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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie möglich am Rand zu liegen, um jede Berührung zu vermeiden.
    So lag er zehn Minuten, starrte gegen die Decke und dachte an das Abendessen.
    Ein Speisesaal im altgriechischen Stil, mit Säulen und Kapitellen, die Kellner in griechischen Togen und Schnürsandalen, ein Boden aus Mosaikmarmor (er paßte nicht dazu, denn er war römisch!), in Abständen von mehreren Metern kleine Säulen mit qualmenden Kupferbecken, in denen wohlriechende Kräuter verbrannt wurden, ein Hauch von Ewigkeit lag in diesem Raum, eine Mißachtung des Modernen, bis aus einer Ecke laut eine Stimme dröhnte: »Ober, noch 'n Bier! Aber diesmal mit 'nem richtigen Feldwebel drauf, wenn ich bitten darf!«
    Und Boltenstern hatte vor sich hingenickt und gedacht: So ist es! Illusion ist alles …
    »Ein Ehemann sagt wenigstens gute Nacht!«
    Boltenstern schreckte aus seinen Gedanken. Er drehte den Kopf und sah schwach im Nachtlicht die blonden Haare Petras. Auch sie lag am äußeren Rand des Bettes … zwischen ihnen gähnte eine breite Leere, die Schlucht, von der Boltenstern gesprochen hatte.
    »Ich würde mir als Ehemann dumm vorkommen, gute Nacht ohne einen Kuß zu sagen«, sagte Boltenstern und gab seiner Stimme einen gleichgültigen Ton. »Ich habe von einer Ehe gewisse Idealvorstellungen, die auch bis zum gute Nacht reichen …«
    Petra schwieg. Boltenstern sah nicht, wie sie die Fäuste ballte und gegen den Mund preßte. Auf der Seite lag sie, die Beine angezogen, so daß die Knie aus dem Bett stachen, wie ein sprungbereites Tier war sie, mit engen, glitzernden Augen.
    Vor dem Fenster rauschte die Brandung. Vom Hafen her kehrten späte Gäste zurück. Sie sangen vom schönen Westerwald und der Heide, auf der ein Blümelein blüht. Ein deutscher Kegelklub.
    Ohne es zu wollen, entgegen aller Planungen, schlief Boltenstern ein. Das Meeresbrausen schläferte ein, der Flug hatte ihn ermüdet, die Anspannung, Petras Kühle mit noch größerer Kälte zu beantworten, hatte ihn mehr zermürbt, als er sich zugeben wollte.
    Mit einem leisen Aufschrei wachte er auf. Etwas Schweres war auf seine Brust gefallen … einen Augenblick drückte es ihm den Atem ab, er riß die Augen auf, sah nur Dunkelheit um sich, schlug mit den Armen und traf auf glatte, kühle Haut und einen sich auf ihm dehnenden, bewegenden, schlangengleichen nackten Körper.
    »Du schläfst …«, sagte eine samtweiche Stimme über ihm. »Du kannst wirklich schlafen neben mir … So gemein ist das, so widerlich gemein … Bin ich kein Mensch? Bin ich keine Frau? Und du schläfst … Weißt du, daß ich dich hätte im Schlaf erwürgen können … so hasse ich dich!«
    »Petra«, stammelte er ergriffen. Seine Hände glitten über ihren gewölbten nackten Rücken, über die Hüften, zu den kalten Schenkeln. Dann faßten sie zu und packten hart in die angespannten Rückenmuskeln.
    »Du tust mir weh …«, keuchte sie. Plötzlich wehrte sie sich, wollte weg von ihm, stemmte sich ab. Aber er hielt sie umklammert wie mit eisernen Bändern.
    »Ich will dir weh tun!« sagte er rauh. »Verdammt, schreien sollst du!«
    »Das wirst du nie erleben! Nie!« Sie stieß mit dem Kopf nach ihm, und er lachte heiser, warf sich herum und riß sie mit sich. Wie gekreuzigt lag sie unter ihm, und selbst in der Dunkelheit erkannte er noch das Glitzern ihrer Augen.
    »Gute Nacht, Frau Boltenstern!« sagte er laut.
    Und dann schrie sie auf, aber er hatte seine Lippen auf ihren Mund gepreßt, und ihr Schrei vergurgelte in seinem Mund … er atmete ihn ein wie ein betäubendes Gift …
    Am nächsten Morgen ging Boltenstern allein im Garten spazieren und wartete auf Petra, die zum Frühstück nachkommen wollte. Der Triumph in ihm war ungeheuer. Zum erstenmal hatte ein Mann den kalten Panzer Petras durchbrochen. Hinter dieser Kälte – das hatte er gewußt – glühte der Urstoff Mensch, und er bewunderte sich jetzt selbst, daß er nicht verbrannt war in diesem Feuer, das zum erstenmal freigelegt worden war und wie ein Vulkan sich verströmte.
    Mein lieber Richard, dachte Boltenstern und lehnte sich an die Balustrade, die die Caféterrasse vom übrigen Garten des Hotels trennte, du warst ein Genie. Wir alle erkannten es an. Aber du warst nicht der Mann für diese Frau! Dein Leben lief in Zahlen und Bilanzen ab, in Produktionsziffern und Exportaufträgen … um Petra zu entdecken, fehlte dir der Mut. Jetzt weiß man es. Du hattest Angst vor ihr, und deshalb flüchtetest du in die Arme bezahlter Mädchen. Dort konntest

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