Zum Sterben schoen
Beichtstuhl gesagt hatte. Sie unterbrach ihn nicht, spürte aber bei jedem neuen Detail, wie sie versteinerte. Ein oder zwei Sekunden lang war sie sogar erleichtert, dass sie das Ziel war, nicht ihr Bruder. Tommy hatte genug, um das er sich kümmern musste.
»Du nimmst das schrecklich gelassen auf.«
Mit fast vorwurfsvollem Ton machte ihr Bruder diese Bemerkung. Sowohl er als auch Nick warteten darauf, dass sie die Informationen verdaute, und beobachteten sie eingehend, als sei sie ein Schmetterling, der unter einem Glas gefangen war.
»Ich weiß nicht, was ich denken soll«, erwiderte sie. »Ich will nicht glauben, dass stimmt … was er sagte.«
»Wir müssen seine Drohung ernst nehmen«, warnte Nick sie.
»Diese andere Frau, über die er geredet hat … Millie. Er sagte dir, er hätte sie vor einem Jahr umgebracht?«, fragte sie.
»Er prahlte damit.«
Ein Schauder durchfuhr sie. »Aber wurde ihre Leiche je gefunden?«
»Er sagte, er hätte sie tief vergraben, wo niemand sie finden wird«, antwortete Tommy.
»Wir lassen den Namen durch das VICAP laufen«, warf Nick ein. »Ihr Computersystem speichert Informationen über ungeklärte Mordfälle. Es sucht nach möglichen Übereinstimmungen. Vielleicht haben wir ja Glück.«
»Ich glaube, was er mir gesagt hat. Ich glaube, er hat diese arme Frau umgebracht. Das hat er nicht erfunden, Laurant.«
»Hast du ihn gesehen?«, fragte sie.
»Nein«, erwiderte er. »Ich beendete die Beichte, als er mir erzählte, du seist sein nächstes Opfer. Ich sprang auf und stürzte hinaus.« Kopfschüttelnd hielt er inne. »Ich weiß auch nicht, was ich vorhatte. Ich war ganz schön aufgerüttelt.«
»Du hast ihn nicht gesehen? Er war bereits weg? Wie kann jemand so schnell sein?«
»Er war nicht weg.«
»Er hat ihn kalt gestellt«, teilte Nick ihr mit.
»Er hat was?«, fragte sie, der dieser Begriff nicht vertraut war.
»Er hat mich k.o. geschlagen«, erklärte Tommy. »Er wartete auf mich und erwischte mich von hinten. Ich weiß nicht, was er benutzt hat, aber ich kann von Glück sagen, dass er mir nicht den Schädel zertrümmert hat. Ich knallte hart auf den Boden. Und als Nächstes erinnere ich mich daran, dass sich Monsignore über mich beugte. Er dachte, ich sei wegen der Hitze in Ohnmacht gefallen.«
»Mein Gott, du hättest getötet werden können.«
»Beim Footballspielen habe ich schon üblere Schläge eingesteckt.«
Laurant ließ sich von Tommy zeigen, wo er getroffen worden war. Als sie die Beule in seinem Genick berührte, zuckte er zusammen. »Es schmerzt noch«, sagte er.
»Vielleicht sollte sich das einmal ein Arzt ansehen.«
»Das kommt schon wieder in Ordnung, aber verdammt noch mal, ich wünschte, ich hätte sein Gesicht gesehen.«
»Ich möchte mir gerne das Band anhören. Hast du seine Stimme erkannt?«
»Nein.«
»Vielleicht werde ich es.«
»Er flüsterte größtenteils.«
Tommy hatte Angst. Sie sah es an seinem Blick und hörte es in seiner Stimme, als er sprach.
»Dir wird nichts passieren, Laurant. Wir werden dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist«, versprach er inbrünstig mit einem Nicken zu Nick hin.
Lange Zeit schwieg sie und starrte nur auf den tropfenden Wasserhahn am Spülbecken auf der anderen Seite des Raumes. In ihrem Kopf drehte sich alles.
»Du kannst doch nicht so gleichgültig darauf reagieren«, warnte Tommy sie.
»Das tue ich nicht.«
»Warum bist du dann so ruhig?«
Sie stützte die Ellenbogen auf den Tisch, senkte den Kopf und presste die Fingerspitzen gegen die Schläfen. Ruhig? Sie wusste, dass sie eine Expertin darin war, ihre Gefühle zu verbergen – jahrelang hatte sie das getan –, aber sie war überrascht, dass ihr Bruder nicht merkte, wie erschüttert sie war. Sie fühlte sich, als wäre gerade eine Granate in ihrem Kopf explodiert. Ihre ruhige, friedliche Welt war gerade in die Luft geflogen. Sie war alles andere als ruhig.
»Tommy, was soll ich denn tun?«
»Ich werde dir sagen, was du nicht tun kannst. Du darfst keinerlei Risiko eingehen, Laurant, bis das alles vorbei ist und sie ihn gefasst haben. Du kannst nicht in Holy Oaks bleiben.«
»Wie kann ich denn weggehen? Meine beste Freundin heiratet, und ich bin ihre Brautjungfer. Das möchte ich nicht verpassen. Und du weißt, dass mein Geschäft in zwei Wochen eröffnen soll und immer noch nicht fertig ist. Dann findet die öffentliche Anhörung wegen des Platzes statt. Die Leute dort verlassen sich auf mich. Ich kann nicht einfach alles
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