zuadraht
weist jetzt mehr darauf hin, dass dort unten ein Mensch gehaust hat. Wer sucht, wird nur nutzloses Gerümpel aller Art finden. Die Kamera und die leeren Wodkaflaschen habe ich im Garten vergraben. Hanser war nie hier. Ich kann mich auch kaum noch an ihn erinnern. Fernsehen, Radio und die Zeitung haben mich bestens informiert. Kein Mensch zweifelt daran, dass es Hanser war. Fast widerlich, wie sie ihren Erfolg feiern. Als ob es eine große Tat des Ermittlers gewesen wäre. Das Widerliche war jedoch mein Wille, und ich sehe mit Genugtuung zu, wie sie vor dem Schlussvorhang stehen und sich feiern lassen. Genießt den Applaus, so lange ihr noch könnt, Freunde. Dieses Spiel ist zwar aus, aber der Autor schreibt gerade an der Fortsetzung des Themas. Es wird ein Zwei-Personen-Stück, ein kurzes Schauspiel, nur ein Akt. Es wird keine Zuseher geben, und es wird mit der endgültigen Vernichtung eines der beiden Darsteller enden.
Ich esse kaum und halte mich fast nur in der Bibliothek auf. Vater, ich weiß, dass noch irgendetwas von dir da ist. Du hast dich hier in irgendeiner Form niedergelassen. Verewigt vielleicht. Den Namen der Rose habe ich noch nicht berührt. Irgendwie bin ich noch nicht vollkommen würdig dafür. In einigen Tagen werde ich es aber sein. Das schwöre ich dir, Vater.
Den ganzen Tag lang läuft das Radiogerät. In allen Nachrichtensendungen ist davon die Rede, in der Früh lese ich es in der Zeitung. Und am Abend ist es Topthema in „Steiermark heute“, natürlich läuft es auch in der „Zeit im Bild“.
So war es gestern und so ist es heute auch.
Ich sehe Leimböcks Gesicht, nicht stolz, mehr verärgert, dabei drückt man ihm gerade einen Orden an die Brust. Zum Oberst hat man ihn auch befördert. Für seine maßgebliche Mithilfe an der Klärung des Falles Hanser. Ein triumphaler Augenblick für mich. Auf den ich gehofft habe. Denn er macht den letzten Teil meines Planes für mich noch attraktiver. Je höher man steigt, desto tiefer fällt man. Übermorgen wird sich dein Leben nochmals drastisch ändern, Leimböck. Ich rate dir, die Montagsausgabe der Guten zu besorgen. Aber keine Sorge. Auch wenn du es nicht tust, wird dich die Nachricht bald erreichen.
*
Kommt es, wie es kommt, dann meist, weil es kommen musste, wie es eben kam, und dann kommt es ja recht oft recht knüppeldick, dachte ich und stieß als sechsundzwanzig Stunden alter Oberst die Türe zum Meinhart in Wenisbuch auf. Michelin und Bela saßen bereits bei Tisch und unterhielten sich angeregt. Es kam also, wie es ohnedies hatte kommen müssen, was (Michelins Ergebnisse und Worte zusammengefasst) hieß: Fingerabdrücke von Martin Hanser im gestohlenen Passat, hansersche Fingerabdrücke auf der Tatwaffe, DNS-Spuren (Haare, Hautschuppen et cetera) noch unbekannter Herkunft im Wageninneren („vermutlich aber von Hanser, von wem denn sonst, Herr Fauler?“ hatte Michelin mit Stimmimitat des Kurzen gezischelt), und ein paar Ungereimtheiten mehr, die seit kurzem (so gut wie) niemanden mehr zu interessieren schienen.
„Welche Ungereimtheiten, Willi?“, fragte Bela, die sich über den Teller beugte und das Kinn reckte, als wollte sie ihre zarte Halshaut im Knödeldampfbad verjüngen.
„Ich gehe davon aus“, schmatzte er, den Anstich seines faschierten Bratens wechselseitig kauend, „dass unser Mörder so gut wie keinerlei Spuren hinterlassen hat, was die eigene Person betrifft. Wie bisher. Daher müsste ich mich als Polizeidirektor oder als Öffentlichkeit fragen . . . würden mich denn Einzelheiten interessieren . . ., wie Martin Hanser das Auto gelenkt haben könnte.“
„Rein theoretisch“, warf Bela ein.
„Rein theoretisch“, bestätigte Michelin. „Ich meine, wie schafft es einer, während der Fahrt seine DNS, sprich: Haare gerade dort in rauer Menge zu verlieren, wo sie wenig verloren haben? Verlieren und verloren, witzig, gell?“
„Ja, Michelin, sehr witzig“, sagte ich. „Und weiter?“
„Zum Beispiel auf der Sitzfläche. Auf der Kopfstütze . . . natürlich. An den seitlichen Rändern der Sportsitze . . . meinetwegen. Aber Kopfhaare, wo der Arsch ruht? Das schaffst du nur, wenn du waagrecht mit den Beinen voraus aussteigst, verstehst du? Wenn dein Hinterkopf die Polsterung streift und du es gar nicht merkst. Weil du getragen wirst und womöglich nicht bei Sinnen bist.“
Bela und ich nickten.
„Auch würde ich mich fragen“, fuhr Michelin fort, „warum einer im Kofferraum sitzt anstatt im Fahrgastraum und
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