Zum Morden verflucht
Hause gekommen war. Sie erinnerte sich auch nicht mehr daran, wie sie zu Bett gegangen war.
Die ganze restliche Nacht über wurde sie von Alpträumen gepeinigt und erwachte zeitig am Morgen, schweißgebadet und vollkommen erschöpft. Jane saß an ihrem Bett.
»Hast du mich geweckt, Jane?« fragte Gwendolin benommen und strich sich mit der Hand über die Stirn. Sie hatte wirres Zeug geträumt – von einem Gewölbe, einer Teufelsbeschwörung und einem Mordbefehl.
»Du mußt aufstehen, Gwen«, sagte Jane mit einem leichten Lächeln. »Du hast nur bis heute abend Zeit, um Peter zu töten.«
Da wußte Gwendolin, daß sie verloren war.
Bis zum Morgengrauen hatten Peter Bower und Oberst Wendung die Lage in Oxford besprochen. Dabei waren immer wieder die Namen Gwendolin und Jane Haskill aufgetaucht.
»Ich verstehe ja, daß du dir Sorgen um das Mädchen machst, Peter«, sagte der Oberst und schaute in die Strahlen der aufgehenden Sonne. » Aber ich weiß wirklich nicht, was ich tun könnte. Du kommst mit einer Reihe von Vermutungen zu mir, die so phantastisch klingen, als stammten sie aus einem utopischen Roman. Ich wüßte gar nicht, wo ich einhaken sollte. «
»Sir, dieser Wald . . .«, setzte Peter an, doch der Oberst unterbrach ihn sofort. »Wer weiß, was die Mädchen dort wollten. Ein Rendezvous? Gwendolin hat sich schließlich von dir getrennt. Übrigens könntest du bei ihr anrufen. Dann weißt du wenigstens, ob sie nach Hause gekommen ist oder nicht.«
Sofort ging Peter zum Telefon. An diese einfache Möglichkeit hatte er gar nicht gedacht.
Bereits nach dem dritten Klingelzeichen wurde abgehoben. »Haskill«, meldete sich Jane.
»Ist Gwen da?« stieß Peter hastig hervor, ohne das Mädchen zu begrüßen.
»Aber ja!« Peter hörte, wie Jane Gwendolin rief. »Dein Liebster«, sagte sie spöttisch.
Dann kam Gwens Stimme. »Peter, ich habe dir doch gesagt, daß du ... «
»Ich weiß«, fiel er ihr ins Wort. »Gwen, bitte, ich muß unbedingt mit dir sprechen. Ich will dir helfen.« Stille. »Gwen, in einer Stunde in Jimmy's Teestube.«
»Nein«, antwortete Gwendolin. Peter schüttelte erstaunt den Kopf über den mechanischen, unwirklichen Klang ihrer Stimme. »Wir treffen uns in dem kleinen Wald an der Endstation im Osten der Stadt, in einer Stunde.« Damit hängte sie ein.
»Hat es geklappt?« erkundigte sich Oberst Wendung interessiert.
Peter nickte zerstreut.
»Ja, wir treffen uns in einer Stunde. « Aber er vergaß zu sagen, wo Gwendolin ihn erwartete.
Das Wetter hatte sich verschlechtert, und so wurde Peter Bowers Kleinwagen ganz ordentlich von dem Sturm durchgeschüttelt, als er zu dem Wäldchen am Stadtrand von Oxford fuhr. Er war so in Gedanken versunken, daß er beinahe eine rote Ampel überfahren hätte und erst im letzten Augenblick bremste.
Wieso war Gwendolin nicht auf seinen Vorschlag eingegangen, ihn in der Teestube zu treffen, in der sie oft gemeinsame Stunden verbracht hatten? Warum bestellte sie ihn in den Wald, in dem sie in der letzten Nacht gemeinsam mit Jane verschwunden war? Peter hoffte, auf diese beiden Fragen sehr bald eine Antwort zu erhalten, auf diese und auf die zahlreichen anderen Fragen, die ihm auf der Zunge lagen. Erst in dieser Sekunde fiel ihm auf, daß er Oberst Wendung nicht gesagt hatte, wohin er fuhr.
Nun, das war ohnehin nur eine Sache zwischen Gwendolyn und ihm.
Diesmal gab sich Peter keine Mühe, den Wagen unauffällig zu parken. An diesem frühen Vormittag war der Vorort noch menschenleerer als sonst. Niemand beobachtete, wie der junge Mann ausstieg und auf den Waldrand zuging. Zwischen den ersten Bäumen blieb Peter stehen und schaute sich um.
Gwendolin war noch nicht gekommen. Der junge Mann zündete sich eine Zigarette an, um die Wartezeit zu verkürzen. Der Sturm blies die schwache Flamme des Feuerzeugs mehrmals aus, bis die Zigarette endlich brannte. Glutpünktchen wurden durch die Luft fortgetrieben.
Die Bäume rings um Peter ächzten und stöhnten, die Wipfel rauschten. Abgebrochene Äste krachten zu Boden. Die Natur wütete. Zugleich wurde es im Wald immer dunkler, als schwarze Regenwolken den Himmel überzogen. Die ersten Tropfen fielen dick und klatschend auf die Blätter. Und dann platzte der Wolkenbruch los.
Innerhalb von Sekunden war Peter bis auf die Haut durchnäßt. Die Zigarette in seiner Hand zischte noch einmal, dann löste sie sich auf. Fluchend schleuderte er die Überreste von sich. Der Regen trieb fast waagrecht vor dem Sturm. Der
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