig hatte.
    «Dann stand also der Kunde in der Tür…»
    «Ja. Wenn ich es richtig gesehen habe, dann trug er einen braunen Anzug, so braun wie… wie Karamelpudding vielleicht…»
    «War er groß? War er dick?»
    «Nein, nein. Ich glaube, er war eher klein und schmächtig. Ich möchte mal sagen, er sah wie ein Franzose aus, oder wie ein Italiener… Jedenfalls hatte er dunkle Haare.»
    «Aber der Gangster war doch kein Ausländer, oder?»
    «Nein, auf gar keinen Fall.»
    «Wie alt mag er denn gewesen sein?» fragte Koch dazwischen. «Der Bankräuber, meine ich.»
    Grabowski wog den Kopf hin und her. «Mitte Dreißig vielleicht…»
    «Trug er einen Bart?»
    «Nein, nein.»
    «Ist Ihnen trotz des Strumpfes in seinem Gesicht irgend etwas Besonderes aufgefallen? Eine Hasenscharte vielleicht, eine Hakennase, ein Grübchen im Kinn, dicke Tränensäcke unter den Augen, eine Narbe, Pickel und so weiter und so weiter?»
    Der Bankbeamte stöhnte. Ganz offensichtlich war er überfordert. «Es ging ja alles so schnell; ich… Nein, beim besten Willen, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Vielleicht fällt mir noch etwas ein, aber im Augenblick…»
    Mannhardt hatte Mitleid mit dem armen Schlucker; es machte ihm keinen Spaß, ihn noch weiter auszupressen. Aber Dienst war Dienst, und Gefühl war eben Privatsache. «Was hatte er denn an?»
    «Einen grauen Flanellanzug.»
    «Welche Farbe hatte die Tasche, in die er das Geld geworfen hat? Und aus welchem Material war sie?» Mannhardt langweilte diese stupide Fragerei, aber einmal wollte er seinen Kronzeugen nicht verärgern; zum anderen war er von Amts wegen zu einer vollständigen Erfassung der Details verpflichtet. Blöder Beruf!
    «Die Tasche…?» Grabowski brauchte immer ein wenig Anlaufzeit. «Hm… Die war wohl schwarz…»
    «War sie teuer, so am Kudamm gekauft, oder sah sie billig aus, so von Woolworth oder Neckermann?»
    «Tja, das weiß ich nicht… Es ging ja alles so schnell!»
    «Natürlich, Herr Grabowski.» Mannhardt holte sich einen Fischrest aus dem zweiten Zahn links hinten. Zum Zahnklempner mußte er auch mal wieder gehen. Ach, er verabscheute diese Brüder, sie verdienten ein Schweinegeld und taten weiter nichts, als anständigen Menschen im Mund rumzufummeln. «Sie haben doch die Hände des Mannes gesehen, als er die Tasche aufhielt?»
    «Nein. Der hatte doch Handschuhe an – dunkelbraune Lederhandschuhe.»
    «Aha! Sagen Sie, in welche soziale Schicht würden Sie ihn denn einordnen? Gehörte er Ihrer Meinung nach zur Unterschicht, war er möglicherweise Hilfsarbeiter, oder gehörte er nach Auftreten und Sprechweise zur Mittel- oder Oberschicht?»
    «Das kann ich Ihnen nicht sagen…»
    Idiot, dachte Mannhardt. Er hätte gern gewußt, in welchen sozialen Bereichen man den Täter in etwa unterbringen konnte. Das erleichterte dann vieles. Langsam verlor der die Geduld. Grabowski war ein Alptraum von einem Zeugen. Außerdem schnippte er ununterbrochen seine beiden Daumennägel gegeneinander, was Mannhardt langsam auf die Palme brachte. «Machte der Mann einen routinierten Eindruck?» fragte er, während er den Schlips lockerte und seinen Kehlkopf massierte. «Ich meine, hatten Sie den Eindruck, dieser Mann hat das schon öfter getan, oder kam es Ihnen so vor, als würde er’s zum erstenmal machen?»
    Grabowski verzog das Gesicht. Er fühlte sich wieder als Schüler und hatte Angst vor jeder weiteren Frage. «Kann ich nicht beurteilen, denn…»
    «… es ging ja alles viel zu schnell – ich weiß!» sagte Mannhardt.
    Grabowski nickte dankbar.
    Sie schwiegen ein paar Sekunden, und Koch hatte Gelegenheit, sein Stenogramm zu vervollständigen. Für ihn war das alles sehr interessant und lehrreich. Er wollte vorankommen, also mußte er immer auf Draht sein. Jetzt hielt er die Zeit für gekommen, auch mal wieder eine Frage zu stellen.
    «Ist der Mann schon mal bei Ihnen in der Filiale gewesen? Ich weiß, er hatte sich den Strumpf über den Kopf gezogen, aber der Freund, den er dann entführt hat, der hat ihn ja offenbar auch erkannt. Und vielleicht ist Ihnen die Figur bekannt vorgekommen oder die Stimme… Die Stimme vielleicht?»
    «Da müssen Sie mal Herrn Wachholz fragen…»

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