Zur Liebe verurteilt
Daß die Knöpfe sie gedrückt hatten, war nicht gelogen. Auch der Baumwollstoff kratzte sie an der Haut und quälte ihr Herz.
Dorie zog das Hemd auseinander und schmiegte den Kopf an seine nackte Brust. Woraufhin Cole die Augen himmelwärts verdrehte und ein paar stumme Flüche von sich gab.
Lächelnd und so glücklich wie noch nie im Leben preßte Dorie die Lippen auf seine Haut und küßte sie, ohne sich etwas dabei zu denken.
»Hör auf!« befahl er, packte sie an den Schultern und schob sie weg. Obwohl er eher flüsterte, als daß er schrie, war sein Ärger unüberhörbar.
Dorie sah ihn verwirrt an. Ihr war gar nicht bewußt, was sie getan hatte. Sie hatte die nackte Brust eines Mannes geküßt - was natürlich verboten war. Warum sie es getan hatte, wußte sie nicht mehr.
»Ich ... ich bitte um Verzeihung, Mr. Hunter«, sagte sie schuldbewußt. Offenbar wünschte er keine Berührung mit ihr, die sich nicht unbedingt aus ihrer Lage ergab. Im Bruchteil einer Sekunde wurde ihr eben noch so weicher, nachgiebiger Körper starr und steif. »Ich weiß gar nicht, was über mich gekommen ist, Mr. Hunter, ich...«
»Laß das!« sagte er grob, denn sie versuchte gerade, das Hemd wieder zusammenzuziehen, um es zuknöpfen zu können.
»Aber ich ...«
Er drückte ihren Kopf herunter, so daß sie nicht weitersprechen konnte.
Doch Dorie blieb einfach nicht still liegen. Sie war sicherlich müde, aber gleichzeitig so voll Energie wie nie zuvor. Sie sagte sich zwar, daß sie sich wie eine Dame zu benehmen habe. Doch dann fragte sie sich, was es für einen Sinn hätte, sich wie eine Dame zu benehmen, wenn sie doch höchstwahrscheinlich in den nächsten 24 Stunden sterben mußte. Sobald dieser schreckliche Ford merkte, daß gar kein Gold vorhanden war, würde er bestimmt nicht lachend sagen: >Da habt ihr mir aber einen schönen Streich gespielt!< Und er würde sie nicht laufen lassen, sondern ihnen beiden ohne Bedenken eine Kugel in den Kopf jagen. Dann könnte man auf ihren Grabstein schreiben: »Sie war eine Dame bis zum Ende.«
»Ist es sehr schön?« fragte sie Cole.
»Was soll schön sein?« brummte er, scheinbar ärgerlich, daß sie ihn nicht zum Schlafen kommen ließ.
Und sicherlich hätte sie auch nichts mehr gesagt. Doch jetzt lag ihr Ohr an seiner Brust, und sie hörte sein Herz so schnell schlagen, daß er sowieso nie hätte einschlafen können. Er war genauso wach wie sie.
»Wenn man sich im Bett liebt«, flüsterte sie, »ist das sehr schön?«
Da er nicht antwortete, fuhr sie fort: »Rowena will mir nichts darüber erzählen. Ich weiß zwar, wie ... wie es vor sich geht, aber ich weiß nicht, was man dabei empfindet. Rowena sagt, der Ehemann wird seiner Frau schon alles beibringen, was sie wissen muß. Aber ich habe doch immer geglaubt, ich kriege nie einen. Ich meine, einen Ehemann.« Nach kurzem Zögern sagte sie rasch: »Nein, nein, du bist ja nicht wirklich mein Ehemann, das weiß ich. Aber wie es aussieht, werde ich nie wieder einen kriegen, und deshalb dachte ich, ich frage dich.«
Sie wartete eine Weile. Er zögerte die Antwort so lange hinaus, daß sie schon dachte, er würde gar nichts mehr sagen.
»Ja, es ist schön«, sagte er schließlich. »Aber ich glaube, es könnte noch viel schöner sein.«
Sie hob den Kopf und sah ihn erstaunt an. Sofort drückte er ihren Kopf wieder herunter. Sie sollte sich wohl keinen Zentimeter von ihm fortbewegen. »Mich kannst du nicht danach fragen. Ich weiß nur über Hurerei Bescheid. Ich mußte es immer schnell erledigen, es so fix wie möglich hinter mich bringen, bevor jemand mit der Schrotflinte kam oder ein anderer die Hure haben wollte.«
»Aber bestimmt...«
»Vielleicht war es ein paarmal schöner, aber ich habe mich immer gefragt, wie es mit einer Frau sein würde, die mir gehört und nur für mich da ist.« Er senkte die Stimme. »Mit einer Frau, die noch nie einem anderen Mann gehört hat und auch nie einem anderen gehören wird. Nur mir.«
»Ich habe noch nie ... einen Mann gehabt«, sagte sie leise.
»Ich weiß. Deshalb verdienst du auch etwas Besseres als einen alternden Revolverhelden.«
»Oh«, sagte sie. »Heißt das, daß du zu alt bist, um ... um zu ...?«
Sie war sich nicht sicher, ob sie nun genau das Richtige gesagt oder wieder ins Fettnäpfchen getreten war. Er jedenfalls drehte ihr Gesicht zu sich und küßte sie. Es war ein Kuß, wie sie sich ihn erträumt hatte. In jenen Tagen, da sie stillschweigend bei ihrem Vater sitzen
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