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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bestattung freigeben.«
    »Und wenn es Mord ist?«
    Dr. Lummer sah seinen jungen Assistenten fast väterlich an.
    »Ritter! Nicht immer mit Kanonen nach Fliegen schießen. Ich weiß, man sagt Spatzen … aber das hier ist eine kleine, dumme, erbärmliche Fliege! Vier Männer saufen und machen Ringelpietz mit Anfassen, und einer dreht durch! Sie sind noch jung, Ritter. Wenn Sie erst mal Mitte Vierzig sind, werden Sie die erschreckende Diskrepanz zwischen Wollen und Können auch entdecken.« Dr. Lummer erhob sich und legte die angerauchte Zigarre in einen blechernen Aschenbecher. Behördeneigentum. 8.15 Uhr. Die Zigarre wirkte. »Aber wenn es Mord ist, Ritter … so viel Glück können Sie gebrauchen! Es wäre für Sie das Sprungbrett zur Beförderung zum Kommissar –«
    Dr. Lummer eilte aus dem Zimmer.
    Er rauchte Zigarren zu 60 Pfennig … wenn es jemanden interessiert.
    Eine Stunde später empfing der Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus den Major a.D. Ritter.
    Zwischen Dr. Breuninghaus und Konrad Ritter bestand seit dem Lager 2.109 in Nowosibirsk eine tiefe, echte Freundschaft. Ritter hatte dem damaligen Oberleutnant Breuninghaus das Leben gerettet. Als es im Winter 1946 nichts zu essen gab und die Plennys als letzten Ausweg Hühnerfutter erhielten, vermischt mit kleinen, getrockneten, sprottenähnlichen Fischen, nach deren Genuß man einen höllischen Durst bekam, denn sie waren gesalzen, hatte Konrad Ritter, Leiter einer Häuserbau-Brigade, aus der Stadt Nowosibirsk Grieß und Mehl mitgebracht. Auf dem nackten Leib hatte er es ins Lager geschmuggelt, in Säcken, die er zwischen seine Beine schnallte, denn – so sagte sich damals Konrad Ritter – überall tasteten sie ab, aber nicht an dieser Stelle!
    Und so war es. Jeden Tag, wenn Ritter aus der Stadt ins Lager gebracht wurde, hatte er seine Säckchen mit Grieß und Mehl und einmal sogar mit kleinen Suppennudeln bei sich. Sie retteten Breuninghaus das Leben, der sich bei dem Hühnerfutter die Galle vor Ekel aus dem Leib würgte.
    Dr. Breuninghaus vergaß das nie. Bei jedem Divisionstreffen kam diese Geschichte zur Sprache, und Konrad Ritter wand sich unter dem Beifallsklatschen der Kameraden wie eine verschämte, alternde Diva, der man applaudiert, weil sie vor zwanzig Jahren einmal ›O Schatzi, fahr mit mir im Sündenkarussell‹ gesungen hat.
    »Das ist schön, Konrad, daß du mich in meiner muffigen Behördenbude besuchst!« rief Dr. Breuninghaus und drückte Ritter beide Hände. »Nimm Platz! Eine Zigarre? Auch 'n Kognak hab ich hier! Sogar obrigkeitssanktioniert, um verstockten kriminellen Elementen die Zunge zu schmieren! Haha! Alter Junge! Alter Schwede! Gut siehst du aus! Die Pensionäre! Ich sag es immer … geh in Pension und du wirst wieder jung! Vater Staat bezahlt die Revolte der Hormone! Du glänzt ja vor Frische. Kaum Falten in der Visage. Junge Mädchen, was, alter Gauner? Sah ein Knab' ein Röslein stehn … haha! Wie ist das so? Hältst du's noch aus? So junge Weiber sind nicht zufrieden mit einem Schaukeln und Killekille.«
    Konrad Ritter ließ den Redefluß ohne Unterbrechung über sich hereinstürzen. Erst als Dr. Breuninghaus Atem holte, schnippte er die Asche von seiner Zigarre.
    »Ich komme dienstlich zu dir, Hubert.«
    »Dienstlich? Mal nicht so geheimnisvoll, Konrad!« Dr. Breuninghaus hieb sich auf die Schenkel. »Süße Kleine vernascht und noch keine sechzehn Jahre? Sieht aus wie zwanzig? Man kann ja nicht immer nach dem Personalausweis fragen! Verlangt man, wenn man ein Glas Milch trinkt, auch einen Nachweis aus dem Zuchtbuch? Haha! Konrad, alter Junge, sag, ist's so etwas?«
    »Nein!« Konrad Ritter sah auf seine Zigarrenspitze. »Mord!«
    Über das breite, lachende Gesicht Dr. Breuninghaus' fiel ein schwerer Vorhang. Alle Fröhlichkeit erstarrte.
    »Mord …«, wiederholte er irritiert.
    »Oder auch nicht, darauf kommt es an! Mein Junge …«
    »Tüchtiger Kriminalist. Habe von ihm gehört.«
    »… mein Junge recherchiert auf Mord! Dabei ist es ein Selbstmord. Ein Unfall, wenn man so will. Einer unserer Kameraden –«
    Dr. Breuninghaus sprang auf. Er war ehrlich entsetzt. »Einer von uns?« rief er.
    »Erlanger.«
    »Unser Millionär? Was ist mit dem?«
    »Heute morgen gegen fünf Uhr rief Boltenstern im Präsidium an. Erlanger hatte sich umgebracht. Mit einem Schal erdrosselt. In einer Trinkerpsychose, anders ist es nicht erklärlich. Und jetzt geht mein Junge hin und behauptet: Das ist Mord.«
    Dr. Breuninghaus kratzte sich

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