Zu einem Mord gehoeren zwei
nein – er mußte ja seine blödsinnigen Schlußfolgerungen an die große Glocke hängen und die Treibjagd eröffnen! Was hatte ihn bloß dazu gebracht? Der Ehrgeiz, ein spektakuläres Verbrechen aufzudecken und befördert zu werden? Sehr wahrscheinlich. Persönliche Eitelkeit? Auch. Futterneid auf Feuerhahn? Schon möglich. Vielleicht auch das Verlangen, einen unerträglichen Spannungszustand abzubauen und diejenige zu vernichten, die er liebte… Ach, Unsinn! Oder… Hatte er im Unterbewußtsein befürchtet, sie könnte sein geordnetes Leben zerstören? Hatte er sie nicht gejagt, um sich vor ihr zu schützen? Ja, vielleicht… Möglicherweise war alles eine Ersatzhandlung dafür, daß er sie nicht besitzen konnte… Ach, zum Teufel mit diesem tiefenpsychologischen Quatsch! dachte er. Da hatte wohl auch der primitive Haß des kleinen Beamten eine Rolle gespielt, der Haß auf Reichtum und gesellschaftliche Stellung… Aber schließlich hatte er im Laufe seines Lebens auch einen unbestechlichen Sinn für Ordnung mitbekommen und tiefe Abscheu vor allen Kriminellen, diesem Ungeziefer, von dem der gesunde Volkskörper gereinigt werden mußte – gelegentliche gedankliche Eskapaden und anarchistische Wunschträume änderten daran nichts. Also war es gar nicht seine Schuld, daß es so gekommen war. Schließlich hatte er ja auch einen Diensteid schwören müssen und war verpflichtet, alle Fälle gewissenhaft aufzuklären… Er hatte also nur seine Pflicht getan. Wo kämen wir denn hin, wenn man alle Mörder frei herumlaufen ließe!
Und doch…
Wie leicht wäre es für ihn gewesen, die Sache im Sande verlaufen zu lassen – trotz aller tatsächlich vorhandenen Indizien. Er hätte nie und nimmer so gemein zu Susanne sein dürfen. Im Grunde hatte er ja nur geblufft. Tomaschewskis Aufzeichnungen – er hatte niemals welche in der Hand gehabt; er hatte nur vermutet, daß es mal welche gegeben haben könnte. Und so weiter und so weiter; stets hatte er sein Blatt beträchtlich überreizt… Ob das auch die Taktik war, mit der er Feuerhahn aufs Kreuz legen konnte?
Inzwischen waren sie in seinem Büro angelangt, und Koch brühte ihnen einen starken Kaffee. Feuerhahn saß schweigend am Fenster und wartete. Mannhardt setzte sich hinter den massigen Schreibtisch, das brachte immer einen gewissen Autoritätsgewinn mit sich. Koch lehnte sich gegen einen hellen Aktenschrank, die Kaffeetasse in der Hand.
«Das Verhalten von Frau Tomaschewski ist eindeutig als Geständnis aufzufassen», sagte Mannhardt, betont amtlich. «Ich hoffe, Sie folgen Ihrem Beispiel…»
«Darf ich erst mal hören, was Sie mir zur Last legen?»
«Natürlich…» Mannhardt trug ihm seine Beweise vor, kurz, knapp, entschieden. Er hatte nicht das Gefühl, selber zu reden; die Worte schienen aus einem Lautsprecher zu kommen. Er kannte sie schon alle. Erst allmählich wurde ihm klar, daß er alles das wiederholte, was er Susanne vorhin gesagt hatte.
Feuerhahn starrte auf die Spitzen seiner schwarzen Schuhe, die er ab und an bewegte, um eine Büroklammer über den frisch gebohnerten grünen Linoleum zu schieben.
«… müssen Sie irgendwie erfahren haben, daß Tomaschewski seinen Neubau besichtigen wollte», sagte Mannhardt, während er mit seinem Kugelschreiber wirre Gleispläne auf einen weißen Bogen zeichnete. «Wahrscheinlich haben Sie, als Sie aus dem Keller kamen, gehört, wie er mit Frau Poschmann gesprochen hat. Sie sagt jedenfalls, daß darüber geredet worden ist. Weil die Putzfrau noch da war, mußten Sie Tomaschewski außerhalb seines Hauses töten; sie konnten ihn nicht an Ort und Stelle umbringen. Stimmt’s?»
Feuerhahn lächelte und zuckte stumm die Achseln.
«Sie schlichen sich also aus dem Haus und fanden Frau Tomaschewskis Wagen. Das war gut geplant von ihr. Sie brauchten sich nur reinzusetzen, zum Neubau in die Friedrichstraße zu fahren und auf Tomaschewski zu warten. Als er dann oben auf dem Gerüst stand, hatten Sie leichtes Spiel. Dann sind Sie nach Frohnau zurückgefahren, mußten sich aber beeilen, um nicht etwa nach uns in der Villa einzutreffen – also später als Su… Frau Tomaschewski und ich. Sie haben offenbar nicht damit gerechnet, daß das alles so lange dauern würde. Ihr Pech, daß Sie auf dem Kurt-Schumacher-Damm in die Radarfalle geraten sind… Hat es so lange gedauert, bis Tomaschewski an Ort und Stelle war?»
«Ich hätte an sich nicht über hundert Stundenkilometer zu fahren brauchen», sagte Feuerhahn leichthin,
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