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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Größe deutscher Seele! Aber typisch ist das! Typisch! Nach jedem verlorenen Krieg wird der Deutsche pervers und wühlt in seiner eigenen Scheiße!«
    »So können wir nicht miteinander reden, Vater«, sagte Werner Ritter steif.
    »Nein! Das können wir nicht.« Konrad Ritter lehnte sich erschöpft gegen den Tisch. Er spürte einen plötzlichen Schwächeanfall. Die Aufregung war zu groß gewesen. Der eigene Sohn stand abseits. Wer soll das ohne Erschütterung erkennen? »Du ermittelst also weiter in Sachen Erlanger.«
    »Ja, Vater.« Das klang endgültig. Konrad Ritter nickte.
    »Gut denn«, sagte er seufzend, und jetzt sprach er wie ein alter, müder Mann. »Dann muß ich Dr. Breuninghaus ganz deutlich sagen, daß er meinem Sohn auf die Finger schlägt. Ahnst du wenigstens, wie schwer ein solcher Gang für einen Vater ist?«
    Werner Ritter schwieg. Er drehte sich herum und verließ das Zimmer. Wenig später klappte auch die Flurtür. Konrad Ritter war wieder allein.
    Er setzte sich, legte die Hände flach auf die Knie und starrte ins Leere. »Mein Junge«, sagte er leise, »es gibt Dinge, die du noch nicht verstehst …«
    Am Mittwochmorgen war die Laboruntersuchung beendet. Professor Ebbertz hatte selbst zwei Tage lang die Löschpapierschnipsel analysiert. Das Ergebnis war mager, wenn man den Bericht las … ließ man alle Umschreibungen und Fremdwörter weg, war es gleich Null.
    Die Flüssigkeit, mit der das Löschblatt getränkt worden war, ließ sich nach diesem hohen Verdunstungsgrad nicht mehr feststellen. Nur soviel war herausgekommen: Spuren von Weinsäure konnte man nachweisen.
    Das Papier war also mit Wein oder Sekt in Berührung gekommen. Von Rückständen eines Rauschgiftes konnte gar keine Rede sein.
    Oberstaatsanwalt Dr. Breuninghaus bestellte den Kriminalassistenten Werner Ritter zu sich. Er ließ nicht bitten – er bestellte. Jeder deutsche Beamte kennt diesen Unterschied und kneift die Backen zusammen. Auch Kriminalrat Dr. Lummer, das ›Kotelett‹, sah Ritter skeptisch an.
    »Das geht ins Auge, Ritter, passen Sie auf«, sagte er ahnungsvoll. »Ich habe Sie gewarnt! Mord! Wo alles klar auf der Hand liegt! Denn man los … gehen Sie straffen Halses zum Oberstaatsanwalt. Denken Sie an Robespierre, der klagte auch nicht auf den Stufen der Guillotine! Und wenn Sie wiederkommen, kriegen Sie von mir Ihre Zigarre!«
    Dr. Breuninghaus sah Werner Ritter kurz an, als er eintrat. Dann beugte er sich wieder über die Akten, denn auch das ist eine Eigenart deutscher Beamter, Untergebenen zu zeigen, wie sehr man beschäftigt ist. Auf die Glaubwürdigkeit kommt es dabei gar nicht an.
    »Sie kennen den chemischen Bericht?« fragte Dr. Breuninghaus kurz und abgehackt. Es war der preußische Offizierston, der Subalternen in die Knochen geht. Werner Ritter nickte.
    »Ja, Herr Oberstaatsanwalt.«
    »Und was haben Sie dazu zu sagen?«
    »Nichts.«
    »Das ist ja erstaunlich viel! Übernehmen Sie sich nicht damit, Herr Assistent!« Der Akzent lag klar auf dem Assistent. Er zeigte, wie armselig das Menschlein war, das da vor dem Oberstaatsanwalt stand. Ein Assistent. Ein besserer Briefmarkenanlecker.
    Werner Ritter wurde es ein wenig heiß unter der Hirnschale. Noch immer blätterte Dr. Breuninghaus in den Akten, eine deutliche Demonstration, wie gering er Ritter einschätzte. Werner war nicht gewillt, sich diese Behandlung gefallen zu lassen. Auch ein Beamter unterer Gehaltsstufe ist ein Mensch, und er hat einen persönlichen Ehrbegriff, der mindestens ebenso ausgeprägt ist wie der eines Oberstleutnants a.D.
    »Der Laborbericht sagt nichts – das stimmt«, sagte er mit fester Stimme. »Aber da sind noch andere Fakten. Zunächst die Verknotung des Schales um den Hals des Toten. So kann ein Selbstmörder nicht einen Schal um seine Gurgel legen …«
    »Hören Sie mal, Ritter!« Dr. Breuninghaus klappte die Akte zu und funkelte den Assistenten durch seine Brillengläser an. »Ihr Vater ist mein Freund und Kriegskamerad! Was das bedeutet, können Sie nicht ermessen …«
    Werner Ritter sah an die Decke. Nun fängt das hier auch schon an, dachte er betroffen. Und wenn sie sich in Rußland gegenseitig vom Galgen geschnitten hätten … was hat das mit einem Mord zu tun, der hier passiert ist und von dem keiner etwas wissen will?
    »… Nur aus Rücksicht auf Ihren Vater sage ich Ihnen nicht Dinge, die jeder andere von mir hören würde! Ritter! Ich spreche zu Ihnen als väterlicher Freund. Ich kenne Sie noch als

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