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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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ich nie wieder aufhören. Sie sang nicht mehr und hörte mich sicher, und es war mir egal. Mein warmer Urin füllte die glibberige Flasche. Ein Liter, höchstens. Vom Platzen war ich also noch weit entfernt gewesen.
    Als ich die Flasche verschlossen und in der Papptüte verstaut hatte, herrschte zwischen mir und Gritli eine Art Toilettenintimität. Wir waren Verbündete geworden, sie war meine Compañera.
    »Soll ich versuchen, dein Indiz zu retten?«, sagte Gritli.
    »Kannst du das?«
    Da trommelte es von außen an die Fahrstuhltür. Es war Frau Puvogels Stimme. Gritli und ich waren merkwürdig aufgeschreckt.
    »Sind Sie da drin? Können Sie mich hören? Brennt es? Ich rieche Rauch!«
    »Schade«, sagte Gritli.
    »Frau Puvogel«, rief ich, »hier drin sind wir, Frau Puvogel, hallo.« Natürlich war das unsinnig, klar waren wir hier drin.
    Gritli legte mir die Hand auf den Arm und sah mich fragend an. Wir vernahmen ein Hebelgeräusch und sahen, wie sich ein Stemmeisen durch die Ritze zwischen den Fahrstuhltüren schob. Wir hörten Frau Puvogels Ächzen. Ganz allein hatte sich die gute Frau an die Arbeit gemacht. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Durch den Schlitz sah ich Frau Puvogels Gesicht, ihre lila Nägel griffen wie Brecheisen in die Türen und spreizten sie tatsächlich.
    »O Gott«, rief sie, »ist das schwär!«
    Ich sprang hinzu und half von der anderen Seite. Der Fahrstuhl stand zwei Handbreit unterm sechsten Stock. Zentimeterweise gaben die Türen nach.
    »Drecksding«, schnaufte meine Vermieterin und stemmte sich mit der Wucht ihres barocken Körpers zwischen die Türen. »Penner Security Firma!«
    Hinter ihr erschienen mehrere junge Männer in Matrosenhemden, von denen sie sich widerstrebend helfen ließ. Schließlich war der Spalt groß genug. Ich nahm Gritli auf die Arme – sie war leicht wie ein Vogel, aber unkooperativ wie ein Sack –, und die Matrosen hoben die Krücken heraus. Gritli hielt sich etwas mehr als nötig an mir fest, bis sie schließlich wieder sicher stand.
    »Schlimm«, sagte Frau Puvogel, die in eine Wolke heißer Parfümschwaden gehüllt war, »wenn man behindert ist.« Bei »behindert« benutzte sie gestisch dargestellte Gänsefüßchen.
    Ich bedankte mich.
    »Und denk an meine Flasche«, rief mir Gritli nach.
    Ich hörte ihre Stimme nur wie durch Watte. Frau Puvogels Mund bewegte sich, aber es war egal. Das warme schwabbelnde Urinal in meiner Tüte, dieses ganze unerhörte Ereignis, das Gritli und michnun verband. Mit zitternden Knien lief ich die vierzehn restlichen Stockwerke hinauf in mein Apartment. Mutter hatte mich immer vor der großen Stadt gewarnt.

LUSTGREISENGRUFT
    Herr Müller im Bett mit Natascha. Sie trägt goldene Strapse und hüpft auf ihm herum, als wollte sie ein Pferderennen gewinnen. Ihre gepiercten Brustwarzen, dick wie Zigarrenstummel, federn. Natascha ist ukrainischstämmig mit deutschem Pass, geldgeil wie eine Thai, biegsam wie eine Gerte und diebisch wie eine Elster. Sie war früher der Star im »Aphrodite« und arbeitet jetzt freiberuflich in Rizz. Sie ist mit dem Taxi gekommen, Natascha will er Pilz nicht zumuten.
    »Willst du eine Pille?«, fragt er und hält ihr die Dose hin.
    »Lass mal. Hab ’ne Line gezogen und ’nen Joint geraucht, aber nur, damit das Ecstasy länger anhält. Yippieh!«
    Sie schwenkt ein unsichtbares Lasso, wie beim Rodeo. Müller sieht sich im Deckenspiegel und fühlt sich männlich. Die Müllerin beschuldigt ihn, seiner Behinderung wegen Nuttensex mit besonders greller Lust zu exekutieren. Wenn er sie dann auslacht, wird sie immer gemeiner, immer schärfer, gepeitscht vom Drang, ihn maximal zu kränken, einfach, weil er ist, wie er ist.
    Es gibt kein Schimpfwort, das die Müllerin seinem enormen Bett noch nicht gegeben hat: Schweinebett, Lustgreisengruft, Fickwiese, Barbaricum, Hobelbank für Fotzenhobel. Er kichert. Dieses Weib und sein großes Maul.
    »Was is denn?«, fragt Natascha.
    »Nicht sprechen«, sagt er. »Zeig mir lieber dein Fötzchen!«
    Außerhalb der Müllerin existieren weitere Stränge seines Sexuallebens. Zum einen die »Altlasten«: Swinger-Paare oder -Einzeldamen,die ihn schon seit vielen Jahren besuchen, zum anderen die »temporären Auferstehungen«, Exgeliebte, mit denen er hin und wieder eine reminiszente Nacht verbringt, um sich ihrer Gunst zu vergewissern. Der dritte Strang ist Müllers Mäzenatentum: »Neuanschaffungen«, junge Schauspielerinnen, die er fördert und die sich mitunter

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