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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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ist trotzdem die Glock, die mir mehr ans Herz gewachsen ist als Smithy. Die Glock liegt in der Hand, als wäre sie ein Teil von mir. Sollte nicht sein, richtig! Die Glock ist eine Zweckwaffe, ungemein verlässlich und präzise. Keine Sentimentalität. Die Smith & Wesson ist etwas Romantischeres. Anschmiegsameres. Auch präzise, auch verlässlich, aber anders. Ich kann es nicht wirklich erklären, jedenfalls bin ich ein Glock-Mann. Was auch immer das ist.
    Es regnet nicht, aber die Wolken sind grau und dick und sehen so aus, als ob sie bald Wasser lassen wollten. Es ist immer düster in der Steinbruchschlucht, aber heute ist es noch düsterer. Gut so, man hat ja ohnehin nur selten die Gelegenheit, das Schießen bei mieser Sicht zu üben. Außerdem halten die Regenwolken die Mineralienheinis fern.
    Mein Gott, bin ich gut drauf. Jeder Schuss dort, wo ich ihn hintun will. Noch brauche ich dich nicht für den wirklichen Einsatz, Glocki, aber ich halte dich warm. Unglaublich, wie gehorsam du heute bist. Oder ist es meine Hand, die so sensationell ruhig ist? Egal. Das eine geht ohne das andere nicht. Nur wenn die Hand in Höchstform ist, schafft es die Waffe. Und umgekehrt. Es kommt immer wieder vor, dass man mies drauf ist und trotzdem fast alles trifft. Da ist es dann die Waffe, die dir geholfen hat. Ich habe in verschiedenen Gemütszuständen verschiedene Pistolen und Revolver abgefeuert und weiß ganz genau, wovon ich rede.
    Heute ist mein freier Tag. Auch die Nacht ist frei und gehört mir ganz alleine. Mir und dem Schreiberling in meinem Keller. Wahrscheinlich werde ich ihm heute Nacht das Ohr abschneiden.
    Die Atempause, die ich mir und dir, Schleimi, heute gönne, war immer schon eingeplant. Drei Hinrichtungen, dann Pause. Stille. Die Ruhe vor dem Sturm. Was für mich Ruhe ist, das ist für dich Spannung, Nervosität. Wann wird er wieder zuschlagen? Heute Nacht, morgen, gar nicht mehr? Was ist geschehen, warum passiert nichts? Was bezweckt er damit? Hat er sich aus dem Staub gemacht, wir tappen im Dunkeln, und er lacht sich irgendwo ins Fäustchen?
    Ich weiß, wie Polizistenhirne arbeiten. Alles nach Schule. Man klammert sich an Präzedenzfälle. Legt die Täter in Schachteln ab. Sucht nach Tatmustern und folgt dabei genau den erlernten Regeln. Keine Flexibilität, keine frei bewegliche individuelle Intelligenz. Jeder ist Teil des Apparates.
    Genau das hat der Trottel von Polizeichef zu mir gesagt. In jenem vertraulichen Gespräch, das zu meinem Rausschmiss geführt hat. Wir sind ein Apparat, ein Motor, der auf Hochtouren läuft. Tag und Nacht. Jedes Rädchen muss da funktionieren, alle müssen sich in dieselbe Richtung drehen. Wenn nur eines auslässt oder sich in die Gegenrichtung zu drehen beginnt, dann platzt der Motor.
    Und dann hat er die Kolumne vom Hanser vor mir auf den Schreibtisch geknallt. Und zu brüllen begonnen. An den Schläfen sind die Adern unter der roten Haut dick wie Regenwürmer geworden, dazu die weit aufgerissenen Glotzaugen, der faule Atem und der Speichelsprühregen. Es war ekelig. Und entwürdigend. Für ihn.
    Genau in diesem Augenblick bist du zur Türe hereingekommen, Schleimböck. Zufall? Ich habe dein dreckiges Grinsen gesehen und die scheinheilige Entschuldigung gehört, die du gemurmelt hast, bevor du wieder verschwunden bist und deinen Triumph ausgekostet hast.
    Ein Triumph war‘s ganz sicher für dich. Kompliment, die Sache war klug eingefädelt und ist vom anderen Arschloch, dem Hanser, perfekt abgeschlossen worden.
    Aber wie heißt es doch so sinnig? Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Das letzte Lachen gehört mir, meine Herren. Die Kolumne, ich werde sie dir heute Nacht vorlesen, Schreiberling. Du wirst ganz Ohr sein. Du wirst mir dafür sogar ein ganzes Ohr geben.
    *

„Und se bumban ån de Dia, se mochn an Grawäul ois wia, de dredadns‘ glatt ei, dad de Hausmastarin ned sei De sågt: Wås isn, meine Hean, dan s’ ma doch den Hausfriedn ned schdean“ Verzeih mir, Rosa, aber dieses Mal ist es rein dienstlich, dachte ich. Und es passt so wunderbar, nicht wahr, Wolferl? Bloß dass die Hausmeisterin die Sekretariatsbiene vom Herrn Chefredakteur war.
    *
    „Sie können da jetzt nicht rein, Herr Leimböck“, rief sie erregt, als ich an ihrem Schreibtisch vorbei auf die gepolsterte Doppeltüre zusteuerte.
    „Dürfen“, gab ich zurück, „es hätte heißen müssen: Sie dürfen da jetzt nicht rein“, und war auch schon drin beim Stocker, der vergnüglich auf ein Blatt Papier

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