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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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meiner letzten Kolumne nach mir gekräht. Habe ich Recht? Daher war es die Unsterblichkeit, die ich immer angestrebt habe. Unsterblich wird man nur durch außergewöhnliche Taten. Ich habe eine solche vollbracht. Die Welt, zumindest jene, in der große Kriminalfälle eine Rolle spielen, wird mich nicht vergessen. Vielleicht wird man Bücher über mich schreiben. Oder gar mein Leben verfilmen. Hanser als Hauptdarsteller. Aber da war doch noch etwas – ein Regisseur. Einer; der im Schatten stand, meine Unsterblichkeit gemanagt und mich in euer Scheinwerferlicht gezerrt hat. Vielleicht war auch ich nur eine Puppe in der Hand eines viel größeren Spielers. Des wahrhaft Unsterblichen. Des subtilen Drahtziehers, des Meisters der Verschleierung. Mein letztes Rätsel. . . denkt darüber nach!
    Es war schön mit Euch. Aber ohne Euch ist’s noch viel schöner. . .
    Ich stemmte mich hoch, begann wie automatisiert zu torkeln. Kam das von gestern oder von dieser Ungeheuerlichkeit in der Guten , diesem. . . diesem abgekarteten Spiel, nach dem es aussah. Abgekartet, ja, aber wer teilt die Karten aus? Wer schlägt mir da Trumpf-Sau und Vierziger um die Ohren, im entscheidenden Spiel, im Spiel um den Schuster, dachte ich, den Retourschneider, die allerhöchste Schmach überhaupt? Dann schwankte ich in die Küche, wo Rosa konzentrierter als nötig in ihre Frühstücksverrichtungen vertieft war. „Ich. . . ich. . .“, hob ich an. „Ich muss unter die Dusche“, stammelte ich, machte kehrt, kam aber nur bis in den Vorraum, wo das gewohnte Schnurren des Telefons zum fauchenden Gebrüll mutiert war.
    „Leimböck“, sagte ich beinahe tonlos.
    „KÖNNEN SIE MIR SAGEN, WAS DAS ZU BEDEUTEN HAT?“ Das hatte ich doch schon einmal gehört, ein „Dèjà-vouí“, wenn Sie so wollen, bloß nicht mit der stimmlichen Sanftmut meiner Frau Rosa, dafür mit dem hysterischen Kehlkopftrampeln meines Chefs, des Kurzen, und ohne den Funken einer Chance, zu sagen, was das zu bedeuten haben könnte. „VERDAMMTE SCHEISSE, LEIMBÖCK! WISSEN SIE ES NOCH? DER ERDAPFEL! DAS SIND SIE! SOEBEN FALLEN GELASSEN UND ZERTRETEN! UND ICH, LEIMBÖCK, ICH BIN DER FUSS!“ Tuuuuuut.
    *
    Wie gut und geduldig Rosa es verstand zuzuhören, erstaunte mich. Ich erzählte und erzählte, nicht alles, aber von allem das Meiste, zusehends verblüfft, bis ich erkannte, dass der beste Zuhörer jener ist, der einen hat, der redet. Das hatte ich bisher nicht getan. Rosa wiegte den Kopf hin und her, schüttelte ihn, nickte, seufzte, blies aus, lächelte, zog die Stirn kraus, litt mit, spitzte die Lippen und war einfach da. Sie nahm die Fälle in sich auf, die Spuren, die Irrläufer, die Erkenntnisse und das Ende des Martin Hanser, das zugleich auch das Ende der Sonderkommission bedeutete, vom Kurzen aufwärts eingeläutet, und wir kauten bei Kaffe und Somlauer Nockerl („die schickt dir meine Mutter, sie mag dich immer noch“) zweimündig durch, was ich auch mit Michelin und Bela schon durchgekaut hatte, was denn dieses abrupte Ende für wen mit welcher Konsequenz zur Folge hatte. Nein, nach dieser Kolumne muss gesagt werden – gehabt hätte: das anfängliche Jubeln und spätere Schweigen der Medien etwa, weil sie es nicht besser wussten, allen voran Chefredakteur Stocker, der selbst reichlich Dreck am Stecken hatte; Reporter Helmut Hochauer, der, auch wenn er es womöglich ein klein wenig besser wusste, kein Interesse daran hatte, das (zu Unrecht) besudelte Ansehen eines (zu Recht) verhassten Kollegen zu korrigieren; der Kurze zweimal nicht, der sich und sein vorausschauendes Gespür für die Spur und am Rande auch uns über den berühmten grünen Klee gelobt und alle Ungereimtheiten, Unklarheiten und Unstimmigkeiten in den Wind eines raschen Erfolges geschrieben hatte; und mein Stellvertreter Kurt Kurz schon gar nicht, weil er als Zweiäugiger unter den Einäugigen der Blinde war. Und schließlich, hatte sie gesagt, sei die Medienträchtigkeit des Falles doch auch die Chance (gewesen), mit einem toten Martin Hanser als Mörder abseits einer auf Erfolge und Sicherheit drückenden Öffentlichkeit zu operieren. Auch die plötzliche Wende vom scheinbaren Erfolg hin zum echten Erfolg (sofern es einen gebe) sei ein Erfolg, Hauptsache, dass Martin Hanser tot sei, weil noch schlimmer als der Mord, wie sie einmal im Interview eines Strafverteidigers gelesen habe, sei der bloße Mordversuch, denn da könne das Opfer vor Gericht reden. So war es für ein paar Tage und so hätte es

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