zuadraht
heller Kopf, mein lieber Franz, dachte ich, sagte aber nur: „Es ist so, wie Kollege Stillhofer richtig gefolgert ha Es muss einen Zweiten geben. Die Sache mit dem Brief war bestenfalls ein Indiz, ebenso die Sache mit der Nachbarin und dem Auto, das Messer ist jedoch ein starkes Argument, fast so etwas wie ein Beweis. So absurd es auch klingt, Hansers Fingerabdrücke sagen uns, wer es vermutlich nicht war: Martin Hanser. Die Kolumnen jedoch sagen uns, wer damit zu tun hat: Martin Hanser. Was wir nicht kennen, ist das Wie. Es gibt jede Menge Fragen, und ich bin mir sicher, dass es noch viel mehr werden, je länger wir gemeinsam darüber nachdenken. Ich möchte, dass wir uns alle Punkte, die jetzt und hier auf Band gesprochen werden, so oft: es geht vor Augen führen. Immer und immer wieder. Bis wir die Fragen selbst im Schlaf und die Fragen selbst unseren Schlaf beherrschen, ist das klar?“ Das mit dem Schlaf, dachte ich, habe ich mal irgendwo gelesen, klingt bedeutend, passt genau und macht Eindruck, vor allem auf der sprachlichen Schiene.
„Womit fangen wir an?“ Jetzt brachte sich auch das Betrugseck ins Spiel.
„Nicht so schnell, Kollegen. Es fehlen noch ein paar Fakten. Auch wenn manche nach derzeitigem Stand unbedeutende Nebenfronten zu sein scheinen. Wie etwa der Umstand, dass beide Opfer in Weibergeschichten verwickelt waren. Bei Frank Klausberger wissen wir von sechs Affären, die betreffenden Damen werden noch überprüft.“ Aus der Sittenecke kam wissendes Nicken. „Und auch Leopold Moser war kein Heiliger. Seine Frau hat dem Kurz vorhin bei der Verständigung gesagt, dass sie ihren Mann die Nacht über nicht vermisst hat, weil sie ihn wieder bei seiner, ich zitiere, bei seiner türkischen Hure vermutet hat. Bei beiden Witwen hält sich die Trauer in Grenzen. Eine Gemeinsamkeit. Eine von vielen vermutlich. Und die müssen wir alle finden, wenn wir uns dem Motiv annähern wollen.“
„Apropos Moser“, fuhr Stillhofer, dessen Ausführungen über den Sekretär des toten Landesrates ich beinahe vergessen hätte, eifrig dazwischen. „Der Moser war gestern Abend bei einem Empfang im Schloss Eggenberg. Eine kroatische Wirtschaftsdelegation. Sein Sekretär hat mir Folgendes erzählt: Kurz nach halb elf erhielt der Landesrat einen Anruf. Nicht am Diensthandy, am Privathandy. Die Nummer haben nur wenige Leute, sagt der Sekretär, er will versuchen, eine Liste zu erstellen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Der Landesrat hat nervös gewirkt, sagt er. Und er hat gesagt, er muss weg, unbedingt, und er, der Sekretär, soll sich eine Ausrede einfallen lassen für seine Gäste, also die vom Moser, und er soll nicht auf ihn warten, weil er nicht weiß, wie lange es dauert, hat er gesagt, und ob und wann er wiederkommt. Deshalb hat auch keiner Alarm geschlagen, als der Moser längere Zeit weg war.“
„Ob der gewusst hat, was ihm blüht?“, schallte es aus der Fahndungsecke.
„Wohl kaum“, konterte die Wirtschaft. „Aber es muss verdammt wichtig gewesen sein, sonst lässt ein Landesrat nicht eine Wirtschaftsdelegation ohne Gastgeber auf einem Empfang zurück. Es sei denn, er macht so etwas öfters. Wir werden uns darum kümmern.“
„Nehmt den morgigen Kommentar vom Hanser als mögliche Grundlage“, sagte ich. „Da ist von dubiosen Beteiligungen vom Moser und seinem Schwager in der gesamten Thermenregion die Rede. Vielleicht wollte ihn unser Mörder ursprünglich erpressen.“
„Dann hätte er wohl kaum ein Seil mitgebracht, Ferri, oder?“ Der Kollege mit dem Slipsteck sah mich an mit einer seltsamen Mischung aus missbilligender Häme und väterlicher Fürsorglichkeit.
Natürlich, ich Idiot, dachte ich, beschloss aber sofort, nicht klein beizugeben. Keine Blamage, nicht hier und schon gar nicht vor so vielen Kollegen. „Vielleicht gab es schon zuvor Kontakt zwischen Täter und Opfer, und die Eiche im Schlosspark war bloß der finale Schauplatz. Oder der Mörder wollte nur Vortäuschen, den Moser erpressen zu wollen, um ihn so oder so aufzuknüpfen. Lasst euch vom Netzbetreiber seines Handys den Anschluss ausheben, von dem aus er angerufen wurde. Auch wenn es ein Riesentheater gibt, von wegen Politiker und Datenschutz und so. Obwohl ich nicht glaube, dass es was bringt. Unser Mörder ist kein Idiot. Trotz Slipsteck.“ Die Wirtschaft nickte einhellig, und der Raub grinste hämisch ins Eck der Sitte. „Aber bleiben wir noch beim Hanser“, setzte ich fort. „Wir müssen davon ausgehen, dass er
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