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Zurück in Virgin River (German Edition)

Zurück in Virgin River (German Edition)

Titel: Zurück in Virgin River (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
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unterhalb des Knies schien ein Kinderspiel zu sein – Rick musste neu lernen, das Gleichgewicht zu halten, und er musste lernen, wie man ein mechanisches Knie bewegte. Ehrlich gesagt zog er den Rollstuhl seinen Krücken vor. Der Rollstuhl musste aber ebenfalls ausbalanciert werden, damit er nicht vornüberkippte, weil ihm ein Bein als Gegengewicht fehlte. Dennoch fuhr er lieber damit herum, als sich mit der Gehhilfe abzumühen. Doch im Rehazentrum bestand man darauf, dass er die Gehhilfe, mit der er sich wie ein alter Mann fühlte, benutzte. Außerdem hatte er immer noch Schmerzen. Sein Fuß, der nicht mehr da war, schmerzte dermaßen, dass Rick manchmal glaubte, den Verstand zu verlieren.
    So war der Schmerz eigentlich gerade noch erträglich, aber sobald Rick die Prothese belastete, verstärkten sich die Phantomschmerzen und machten ihn verrückt. Vor allem nachts. Dieses Problem, so erklärte man ihm, war leider nicht so leicht zu beheben. Es hing davon ab, wie gut man die Nerven trainieren konnte, und das war eine langwierige und frustrierende Übung. Jetzt machte Rick seine Gehübungen am Barren.
    In der Rehaklinik hatte er sich darauf konzentriert, das Bein ausgestreckt zu halten, damit mögliche Kontraktionen der Schenkelmuskeln seines amputierten Beins vermieden wurden. Man hatte ihn gezwungen, sich in Bauchlage, wie man es dort nannte, zu begeben und den Stumpf zu heben, um die Hüfte zu dehnen. Danach musste er sich am Barren festhalten, während der Therapeut seinen Stumpf nach hinten zog. Diese Übung sollte er, auch wenn er alleine war, ständig wiederholen. Doch das hatte Rick nicht getan. Er wusste selbst, dass er sich nicht genug um seine Fortschritte kümmerte. Er wusste ebenfalls, dass er es irgendwann bereuen würde. Trotzdem fiel es ihm einfach schwer, sich ausreichend zu motivieren.
    Dann gab es da auch noch diese Gruppensitzungen, die Rick unerträglich fand. Es lief nach dem Motto, alle kommen zusammenund sprechen darüber, wie es sich anfühlt, wenn man seine Gliedmaßen verliert oder nicht mehr in der Lage ist, seinen Körper von der Hüfte abwärts zu bewegen. Toller Spaß ! Lasst uns mal ein bisschen drüber reden, wie kaputt euer Hirn ist, wenn ihr beschossen, in die Luft gejagt oder zerstückelt worden seid. Oder, was haltet ihr von einer ordentlichen Heulrunde mit anschließendem Gruppenkuscheln? Und dann der Gipfel: Akzeptiere das Lob des Gruppensprechers – der übrigens noch beide Arme und Beine hat und auf keinen Rollstuhl angewiesen ist – weil du vor den Jungs alles rausgelassen und geheult hast.
    Rick war sich nicht sicher, ob er das noch lange ertrug. Noch schlimmer fand er allerdings den Gedanken, in diesem Zustand nach Hause zurückzukehren. Sein Hirn glich einem Haufen Spaghetti, und sein fehlendes Bein sah übler aus als das von Käpt’n Ahab aus Moby Dick.
    Dennoch musste Rick zugeben, dass es in den Wohneinheiten viel besser war als im Krankenhaus, vor allem, weil er sich frei bewegen durfte. Die Männer dort litten alle unter irgendeiner Art von Behinderung, und sie bewegten sich andauernd zwischen den physiotherapeutischen Anwendungen im Krankenhaus und der Wohnung hin und her. Ebenso gefielen ihm die Gespräche über Kinofilme, Freunde und Familien sowie der Austausch von Snacks und Büchern. Ricks Zimmergenossen waren viel entspannter und ehrlicher als er. Sie gingen miteinander um wie Soldaten einer Einheit. Die Krüppeleinheit. Doch sie konnten wenigstens gemeinsam über die Psychoterroristen herziehen und über ihre Therapeuten, Familien oder Freundinnen zu Hause, die einfach nichts zu kapieren schienen. Außerdem musste man sich dort auch nicht die Seele aus dem Leib schreien oder heulen, um alles richtig zu machen.
    Rick konnte sich auch weder über das Essen noch das Wetter beklagen. Und er erinnerte sich nicht daran, dass das Marine-Korps ihn jemals so gut verpflegt hatte. San Diego im April kam ihm vor wie das Paradies. Die Sonne schien hell und warm, und der frische Wind roch leicht nach Meer. Nachts war der Himmelgewöhnlicherweise sternenklar. Es sei denn, ein Sturm zog über der Küste auf und tauchte den Ozean in ein gespenstisches Licht. Rick verbrachte so viel Zeit wie möglich draußen. Meist lag er entweder auf einem Liegestuhl im Garten oder vor dem Haus, um Sonne zu tanken. Die Sonne Kaliforniens erschien ihm so viel angenehmer als die fiese, brutale Wüstensonne im Irak.
    In Virgin River hatte die Sonne nie so oft geschienen. Meist verschwand sie

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