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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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es nicht zu tun. Und du wirst es nicht tun, weil ich dich, ganz egal, wo du dich versteckst, erwische, bevor mich die Polizei erwischt.
    „Die werden im ganzen Land nach dir fahnden, du hast keine Chance.“
    Fahnden heißt suchen. Und suchen können sie. Sie werden viele Spuren finden, aber die werden alle vom alten Hofer stammen. Da gibt es dann aber schon längst den neuen Hofer. Einen, den sie nicht kennen, einen, von dem sie überhaupt nichts wissen. Einer, der nicht wie der Hofer ist und nicht wie der Hofer ausschaut. Und der wird dich finden, das garantiere ich dir. Du kannst dir die Todesart jetzt schon aussuchen. Ein Spezialservice von mir. Erhängen, erschießen, erwürgen, ertränken. Was bevorzugst du?
    „Schluss mit dem Blödsinn. Ja, ich wäre ja ein Vollidiot, wenn ich es tun würde. Ja, ich verspreche dir, dich nicht zu verraten.“
    Außerdem sollte Herr Professor bedenken, dass ihn die Welt dort draußen für einen brutalen Dreifachmörder hält und er mit Sicherheit sofort hinter Gittern landet, wenn man ihn entdeckt. Ich schlage Flucht vor. Verstecken.
    „Spar dir deinen Sarkasmus. Ich werde mit Sicherheit das Richtige machen?
    Und das wäre? Die Wahrheit erzählen? Kein Mensch wird sie dir glauben. Man wird deine Geschichte für das irre Phantasieprodukt eines wahnsinnig gewordenen Killers halten. So, jetzt sind wir fertig. Dreh dich um, ich werde dir die Augen verbinden.
    „Ich glaube, du meinst es ernst. Du lässt mich tatsächlich frei?
    Natürlich, mein Freund. Willkommen in der ewigen Dunkelheit. Die ist ja auch eine Art von Freiheit. Unglaublich, wie wenig Kraft man braucht um mit diesen Knüppeln jemanden auszuknocken.
    Graz, Gösting, Donnerstagmorgen
    Es ist das einzige Auto, das ich jemals gestohlen habe. Ein schwarzer VW-Passat. Die Vorgehensweise habe ich hundertmal an meinem eigenen Auto geübt. Immer wieder. Mit dem Blechstreifen die Verriegelung geöffnet, dann kurzgeschlossen.
    Es war ein zum Verkauf ausgestellter Gebrauchtwagen, der auf dem Firmenparkplatz abgestellt war. Die Kennzeichen habe ich von einem anderen Auto abmontiert. Alles zusammen hat eine halbe Stunde gedauert. Die Straße zur Ruine Gösting ist steil und gewunden. Bis etwa zur halben Höhe des Berges stehen links und recht von ihr Einfamilienhäuser. In keinem brennt Licht. Ich fahre mit dem ersten Gang beinahe im Schritttempo und versuche das Motorengeräusch so leise wie möglich zu halten. Kein Licht wird in einem der Häuser angeknipst. Gut, das hatte ich auch erhofft. Nein, nicht erhofft, erwartet. Der gerade Weg bis zum Ziel, keine Hindernisse mehr. Alles klappt. Gründlichkeit macht sich bezahlt.
    Ich stelle den Wagen auf dem Parkplatz vor der Ruine ab und bleibe mindestens zehn Minuten lang ganz ruhig sitzen. Nichts geschieht. Die Nacht gehört mir allein.
    Ich trenne mich nur ungern von diesem Jagdgewehr. Es ist das zweitbeste, das ich habe. Das beste steht daheim im Schrank. Es hat meinem Vater gehört, der früher auch Jäger war. Ich selbst habe diese Zeiten nicht mehr miterlebt, weil er plötzlich von der Jagd genug gehabt hat. Oder von den Jägern, die heutzutage in unseren Wäldern herumlaufen. Er hat mir oft von seinen Jagdzeiten erzählt. Es waren abschreckende Geschichten und deshalb hat mich die Jagd auch nie interessiert. Waffen schon, die faszinieren mich immer noch. Dieses Jagdgewehr gehört zu meinen Lieblingsstücken. Natürlich habe ich es nicht gekauft. Ich habe es gesammelt. Ein herrenloses Stück. Sollte es irgendwann einmal Verwendung finden, wie es jetzt bald der Fall sein wird, dann kann man es nur bis zu seinem Vorbesitzer zurückverfolgen. Nicht zu mir. Kein Mensch weiß, dass ich es besitze. Sammeln. Ich habe immer schon gesammelt. Auch scheinbar sinnlose Sachen. Wie oft ist es schon geschehen, dass Sinnloses plötzlich sinnvoll wurde, und dann ist man froh, wenn man es hat.
    Es ist ruhig. Der Mond ist fast voll und die Nacht ist dadurch so hell, dass ich ohne Taschenlampe auskommen werde. Ich stecke sie trotzdem in die rechte obere Brusttasche meines dunkelblauen Overalls. Es ist der gleiche wie ihn auch Hanser angezogen hat. Da wir annährend gleich groß sind, könnte man uns für Zwillinge halten. Nur dass er still und bewusstlos ist und bald tot sein wird und ich hellwach und voll konzentriert bin.
    Er ist nicht so schwer wie ich befürchtet habe. Sein zusammengeklappter Körper liegt wie ein langer Sack auf meiner Schulter. Auf der anderen Schulter hängt das Gewehr und

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