Zurück in Virgin River (German Edition)
exakt die richtigen Fragen.
„Wie sieht es mit Ihrem Schlaf aus? Schlafen Sie gut?“, erkundigte sich Jerry.
„Keine Ahnung. Nicht so besonders.“
„Was stört Ihren Schlaf?“, hakte Jerry nach.
„Eine Menge Sachen“, antwortete Rick. „Irak, Beinschmerzen und so’n Zeug.“
„Okay, dann mal von Anfang an. Wir haben über den Irak gesprochen. Wollen Sie, dass wir noch mal darüber sprechen? Weil es Ihren Schlaf beeinträchtigt?“
„Wie meinen Sie das?“, fragte Rick.
„Haben Sie Albträume? Posttraumatische Belastungsstörungen, Bilder, die Sie nicht mehr aus dem Kopf bekommen? Was macht Ihnen zu schaffen?“
„Ja, ich habe manchmal Albträume. Vermutlich werde ich die immer haben.“
„Erzählen Sie mir von diesen Albträumen.“
„Und wenn ich nicht will?“
„Na ja, das ist Ihr gutes Recht. Aber ich erkläre Ihnen mal, wie die Therapie normalerweise funktioniert. Wenn man etwas ans Licht bringt, um es genauer zu betrachten, hilft es dem Gehirn manchmal, auf einer bewussten und vernünftigen Ebene damit umzugehen. Anders als das Unterbewusstsein damit umgeht. Und manchmal verschwinden solche Albträume danach sogar. Deshalb lautet meine spezifische Frage: Wie sehen IhreAlbträume aus? Geht es generell um den Irak? Oder um einen ganz speziellen Vorfall? Ihre Verletzung?“
Rick schüttelte den Kopf und versuchte gleichzeitig, die Frage zu ignorieren, aber das klappte nicht. Als er Powell anschaute, sah dieser ihn erwartungsvoll an. „Es gab da etwas, das passierte und das ich nicht mehr loswerde. Die Truppe vor uns flog in die Luft. Elf Kameraden starben. Nur einer überlebte. Manchmal träume ich, ich bin dieser Überlebende. Ich würde lieber sterben, als der einzige Überlebende zu sein. Wissen Sie, was ich meine?“
„Haben Sie sie sterben sehen?“
„Sie wurden vor unseren Augen in tausend Stücke zerrissen. Es war ein echter Albtraum, nur dass wir alle wach waren.“
Rick bereitete es ein perverses Vergnügen, Jerry zusammenzucken zu sehen. Ja, das war so ziemlich der schlimmste Anblick, den ein Mensch ertragen kann.
„Verfolgt Sie dieses Bild auch in Ihren Albträumen?“, fragte Jerry.
„Manchmal.“
„Und andere Dinge?“
„Manchmal. Ich habe im Irak jemanden getötet und dessen Gesicht gesehen. Ich war aber eigentlich viel zu weit weg, um es sehen zu können. Aber ich schwöre, dass ich seinen Gesichtsausdruck sah. Es war, als ob er gesehen hätte, dass ich ihn erschieße. Manchmal träume ich auch davon.“
„Macht es Ihnen zu schaffen? Rauben Ihnen die Schuldgefühle den Schlaf? Was bewirkt das in Ihrem Kopf?“
Rick dachte kurz darüber nach. „Es macht mir nichts aus“, sagte er. „Es tut mir nicht leid. Aber ich frage mich, weshalb ich nicht erschossen wurde. Wir haben aufeinander gezielt, und ich hatte einfach mehr Glück als er. Wir konnten seine Leiche nicht finden. Es gibt also noch die Möglichkeit, dass er es überlebt hat. Aber ich weiß nicht, wie.“
„Was ist passiert, als Sie verwundet wurden?“
„Daran kann ich mich nicht erinnern.“
„Vielleicht ist das eine glückliche Fügung“, meinte Jerry. „Essei denn, Ihr Versuch sich daran zu erinnern und die Geschichte aus dem Unterbewusstsein hochzuholen, bringt Sie um den Schlaf.“
„Nein. Es ist einfach nur nichts da. Ich patrouillierte durch die Straße, und dann wachte ich in einem Krankenhaus in Deutschland auf.“
„Was ist mit den Schmerzen? Sollten Sie nicht längst schmerzfrei sein? Es ist schon lange her, und Sie nehmen regelmäßig Medikamente.“
„Ja. So langsam wird es.“
„Okay, dann kümmern wir uns gleich um das, was Sie mit so’n Zeug gemeint haben.“
„Hä?“
„Sie sagten: Irak, Schmerzen und so’n Zeug.“
Rick lächelte. „Für jemanden, der sich keine Notizen macht, haben Sie ein erschreckend gutes Gedächtnis.“
„Also, was ist das für ein Zeug?“, fragte Jerry noch einmal, ohne sich ablenken zu lassen.
„Na gut. Ich denke sehr oft an meine Freundin.“
„Auf welche Art denken Sie an sie?“
„Das ist kompliziert …“
„Ich bin eigentlich ziemlich klug. Vermutlich würde ich sogar begreifen, worum es geht“, erwiderte Jerry.
„Sie macht mir das Leben schwer.“
„Ach?“
„Sie hasst mich.“ Jerry schwieg, und seine Geduld verwirrte Rick. „Ich weiß, dass ich grausam zu ihr war, als ich ihr sagte, dass wir nicht mehr zusammen sein können. Ich hatte mir vorgestellt, dass sie weinen würde oder so, und dass sie dann aber
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