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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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breitete sich ein Gefühl der Leere in mir aus, doch dann
wurde mir klar, dass sie mir die Ehe mit Robert nicht nehmen konnte, selbst
wenn die Formulare vernichtet wurden. Wir hatten einander ewige Liebe
geschworen, und dieser Schwur behielt seine Gültigkeit.
    Außerdem wäre da bald noch etwas anderes, das sie nicht ungeschehen
machen konnte. Sobald das Kind auf der Welt wäre, würde sie mich zwar vor die
Tür setzen, weil sie nicht tagtäglich an ihr Versagen erinnert werden wollte.
Aber ich würde Robert suchen, und zusammen würden wir einen Neubeginn wagen,
mit unserem Baby.
    Am Ende stellte sie mich doch zur Rede, nachdem sie den Abfall
durchwühlt hatte.
    Ich schwieg.
    Später diskutierten meine Eltern mit gedämpfter Stimme auf dem Flur.
    Â»Du kennst Leute, die uns helfen können, John. Leute, die den Mund
halten.«
    Â»Das mach ich nicht, Marge. Gib dir keine Mühe.«
    Â»Was sollen wir dann tun?«
    Mein Vater blieb ihr die Antwort schuldig. Ich hörte, wie er sich
gegen den Türrahmen lehnte und die Schritte meiner Mutter sich entfernten.
    Worum hatte sie meinen Vater gebeten? Wer waren die Leute, von denen
sie gesprochen hatte? Ich bekam eine Gänsehaut.
    So viel stand fest: Selbst wenn mein Vater ihr nicht half, würde sie
mir Roberts Kind wegnehmen.
    Ich wusste wenig über die Vergangenheit meiner Mutter – nur, dass
sie bitterarm gewesen und in einem kleinen Ort in Kentucky aufgewachsen war,
als Tochter des Dorfalkoholikers. Der hatte meine Großmutter geschwängert und
sich sofort danach aus der Verantwortung gezogen, indem er im Suff von einer
Brücke stürzte. Dokumente, die ich entdeckt hatte, wiesen meine Großmutter als
Wäscherin aus. Aber die Weigerung meiner Mutter, darüber zu sprechen, sowie die
Tatsache, dass sie das älteste Kind war, ließen den Schluss zu, dass sie nicht
nur Wäsche angenommen hatte.
    Nach dem Schulabschluss war meine Mutter nach Louisville gezogen, wo
sie in einem Hutgeschäft arbeitete, bis sie in einem Café meinen Vater
kennenlernte. Er war gerade mit dem Medizinstudium fertig und übernahm die
Praxis des Arztes von Shalerville, der in den Ruhestand ging. Meine Mutter
erfand sich ein zweites Mal neu, diesmal als Ehefrau des Arztes.
    Jetzt begriff ich, wieso ihre Halbschwester, meine geliebte Tante
Bertie, mit ihrem unbekümmerten Lebensstil fast den Ruf unserer Familie
ruiniert hatte.
    Aber am Ende war es nicht Tante Bertie, die das Kartenhaus meiner
Mutter ins Wanken brachte, sondern ich. Das Bild, das sie so viele Jahre lang
kultiviert hatte, war in Gefahr. Ich wusste nicht, wie weit sie gehen würde, um
die Achtung von Shalerville vor den McAllisters zu erhalten.
    Eines Nachmittags im späten Frühjahr beobachtete Mutter mich,
wie ich ein Buch vom Boden aufhob, das ich fallen gelassen hatte. Der Stoff
meines Kleids spannte an Bauch und Taille, und es lag auf der Hand, dass sich
mein kleines Geheimnis nicht viel länger würde verbergen lassen. Am folgenden
Morgen servierte nicht Cora, sondern eine mürrische, klapperdürre weiße Frau
das Frühstück, die eine karierte Schürze trug statt der ordentlichen Uniform,
die Mutter für Cora und Nell bereitgestellt hatte. Einen deutlicheren Gegensatz
zu den beiden hätte Mutter nicht finden können.
    Â»Wo ist Cora?«, erkundigte ich mich. Die Frau rümpfte nur die Nase.
    Â»Wo ist Cora?«, wiederholte ich, als meine Mutter durch die
Schwingtür trat. Mein Vater schlurfte ihr in Pantoffeln und dunkler Hose
hinterher. Normalerweise machte er sich früh auf den Weg zu den wenigen
samstäglichen Hausbesuchen. Offenbar wurde er an jenem Morgen nicht gebraucht.
    Â»Das ist Mrs Gray. Sie macht jetzt den Haushalt für uns«, antwortete
Mutter.
    Mrs Gray? Wie passend, so grau, wie sie aussah! Aber stärker
beschäftigte mich Coras Abwesenheit. »Was ist mit Cora?«, fragte ich und sah
zuerst meine Mutter, dann meinen Vater an. Er setzte sich auf seinen üblichen
Platz und wandte sich, die Lesebrille tief auf der Nase, der Zeitung zu.
    Â»Cora hat sich eine neue Stelle gesucht.«
    Ich war mir sicher, dass sie log; sie hatte Cora vor die Tür
gesetzt.
    Der Blick meiner Mutter wanderte zu meiner Taille, und ich begriff:
Cora sollte nicht mitbekommen, wie ich dicker wurde. Hatte sie bei ihrem
Abschied geahnt, dass Robert Vater werden würde? Seit unserem letzten Gespräch
hatte ich sie

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