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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Telefonat erreicht hatte und man dich dringend brauchte. Am nächsten Tag bin ich rausgeflogen. Ich habe immer wieder versucht, mir dein damaliges Gesicht vorzustellen. Du hast die Karten hingelegt und gesagt: „Ein Notfall. Ich muss rein ins Paulustor. Ein andermal wieder, Herr Ludwig. Kannst auf mich aufschreiben lassen.“ Und dazu ein siegreiches Grinsen. Das weiß ich heute noch ganz genau. Ein Grinsen, das gesagt hat: „Lege dich nicht mit mir an, ich gewinne immer“. Stimmt nicht, lieber Schleimi, es war nur ein Teilerfolg. Denn das Spiel ist weitergegangen und endet erst jetzt.
    Wir werden das Spiel von damals zu Ende spielen. Ich werde mir am Ende deinen Gesichtsausdruck einprägen und ihn mir für immer merken.
    *

Servus, Herr Neoexoberst, hat er gesagt, dachte ich, Neoexoberst, eine Nachricht wie ein Lauffeuer und der Kurz und der Kurze als Brandbeschleuniger. Wie schaut‘s aus bei dir heute Abend mit einem Spielchen oben beim Meinhart? Du weißt doch, unsere alte Partie, die noch offen ist. Jetzt hast ja Zeit genug, als Neoexoberst, oder? Und dazu ein hämisches, unverhaltenes Lachen am Telefon, als wäre es das reinste Vergnügen, einen Ex-Kollegen und beinnahe Ex-Freund (wenn es seinerzeit zum Freund gereicht hätte) schmoren zu sehen, an den Pranger gestellt, an den Pfahl gebunden, verdammt dazu, jede Marter zu erdulden. Das funkelnde Augenpaar des beinahe Ex-Freundes und die Augenpaare der im Vollkreis Umstehenden auch, deren Blicke, scharf und spitzig wie Speere, das Fleisch des weidwunden Freiwildes am Strang glühend durchbohrten, ein unaufhörliches Stochern und Wiederzurückziehen aus mehr und mehr klaffenden Wunden, und bei alledem kein leises Knistern, kein dünnes Aufflackern einer ersten zarten Flamme auf dem Scheiterhaufen, die ein baldiges Ende der Pein versprochen hätte. Nein, Stattdessen ein höfisches Tanzritual um Pfahl und Angepfählten, um ein menschliches Häufchen des Scheiterns, Triumphgeheul bei Gigue und Sarabande im Wechselschritt, und mittendrin der Ex-Kollege des Herrn Neoexoberst, der Hofer, der ja selbst auch einmal am Pfahl gestanden war, weil er den Landtagspräsidenten vermöbelt und aufpoliert hatte, den Kinderficker. Eine durch und durch gute Tat, überlegte ich nun, in der Rechten den Hörer, aus dem ein monotones Tuten drang, in der Linken den Suspendierungswisch, der immer noch unverändert verharrte, als wäre er der Ewigkeit bestimmt, eine gute Tat, hätte nicht der Kinderficker den heißen Draht zur Macht zum Glühen gebracht, und dieser Draht hieß . . . richtig, Martin Hanser, einmal mehr Martin Hanser, entsann ich mich, das war doch der Hanser, der den Hofer abgeschminkt und aus der Uniform geschrieben hat. Fünfzig Zeilen mit Spott, könnte man sagen, welch Ironie des Zufalls, dass ausgerechnet der Hanser, um den sich jetzt alles dreht, den Hofer aus der Polizeijacke hinaus und in die Nachtwächterkluft: hineinbefördert hat, nun ja, nicht direkt hinein, aber zumindest nach ganz unten, wo ich nun ja auch war, und von dort ist es zum Wachdienstler nicht mehr weit. Und dass mich der Hofer nach so langer Zeit anruft. Erst das Treffen im Stadion vor ein paar Tagen und jetzt der Anruf. Welch Ironie des. . . Zufalls.
    Zufalls? Denken, Ferri, DENKEN, die Zettel, Ferri, die sind im andern Sakko, zuhause, erinnere dich, Ferri, die fünf Puntigamer-Pils-Zettel, WISSEN und WISSEN WOLLEN, vor allem das WISSEN, die Beziehung zu Hanser als ein Punkt. Dann weiter, denk nach, Ferri, wer noch . . . ja, der Geier, war nicht der Hofer auch ein paar Jahre?. . ., bis sein Alter, der Richter Gnadenlos, abgekratzt ist. Richtig, richtig, das hat er doch erzählt, oder?, der Hofer, dass er zur Tante und in die Lehre musste, weil sein Alter ihn nicht mehr schützen und protegieren konnte im . . . im Keplergymnasium, ja, genau, er hat ihn also gekannt, vielleicht sogar unter ihm gelitten, unter dem alten Geier. Der Hanser? Der Geier? Ein Zufall? Was noch, was noch?, Ferri, überlegen, richtig, richtig, der brillante Schütze, Chance eins zu tausend, glaube ich, und der Hofer. . . der Hofer war der Beste von allen. Wie hat er immer geprotzt, der Hofer? Denk an das Märchen, das du den Kindern so oft vorliest, Ferri, Sieben gingen um die Welt, hat er selbst gesagt, der Hofer, Sieben gingen um die Welt, dachte ich, und ich bin der Jäger, Leimböck, der Jäger, der einer Fliege auf zwei Meilen das linke Hinterbein wegfegt, oder war es das Auge? Was ist denn da schon der Plutzer der

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