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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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bis ich wieder da
bin, oder es meiner Mutter bringen, aber offen gestanden vertraue ich dir mehr
als ihr.« Ich lachte unsicher. Wer misstraute schon seiner eigenen Mutter?
    Er sagte ohne Zögern Ja.
    Ich verriet ihm, wo sich der Schlüssel zu dem Aktenschrank befand,
in dem ich das Bargeld aufbewahrte, und versprach ihm, meine Mutter vorzuwarnen,
dass er bei ihr vorbeischauen würde. Jetzt konnte ich nur noch beten, dass ich
damit keine weitere Dummheit begangen hatte.
    Â»Ich kümmere mich darum, Dorrie. Falls dein Vermieter mich für einen
Einbrecher hält, soll er bei dir anrufen und sich vergewissern, dass du mich
geschickt hast.« – Er dachte wirklich an alles! – »Ich könnte das Geld für dich
einzahlen. Dazu brauche ich nicht mal die Kontonummer. Sie nehmen das Geld
sicher auch so, wenn ich ihnen deinen Namen und deine Adresse nenne und ihnen
die Situation erkläre.« Als könnte er meine Gedanken lesen, bemühte er sich,
mir zu versichern, dass er mich nicht hinters Licht führen würde.
    Nach dem Telefonat blieb ich noch einen Moment stehen und überlegte,
wann ich zum letzten Mal einem Mann derart vertraut hatte?
    Als ich unser Zimmer betrat, schreckte Miss Isabelle hoch. Sie war
eingenickt. Die Lesebrille rutschte ihr von der Nase und fiel auf den Boden.
Ich hob sie auf. Dabei sah ich, dass sie ihre Handtasche unters Bett geschoben
hatte. Ich hätte mir nichts dabei gedacht, wenn sie nicht rot geworden wäre.
    Â»Ich habe immer Angst«, erklärte sie hastig. »Was, wenn in der Nacht
jemand reinkommt und die Tasche stiehlt? Was machen wir dann?«
    Â»Miss Isabelle, Sie lassen sich von mir chauffieren und teilen mit
mir das Zimmer. Ich könnte mächtig scharf sein auf das Riesending, das Sie da
mit sich herumschleppen. Vielleicht käme ich auf die Idee, es einzustecken und
mit nach Hause zu nehmen.«
    Sie machte sich nicht meinetwegen Gedanken, das wusste ich. Trotzdem
fand ich es traurig, dass sie das Gefühl hatte, sich rechtfertigen zu müssen.
Wir standen uns nahe, ja, aber die Kluft der Hautfarbe würde immer bestehen
bleiben. Die steckte tief in uns drin.

ELF
    ISABELLE , 1939
    Seit meine Mutter wusste, dass ich die Mittwochnachmittage
nicht in der Bücherei verbrachte, überwachte sie mit Argusaugen jede meiner
Bewegungen. An dem Tag, an dem sie mich auf der Veranda zur Rede stellte,
murmelte ich, ich sei, ohne zu fragen, am Fluss spazieren gegangen, weil sie
das sicher nicht erlaubt hätte. Meine zerzauste Kleidung und mein gerötetes,
schweißnasses Gesicht stützten meine Behauptung, die sie schweigend und mit
gerunzelter Stirn hinnahm.
    Jedes Mal, wenn Nell und Cora miteinander sprachen, spitzte ich die
Ohren. Sie unterhielten sich über einen Nachbarn und seine neue Anstellung,
tuschelten über eine Cousine, die endlich ihren Trunkenbold von Mann
hinausgeworfen hatte, flüsterten über eine ungewollte Schwangerschaft.
    Aber kein Wort über Robert, als hätten sie sich darauf verständigt,
seinen Namen in unserem Haus nicht mehr zu erwähnen. Ich wusste, dass er ihnen
nichts von unseren Nachmittagen in der Laube erzählt hatte. Eher schien so
etwas wie eine Ahnung sie eine unsichtbare Trennlinie zwischen uns ziehen zu
lassen.
    Ich versuchte, Nells Vertrauen wiederzuerlangen, nicht nur, weil ich
hoffte, von ihr mehr über Robert zu erfahren, sondern auch, weil sie mir
fehlte.
    Sie hielt mich auf Distanz, beantwortete meine Fragen kurz
angebunden und wich meinem Blick aus.
    Eines Tages saß ich mit einem Buch in der Hand auf der
Verandaschaukel und dachte an Robert. Die Fliegenschutztür öffnete sich
knarrend, und Nell trat mit Mopp und Eimer heraus. Sie tat so, als würde sie
mich nicht bemerken. Ich schaute in mein Buch, ohne die Buchstaben
wahrzunehmen. Von den Beeten, die die Veranda säumten, wehte der schwere Duft
von Geißblatt herüber.
    Nell tauchte den Mopp in den Eimer, wrang ihn aus und bewegte ihn
mit dem Rücken zu mir in gleichmäßigem Rhythmus über den Holzboden. Dabei
summte sie vor sich hin und begann schließlich zu singen.
    Ich lauschte verzückt. Als kleine Mädchen hatten wir zusammen
Kinderlieder gesungen, aber damals war mir ihre himmlische Stimme nicht aufgefallen.
Als das Lied endete, sprang ich auf und klatschte.
    Nell erstarrte kurz, bevor sie sich umdrehte. Zum ersten Mal seit
Wochen trafen sich unsere Blicke. Sie wirkte belustigt

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