Zutritt verboten
Raketenstadt am Fuße des Anlon-Gebirges hatte in den letzten Jahren viel von sich reden gemacht. Noch vor zwölf Monaten wäre es uns unmöglich gewesen, die streng geheimen Anlagen zu sehen – geschweige denn, sie zu betreten. Nun wurden wir von einem Oberst des allmächtigen Geheimdienstes direkt hingeflogen. Eigentlich war es noch immer unvorstellbar.
Ich brannte vor Neugierde, aber weniger auf Wolkowgrad, als auf das Hauptquartier der russischen Geheimabwehr. Wenn mich nicht alles täuschte, hatten die Leute da eine großartige Anlage zur Verfügung.
Hannibal stieß einige Brummlaute aus, als weit unter uns die Befestigungsanlagen auftauchten. Es waren verschiedene Abwehrringe, alle ausgestattet mit gepanzerten Raketenbatterien, hochwertigen Radarstationen und Infrarot-Ortern.
Auf den Höhenzügen drohten massive Forts. Zwischen den einzelnen Abschußpisten gab es keinen Strauch und keinen aufragenden Felsblock. Da kam keine Maus unbemerkt durch, das war sicher.
Außerdem sah ich überall noch kleine Startplätze für die Ato-Jäger der Raum- und Luftabwehr. Mächtige Schächte im Boden wiesen auf Fernkampfgeschosse hin. Man hatte allerlei unternommen, um diese Industrieanlagen zu sichern.
Oberst Karenin lächelte fast resignierend, ehe er mit einer umfassenden Handbewegung sagte:
»Wozu das alles! Milliarden Rubel haben wir geopfert, und nun kommt eine Macht, die uns mit einem Fingerdruck auslöschen kann. Uns alle, wohlbemerkt. Es wird Zeit, meine Herren.«
Über dem Pilotensitz leuchtete eine kleine Bildfläche auf. Nebenan zuckten helle Linien über einen anderen Schirm. Karenin beugte sich rasch nach vorn und schob einen hauchdünnen Metallstreifen in den Schlitz des Automaten.
»Identifizierung«, erklärte er. »Das haben Sie ja auch. Wir haben es nur noch etwas komplizierter ausgelegt. Wenn das Robotgerät einen einzigen Magnetimpuls falsch abtastet, reagieren die positronischen Zielgehirne der Raketenbatterien sehr unfreundlich. Es ist schon einmal passiert. Von der Maschine war nur noch eine radioaktive Wolke zu sehen.«
»Sie sind ein Gemütsmensch«, fuhr der Zwerg auf. Allmählich schien er seine Sprache wiedergefunden zu haben.
»Sagen Sie uns lieber, was wir hier eigentlich sollen. Ich komme mir vor wie ein Fisch am Angelhaken.«
»Wir alle sind kleine Fische«, entgegnete Karenin. »Aber warten Sie nur. Wir sind gleich da.«
»Gleich« bedeutete für ihn eine halbe Stunde. Die Industriezentren lagen schon hinter uns, als aus den Flanken des Gebirges einige bunkerähnliche Bauten auftauchten.
Noch näher gekommen, entpuppten sie sich als Kolosse – und doch war von ihnen nur ein Bruchteil zu sehen.
»Natürlich unterirdisch«, beantwortete Karenin meinen fragenden Blick. »Wie könnte es auch anders sein. Die Berge bieten einen guten Schutz.«
»Trotzdem haben Sie hier überall Radioaktivität«, warf Hannibal ein. Er blickte mißmutig auf sein Gammazählgerät, aus dem soeben wieder ein helleres Knistern drang.
»Nur wenige Durchgänge«, meinte der Oberst gleichmütig. »Weiter nördlich und östlich ist es schlimmer. Wie würde es Ihnen in den wilden Urwäldern gefallen? Es wird schon kalt; nachts gefrieren die Sümpfe. Seit fünf Nächten heulen die Monstren.«
Seine Augen flackerten. Mir lief es wieder kalt über den Rücken.
»Monstren?« flüsterte ich. »Welche Monstren? Sie meinen Nachahmungen?«
»Nein, andere Geschöpfe. Ich werde Sie in die Urwälder schicken müssen, Major! Weit von hier, im Dreieck zwischen Jena und Wiljuj, kam es vor Jahren zu einer fürchterlichen Katastrophe, als
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