Zu viele Morde
Tratsch; es gab nichts, was sie nicht wusste. Mit Simonetta an der Seite, witzelte ihr Ehemann, könne man sich an den Vorteilen der Library of Congress erfreuen, ohne sich um das Ausleihen scheren zu müssen.
»Hallo«, sagte Carmine. Er stand auf, um ihr einen Wangenkuss zu geben. »Du siehst großartig aus, Netty.«
Sie strahlte. »Aus deinem Mund ist das ein Kompliment.«
»Kaffee?«
»Nein, danke, ich bin auf dem Weg zu einem Treffen der Frauenbewegung im Buffalos Weinkeller.« Sie kicherte. »Mittagessen, ein guter italienischer Roter und viel schmutzige Wäsche.«
»Ich wusste gar nicht, dass du Feministin bist, Netty.«
»Bin ich nicht«, sagte sie und schnaubte. »Ich bin für gleiches Geld für gleiche Arbeit.«
»Wie kann ich helfen?«, fragte Carmine verdutzt.
»Oh, kannst du gar nicht. Ich bin hergekommen, weil ich mich daran erinnert habe, wie Danny sagte, du und deine Jungs suchten nach Leuten, die am Maxwell-Bankett teilgenommen haben.«
»Du warst doch auch dort, Netty.«
»War ich, an Johns Tisch. Kennst du das Beerdigungsinstitut Lovely Peace?«
»Wer kennt das nicht? Bart muss halb East Holloman unter die Erde gebracht haben.«
»Zumindest die Hälfte, die eine Rolle spielt.«
Das war typisch Simonetta, eine Perfektionistin in der Kunst des Tratsches. Sie ließ Brotkrumen auf das Wasser fallen, wartete, bis alle Enten sich versammelten, und holte dann das Gewehr raus.
»Er ist nicht mehr derselbe, seit Cora gestorben ist«, sagte Netty.
»Sie waren ein liebevolles Paar«, meinte Carmine ernst.
»Was für ein Jammer, dass er keinen Sohn hat, der das Geschäft übernehmen könnte. Töchter sind gut und schön, aber sie scheinen nie in die Fußstapfen ihres Vaters treten zu wollen.«
»Aber hat nicht der Mann der Älteren Barts Geschäft übernommen und ist auch Bestatter geworden?«
»Lass Bart bloß nicht hören, dass du ihn einen Bestatternennst. Er mag die alte Formulierung – Beerdigungsunternehmer.«
»Netty, worauf willst du hinaus?«
»Coras Tod ist achtzehn Monate her, und Barts Töchter machen sich Sorgen um ihn«, sagte Netty, entschlossen, ihren eigenen, verschachtelten Kurs beizubehalten. »Sie ließen ihn die ersten sechs Monate in Ruhe, aber dann bedrängten sie ihn so lange, bis er ins Schumann ging, wann immer eine neue Show in die Stadt kam, ins Kino, auf Veranstaltungen.«
»Willst du darauf hinaus, dass er auf dem Maxwell-Bankett war?«, fragte Carmine.
»Mensch, Carmine, du bist so ungeduldig! Aber, okay, Barts Töchter nörgelten, bis er sich eine Eintrittskarte zum Maxwell-Bankett kaufte. Ich habe mich gestern mit Dolores, seiner jüngeren Tochter, unterhalten. Es hörte sich so an, als hätte er sich nicht besonders gut amüsiert, zumindest nicht, als er sich an einen Tisch setzte, der voller schräger Typen und Betrunkener war. Dolores und ich haben nebeneinander in Glorias Schönheitssalon gesessen.« Sie grinste. »Ich bekam einen sehr detaillierten Bericht von Barts Fortschritten, während wir darauf warteten, dass die Cremes einzogen.« Sie stand auf, sammelte ihren Pullover, die Autoschlüssel und ihr rosafarbenes Plastiknotizbuch ein. »Ich muss los, Carmine, ich muss los. Geh und rede mit Bart. Vielleicht kann er dir helfen.«
Schon rauschte sie davon und kollidierte beinahe in der Tür mit Delia.
»Gütiger Gott! Wer war das?«
»Danny Marcianos Frau, Simonetta. Eine der wertvollsten Quellen des Holloman PD. Wenn das FBI sie abhören könnte, hätten sie keine Sorgen mehr.« Carmine warf einen Blick auf seine Uhr. »Fast Mittagszeit. Könntest du mir bitte die Telefonnummervon Joseph Bartolomeo heraussuchen, Delia? Und eine Adresse.«
Wenn sich Carmine recht erinnerte, hatte der Besitzer des Beerdigungsinstituts Lovely Peace in einem sehr schönen Haus neben seiner Firma gewohnt, in der Nähe der Kirche St. Bernhard. Nachdem seine Frau gestorben war, übergab er das Geschäft seinem Schwiegersohn und kaufte sich eine Wohnung im Nutmeg Insurance Building, nur einen Steinwurf von der Cedar Street und dem Präsidium entfernt.
Carmine dachte kurz nach und ließ dann Delia den Bestatter anrufen und ihn ins Malvolio’s zum Mittagessen einladen.
Als Carmine eintraf, saß sein Gast bereits in einer Nische in dem großen Lokal und nippte an einem Kaffee, den Minnie ihm gebracht hatte. Obwohl sein Name Joseph Bartolomeo lautete, nannte ihn jeder, der ihn kannte, Bart. Er ging inzwischen auf die siebzig zu, aber hätte alles zwischen fünfzig und
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