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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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frage sie?«, kicherte Amy MacAllister, die auch Mitglied des Komitees war. »Irene und ich haben seit hundert Jahren nicht mehr miteinander geredet. Irene fühlt sich doch ständig von irgendjemandem angegriffen. Eine hübsche Stimme hat sie allerdings, das muss ich zugeben, und die Leute würden sie wahrscheinlich genauso gern hören wie Mrs Channing.«
    »Ich würde dir auch nicht raten sie zu fragen«, sagte Olive bedeutungsvoll zu Rilla. »Als wir anfingen das Konzert zu planen - es war im April -, da habe ich Irene mal in der Stadt getroffen und sie gefragt, ob sie uns nicht helfen könnte. Sie sagte, sehr gern, aber sie sähe keine Möglichkeit, nachdem Rilla Blythe, die so merkwürdig zu ihr gewesen sei, das Programm führe. So, und jetzt stehen wir da. Das Konzert wird ein schöner Reinfall werden!«
    Rilla ging nach Hause und schloss sich in ihr Zimmer ein. Sie war ganz durcheinander. Nie und nimmer würde sie sich so weit erniedrigen und Irene Howard um Verzeihung bitten! Irene hatte schließlich genauso Unrecht gehabt wie sie! Und wie gemein und völlig verdreht sie allen Leuten von ihrem Streit erzählt und sich als leidtragendes Opfer dargestellt hatte! Rilla hätte sich nie überwinden können ihre Seite zu schildern. Die Tatsache, dass Irene dabei schlecht über Walter gesprochen hatte, lähmte Rilla die Zunge. Deshalb glaubten auch alle, Rilla hätte Irene fertig gemacht, bis auf einige wenige Mädchen, die Irene nicht leiden konnten und deshalb auf Rillas Seite standen. Ihr Mitgefühl tröstete Rilla allerdings auch nicht gerade, weil sie damit in ihr die unangenehme Erinnerung an die Zeit wachriefen, als sie mit denselben Mädchen auf Irenes Seite gestanden und sie sogar noch zurechtgewiesen hatte, wenn sie sich weigerten Irene zu bewundern. Andererseits, so würde das Konzert, für das sie sich so eingesetzt hatte, bestimmt ein Reinfall werden. Mrs Channings vier Soli waren der Höhepunkt des ganzen Programms.
    »Miss Oliver, was meinen Sie denn dazu?«, fragte sie verzweifelt.
    »Ich finde, Irene ist diejenige, die sich entschuldigen sollte«, sagte Miss Oliver. »Aber meine Meinung wird wohl die Lücken in eurem Programm auch nicht füllen.«
    »Wenn ich zu ihr hinginge und mich ganz demütig entschuldigen würde, dann würde sie sicher singen«, seufzte Rilla.
    »Sie singt gern vor allen Leuten. Aber ich weiß, dass sie gehässig reagieren wird. Ich glaube, ich bringe es nicht fertig, zu ihr zu gehen. Dabei sollte ich es tun. Wenn Jem und Jerry den Hunnen gegenübertreten können, dann werde ich es wohl noch schaffen, meinen Stolz hinunterzuschlucken und Irene Howard den Belgiern zuliebe um einen Gefallen zu bitten. Jetzt im Augenblick denke ich, ich kann es nicht, und doch habe ich das dumpfe Gefühl, dass ihr mich nach dem Essen durchs Regenbogental in Richtung Upper-Glen-Straße davontrotten sehen werdet.«
    Rillas Vorahnung sollte sich bestätigen. Nach dem Essen zog sie sorgfältig ihr blaues, perlenbesetztes Kreppkleid an. Eitelkeit ist schließlich noch schwerer zu unterdrücken als Stolz, und Irene hatte ein Auge für jeden noch so kleinen Makel an der Kleidung anderer Mädchen. Und außerdem »ist es leichter, sich nett zu verhalten, wenn man seine guten Sachen anhat«, wie Rilla im Alter von neun Jahren einmal zu ihrer Mutter gesagt hatte.
    Rilla machte sich eine hübsche Frisur und zog einen langen Regenmantel über, falls es regnete. Doch die ganze Zeit kreisten ihre Gedanken um das bevorstehende grässliche »Interview«, und sie studierte im Geiste ihren Teil bis ins Kleinste ein. Wenn alles bloß schon vorbei wäre! Wäre sie bloß nie auf die Idee verfallen, ein Konzert zu Gunsten der Belgier auf die Beine zu stellen, und hätte sie doch bloß nie mit Irene gestritten! Im Grunde genommen wäre doch hochmütiges Schweigen als Antwort auf die Gemeinheit bezüglich Walter viel wirkungsvoller gewesen. Es war doch wirklich lächerlich und kindisch von ihr gewesen, so aus der Haut zu fahren. Na gut, in Zukunft würde sie schlauer sein. Es nützte nichts, dieser schwere, ungenießbare Brocken musste jetzt geschluckt werden, und Rilla war von dieser gesunden Schonkost ebenso wenig begeistert, wie wir alle es an ihrer Stelle gewesen wären.
    Bei Sonnenuntergang kam sie am Haus der Howards an, einem protzigen Gebäude mit weißen Schnörkeln am Rand des Dachs und einer Unzahl von Erkerfenstern auf allen Seiten. Mrs Howard, eine schwerfällige, geschwätzige Dame, begrüßte Rilla

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