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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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willst diesen Stocker an den Eiern packen? Womit denn?“
    „Glauben Sie, dass solche Aktionen unser Verhältnis zur Presse fördern, Leimböck?“, äffte ich mit schriller Stimme, breitbeinig aufgepflanzt und die Hände in die Hüften gestemmt.
    „Der Kurze?“ Willi lachte und sein massiger Körper vibrierte.
    „Das sind seine Worte. Unser Verhältnis zur Presse fördern. Mit der Presse und dem Fördern ist das so eine Sache. Der Stocker weiß mehr, als er sagt. Da bin ich mir absolut sicher. Wenn ich jetzt zurückziehe, frisst er mich mit Haut und Haar. So einen packst du nur mit der nackten Angst und beim Geld. Vergitterte Luft und eine . . . eine Lex Stocker.“
    Michelins Heiterkeit wich entgeisterter Verwunderung.
    „Ich muss noch was erledigen, vielleicht schau ich später noch einmal bei dir rein, Willi. Verhältnis, Presse, fördern. Das sind drei Reizworte in einem Satz, und der Kurze hat mich selbst darauf gebracht.“ Michelin setzte an und ich hielt die Arme abwehrend in die Höhe. „Frag mich nicht. Nicht jetzt. Vielleicht morgen Abend, bei einem Glaserl Blaufränkischen. Schweigen ist mitunter die bessere Freundschaft.“
    *
    „Schlafen Sie mit ihrem Handy, weil Sie immer so rasch rangehen? Was sagt denn Ihre Frau dazu?“
    „Sie liebt das Läuten, weil es unser Schweigen durchbricht, hahaha.“
    Da ist es wieder, das Gurren und Gurgeln, mein lieber Hochauer, du und deine subversiven Scherzchen, dachte ich, an den Schreibtisch meines Büros zurückgekehrt, sind mir fast schon zur lieb gewonnenen Vertrautheit geworden. „Man hält mir vor, unser Verhältnis, also jenes der Polizei zur Presse, nicht gerade zu fördern.“
    „Drohne?“, fragte er.
    „Drohne“, sagte ich und fuhr unvermittelt fort. „Wie hoch ist die Presseförderung, die Ihr Blatt jährlich kassiert?“
    „Die Trumpfsau, habe ich Recht?“
    Ich schwieg.
    „Welches Atout schlagen Sie zuerst ab, Herr Leimböck?“, setzte er nach. „Sau? Zehner?“
    „Wie hoch, Herr Hochauer?“
    „Zwei Millionen Euro. In Schilling hat das noch nach was geklungen. Aber jetzt im Ernst, Herr Leimböck. Was zuerst? Sau oder Zehner.“
    „Ich weiß nicht so recht. Vielleicht erst den Zehner.“
    „Hat was für sich. Ist aber auch riskant?
    Die Stille in der Leitung verriet meine Unsicherheit. „Spielen Sie zuerst den Zehner“, erläuterte er, „denkt er womöglich, dass Sie ihn blank haben und nur hasardieren. Die Sau könnte ja noch auf dem Stoß liegen. Genauso gut könnte er denken, dass Sie denken, er hat die Sau und lauert damit in der Hinterhand, Sie verstehen? Obwohl Sie dann schwachsinnig wären. Aus seiner Sicht. In jedem Fall durchschaut er Ihr gewagtes, selbstzerstörerisches Spiel. Nehmen Sie aber gleich die Sau und erst dann den Zehner, sorgen Sie für klare Fronten und zeigen, wer der Herr am Tisch ist.“
    „Mag schon sein“, hielt ich dagegen. „Den blanken Zehner zu spielen, könnte aber auch heißen: Da sitzt ein Irrer, der ist zu allem imstande. Oder eben ein Ahnungsloser, der nicht weiß, was er tut. Beides hat seinen Reiz. Oder er wittert in mir zum Schluss den ausgebufften Profi, der mit voller Hose stinkt und das Fischlein nur zappeln lässt, und er fügt sich in sein Schicksal. Vielleicht sollte ich spontan entscheiden.“
    „Achten Sie auf sein linkes Auge“, versetzte Hochauer, „zuckt es wie wild und reißt er dazu den Kopf blitzartig hin und her, ist er nervös. Dann können Sie attackieren.“
    Tuuuuuut.
    *
    Schwellenangst. Der Zeitraum zwischen Eintreten und Austreten; die Spanne zwischen erstem und zweitem Überschreiten der Türschwelle des Direktorzimmers. So steht es im Wörterbuch für internen Hausbrauch, das nur den Arbeitsbienen zugänglich ist, nicht aber der Drohne, überlegte ich sieben Minuten nach einundzwanzig Uhr und querte die Schwelle des Kurzen zum zweiten Mal. Ich hätte Verdacht schöpfen müssen, gleich zu Beginn, die freundliche Visage, dieser arglistige Klodeckel mit Sinnesöffnungen, dachte ich, der starre Murmelblick, diese stieren braunen Augen, und dazu das Lächeln, diese abgefeimteste aller Paulustorgrimassen, als du die Abendausgabe der Guten mit emporgerecktem Arm geschwungen hast, Aegidius Schweinehund, wie eine Keule, die der Trophäenjäger der Beute im nächsten Augenblick ums Haupt schlägt, und in dem Blättchen geblättert hast, grinsend, immerzu, und ich darf zitieren, Herr Leimböck, wenn ich Sie schon herzitiert habe, hast du posaunt und gelacht ob der

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