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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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ersten Mal im
Leben wünschte ich mir, dass Daddy anders gewesen wäre. Ich fragte mich, ob
auch meine Mutter sich einen stärkeren Mann ersehnte. Möglicherweise war es
das, was sie immer gewollt hatte.
    Eines heißen Tages, an dem bereits eine Ahnung vom herannahenden
Herbst in der Luft lag, weckte Nell mich mit schüchternem Klopfen. Ich war beim
Lesen eingenickt. Meine Lieblingsgeschichten lenkten mich – wenigstens
vorübergehend – von meinem Liebeskummer und Selbstmitleid ab. Ich setzte mich
mit einem Ruck auf; dabei fiel das Buch auf den Boden.
    Sie streckte den Kopf zur Tür herein. »Miss Isabelle? Darf ich
reinkommen?«
    Ich winkte sie herein. »Du hast mir vielleicht einen Schrecken
eingejagt. Mir ist fast das Herz stehen geblieben.« Es war zwar schon
gebrochen, aber woher sollte sie das wissen?
    Â»Tut mir leid, Miss Isabelle, das wollte ich nicht.« Sie hob das
Buch vom Boden auf. Ich nahm es ihr aus der Hand und stellte es in das Regal
über meinem Bett.
    Â»Was ist los, Nell? Brauchst du etwas?«
    Â»Ja, Ma’am.«
    Â»Nell, nun hör endlich auf, mich Ma’am zu nennen wie meine Mutter.
Ich bin nicht wie meine Mutter.«
    Â»Das weiß ich, Miss Isabelle. Aber Momma sagt, ich muss Ihnen mit
Respekt begegnen, weil Sie jetzt eine junge Dame sind.«
    Â»Unsinn. Ich glaube dir auch so, dass du Respekt vor mir hast. Genau
wie ich vor dir. Verrat mir lieber, warum du hier bist.«
    Â»Gut. Erinnern Sie sich an den Tag, als Robert die Stützmauer
ausgebessert hat?«
    Ich nickte.
    Â»Seit dem Tag läuft mein Bruder mit Leichenbittermiene rum. Wie Sie.
Irgendwas stimmt nicht. Ich mach mir Sorgen.«
    Wie sollte ich ihr das erklären? Ich wusste, dass ich ihr vertrauen
konnte, aber die Situation erschien mir hoffnungslos verfahren. Ich begann, mit
einem Stift herumzuspielen.
    Â»Kann ich Robert irgendwie helfen? Sollte ich irgendwas wissen?«,
fragte Nell.
    Â»Nell, ich will dich da nicht mit reinziehen.«
    Sie straffte die Schultern. »Ich bitte Sie darum, weil ich es nicht
mehr aushalte, Sie und Robert so zu sehen.«
    Ich überprüfte, ob die Tür geschlossen war, bevor ich sie mit gesenkter
Stimme in mein Geheimnis einweihte. Überraschenderweise fiel es mir nicht
schwer, ihr von meiner wachsenden Zuneigung zu Robert zu erzählen. Ich
berichtete ihr nicht jede Einzelheit, aber ich hatte das Gefühl, dass sie mich
verstand. Und obwohl es sich um ihren Bruder handelte, hörte sie die ganze Zeit
gefasst zu, so als würde nichts davon sie verblüffen.
    Als ich fertig war, schüttelte sie den Kopf. »Das habe ich
befürchtet. Ich habe Robert gefragt, was los ist, und er hat nur abgewunken.
Aber ich weiß, wie ein junger Mann aussieht, wenn er verliebt ist.« Sie wurde
rot.
    Â»Ich auch, Nell. Ich habe dich und Bruder James bei dem
Kirchentreffen beobachtet. Er ist ein guter Mensch. Ich freue mich für dich.
Leider liegen die Dinge bei mir und Robert nicht so einfach.« Ich wickelte eine
Haarsträhne um meinen Finger.
    Â»Ich werde bei der Arbeit über das Problem nachdenken, Miss
Isabelle«, versprach Nell. »Robert und Sie so niedergeschlagen … Da werde ich
auch ganz traurig.« Sie drückte meine Schulter.
    Bei ihrer Berührung schossen mir Tränen in die Augen, wurde mir doch
klar, wie dünn ich in den letzten Wochen geworden war. Und außerdem war ich
Nell zutiefst dankbar, dass sie mir eine zweite Chance gab.

VIERZEHN
    DORRIE, GEGENWART
    Hinter Memphis kamen wir gut voran, und nach drei Stunden
Fahrt vertraten wir uns das erste Mal die Beine. Obwohl wir keinen Hunger
hatten – wir waren noch satt vom Frühstück –, bat Miss Isabelle mich, die
Ausfahrt nach Nashville zu nehmen und zu einem College zu fahren, dessen Namen
ich noch nie gehört hatte.
    Nachdem ich den Wagen geparkt hatte, warf ich einen Blick auf das
Display meines Handys, um nachzusehen, ob Teague sich gemeldet hatte. Verdammt. Mir waren vier Anrufe und jede Menge SMS entgangen, keine von Teague, alle von Stevie junior.
Wenn er mich zu erreichen versuchte, bedeutete das nichts Gutes. Die
Nachrichten klangen dringend. »Ruf mich an«, oder: »Mom, ruf mich so schnell
wie möglich zurück«, wieder und wieder. Mit zitternden Fingern wählte ich seine
Nummer. Hatte meine Mutter in meiner Abwesenheit einen Schlaganfall bekommen
oder war gestürzt? Oder war am Ende gar BiBi,

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