Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
vom gestrigen Fußbad und erst recht nichts von dem Beinahe-Kuss mit Paul. Sie hätte ganz sicher mehr hineininterpretiert als mir in diesem Augenblick lieb gewesen wäre. Außerdem wusste ich selbst nicht so genau, wie ich die Situation einzuschätzen hatte, weshalb ich beharrlich schwieg.
„Na gut, dann konzentriere dich auf Lutz. Was willste auch mit einem, der verheiratet ist. Sowieso totaler Plumperquatsch“, bestärkte Steffi mich in meinem Versuch, nicht auf mein Herz zu hören, sondern auf meinen Verstand. Und mein Verstand mahnte mich, mich mal wieder so richtig aufzubrezeln, wenn ich doch noch einmal in meinem Leben ein Mannsbild in mein selbiges lassen wollte. Nachdem ich mich in das schwarze rückenfreie Nichts von Kleid gezwängt und mir halterlose Strümpfe übergerollt hatte, ging ich an meine Unterwäscheschublade. Steffi sah mir missbilligend über die Schulter. „Na toll, Biene Maja und Willi und Spongebob? Das ist nicht dein Ernst. Stell dir mal vor, ihr fangt an zu fummeln und der macht Bekanntschaft mit Biene Maja. Da kannste dir gleich ́ne Jogginghose unters Kleid ziehen. Tu‘ mir einen Gefallen und tu keinen Schlüppa anziehen, jedenfalls keinen mit Biene Maja drauf“, flehte Steffi mich nun an.
„Wie? Du meinst, ich soll ohne Unterwäsche aus dem Haus gehen?“, hakte ich argwöhnisch nach.
„Klar, guck doch mal, was das Kleid für einen dünnen Stoff hat, wenn du da deine Liebestöter drunter ziehst, denkt der Lutz, du hast ´ne Windel um. Tu mir das nicht an!“, quengelte Steffi nun weiter beharrlich. Leider musste ich ihr Recht geben, meine Unterwäsche war sämtlichst aus dickem Baumwollstoff, jetzt würden mir Theas Schnürsenkel gut zu Pass kommen. Mein Handy klingelte. Ich kramte es aus meiner Handtasche hervor und nahm das Gespräch an. Wenn man vom Teufel tratscht...
„Ich bin‘s Thea, du, ich glaube hier stimmt was nicht“, mutmaßte meine große Schwester am anderen Ende paranoid flüsternd. Im Geiste gab ich ihr Recht, immerhin hatte ich ein Date mit Lutz anstatt mit Paul.
„Was soll denn nicht stimmen, Thea? Und bitte halte dich kurz, ich bin mit eurem Lutz verabredet, falls ich dich erinnern darf“, mahnte ich zickig und kurz angebunden.
„Ach, ist das heute?“, fragte sie nun überrascht, wartete jedoch keine Antwort meinerseits ab. „Na wie auch immer, Bernd hat mich gerade angerufen und gemeint, er komme mal wieder später, er habe einen ,Sonderkurs‘. Was bitte ist eigentlich ein ,Sonderkurs‘? Das trifft sich ja gut. Wenn du heute mit Lutz verabredet bist, frag ihn das doch mal bitte. Mir kommt das alles spanisch vor“, förderte Thea ungefragt ihre Bedenken zutage.
„Na frag das Bernd doch mal selber? Ich denke, ich soll den Lutz heute verführen. Jetzt geht es wieder nur um dich und Bernd oder wie? Na schönen Dank auch“, schmollte ich in den Hörer.
„Na nein. Ich dachte nur...“, stammelte sie nun und war wahrscheinlich zu beleidigt, den angefangenen Satz zu beenden. Ich gab mich geschlagen.
„Ist ja gut, Thea, ich frage Lutz, was ‚Sonderkurse’ sind und danach verführe ich ihn. Wäre das dann in deinem Sinne oder hast du noch ein paar Extraaufgaben für mich?“, stichelte ich nun.
„Oh danke Paula, lass uns morgen telefonieren. Ich wünsch` dir viel Spaß heute Abend und...“, jetzt machte sie eine bedeutungsschwangere Pause, „... ich hoffe, du trägst Stretch“, kicherte sie kindisch ins Telefon „und schnall dir um Gottes Willen die Möpse hoch, das macht Eindruck“, gab sie mir noch den letzten überlebenswichtigen First-Date-Ratschlag.
„Auf jeden Fall“, beteuerte ich und behielt für mich, dass ich ohne Unterwäsche unterwegs sein würde. Das wäre sonst gewiss das brandheiße Thema bei der nächsten Prügel ́schen Kaffeetafel gewesen. So etwas konnte bei meiner Familie gut ausarten und darauf konnte ich gern verzichten.
„Bis morgen dann“, beendete ich das Gespräch und wartete Theas Gruß nicht mehr ab. Steffi stand nun in der Tür mit ihrem gigantischen Beautycase, welches sämtliche Schminkutensilien enthielt, derer sie fündig geworden war. Meine eigenen Schminkrequisiten waren im Vergleich zu Steffis nicht der Rede wert. Ich hatte genau einen schwarzen Mascara, einen schwarzen Kajalstift und einen farblosen Fettstift für die Lippen. Meine Schminktasche hatte ich damals bei Peter vergessen und ich war zu stolz, noch ein letztes Mal seine Wohnung zu betreten, nur um meine Schminktasche rüber zu retten.
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