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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kristall glänzte, ausgesuchtes Porzellan, silberne Bestecke … die Atmosphäre eines Grandhotels unter einem blauen Samthimmel, der die häßliche Zeltfarbe verdeckte. Ein Heer von Kellnern in weißen italienischen Jacketts marschierte auf; das obligate Kalte Büfett wurde mit Thermoswagen aus Düsseldorf herangefahren.
    »Bezaubernd!« sagte die Baronin Jeppkan, als sie das große Zelt betrat. »Diese Idee, einmal einfach zu sein! Ich finde es bezaubernd, wirklich.« Und sie freute sich, daß jedermann bemerkte, daß sie eine neue Chinchillajacke trug. Baron Jeppkan konnte es sich leisten – er saß in 23 Aufsichtsräten von Aktiengesellschaften.
    Ein wenig unglücklich war es allerdings, daß am Tage des Sommerfestes der rheinischen Industrie in dem mit Samt ausgeschlagenen Zelt auf den Rheinwiesen ein Interview mit Generaldirektor Dr. Hollwäg in den Zeitungen erschien. Hollwäg beklagte darin die schlechte Auftragsdecke der Stahlwerke und Walzenstraßen, erläuterte die Konkurrenzunfähigkeit Deutschlands auf dem Stahlweltmarkt, machte die Regierung in Bonn verantwortlich und kündete an, daß man im Herbst vorerst 6.000 Arbeiter entlassen müsse und vielleicht zu Kurzarbeit übergehe, wenn nicht etwas geschähe, die kritische Lage an Rhein und Ruhr aufzufangen.
    Es gab Leute, und es waren gute Demokraten, die an diesem Abend zu den Rheinwiesen gingen und hinuntersahen zu dem abgesperrten Festzelt. Auf den Parkplätzen standen die schweren Wagen, in einem etwas abseits stehenden, kleineren Zelt saßen bei alkoholfreien Getränken die Chauffeure, und wer, wie einige besonders ausgewählte Zeitungsleute, das Glück hatte, mit einem Monatsgehalt vom Werte eines halben Abendkleides doch für würdig befunden zu werden, einen Blick in das Samtzelt zu werfen, begann zu rechnen und kam zu dem erstaunlichen Ergebnis, daß der an diesem Abend vereinte Schmuck und Pelz, zusammengelegt mit den Aufsichtsratsgebühren der Herren, ausgereicht hätte, die von der Entlassung bedrohten 6.000 Arbeiter noch ein weiteres Jahr zu beschäftigen.
    Auch Boltenstern, Major Ritter, Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus, dessen Frau eine geborene von Raggitz war, Petra Erlanger und alle Bekannten aus den Reitklubs, Golfklubs, Tennisklubs und Jachtklubs waren eingeladen, und es war ein Wiedersehen mit ungeheuer geistvollen Gesprächen.
    Boltenstern ließ Petra Erlanger im Gewühl der anderen Damen, die sich über ihre Hausangestellten beklagten. Er suchte Generaldirektor Hollwäg, und es gelang ihm, diesen in eine stille Ecke zu ziehen.
    »Das ist ja allerhand«, sagte Hollwäg konsterniert, als ihm Boltenstern in dürren Worten seine Sorgen erzählt hatte. »Aber so sind diese kleinen Beamten. Auf Kosten der anderen Karriere machen. Überlassen Sie das mir, Alf, ich werde das regeln. Ministerialdirektor Dr. Hollermann vom Innenministerium ist auch hier, wir sind Bundesbrüder, beide Saxo-Borussen, und unter uns Alten Herren ist so etwas gar kein Problem. Es wird uns schon etwas einfallen. Ist das Ihre ganze Sorge, Alf?«
    Boltenstern atmete auf. In seine Augen kam wieder Glanz.
    »Ja, Herr Dr. Hollwäg. Das wäre alles.«
    »Geschäftlich?«
    »Geht alles gut. Danke.«
    »Man munkelt, daß Sie Frau Erlanger heiraten werden?«
    Boltenstern lächelte höflich, was eigentlich schon eine Antwort war. »Wir werden das nächste Jahr abwarten müssen …«
    »Gestatten Sie mir, Ihnen jetzt schon zu gratulieren. Die Wollhagen-Werke sind eine sehr solide Firma. Sehr solide. Keine Krisen, für Jahre mit Aufträgen eingedeckt.« Dr. Hollwäg hatte Hochachtung vor guten Bilanzen.
    »Sie werten meine Patente aus«, sagte Boltenstern schlicht.
    »Wir sollten uns einmal näher unterhalten, Alf.«
    »Das wäre bestimmt ein fruchtbares Gespräch.«
    Generaldirektor Dr. Hollwäg, früherer Wehrwirtschaftsführer, trennte sich von Boltenstern mit dem besten Eindruck und einigen noch stillen Plänen.
    Als nach dem massiven Kalten Büfett der freiere Teil, der Tanz, die Sektstunde und das whiskyumplätscherte Männergespräch begannen, als die Jugend zu twisten begann und die Damen in kleinen Gruppen zusammenstanden und über die Damen der anderen Gruppen sprachen, als es richtig gemütlich wurde, entschied sich in einer Ecke, nahe dem himmelblauen Samt des Zeltdaches, das Schicksal des kleinen Kriminalassistenten Werner Ritter. Wer unbedingt laut schreien muß und wem man den Mund nicht zuhalten kann, den schickt man in den Wald oder in die Wüste, wo er

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