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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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ihm abgeschossenen Pistole zu seinem unbeschreiblichen Schrecken, daß sein Gegner niemand anderer als Porthos sei. Dieser, der auch d'Artagnan erkannte, stieß einen Schrei der Überraschung aus und rief dann, während das Duell natürlich abgebrochen wurde, mit lauter Stimme: »Aramis, nicht schießen – das sind unsere Freunde!« Ein paar schnell erteilte Befehle beendeten den hitzigen Kampf, der nur unter des Herzogs Leuten Opfer gefordert hatte. Porthos verständigte den Herzog von dem wunderlichen Zusammentreffen und die vier Freunde traten, ein wenig beschämt und ratlos, zu einer Besprechung zusammen.

Place-Royale
    Athos nahm zuerst das Wort; er tat der alten, so oft erprobten Freundschaft Erwähnung, die die vier Edelleute bisher so fest miteinander verbunden hatte, und bedauerte es von ganzem Herzen, daß je zwei und zwei sich nun im Lager einander feindlicher Parteien fänden. Wie immer die Dinge sich auch gestalten sollten, so erwarte er doch, daß man seinem Vorschlag, das liebe, alte Einvernehmen durch diesen widrigen Vorfall nicht zerstören zu lassen, ungehindert von der Verschiedenheit der politischen Stellung der vier Kameraden, allgemein zustimmen werde. Dieser Rede folgte eine kurze Auseinandersetzung Athos' mit dem hitzigen Gascogner, der ein bißchen murrte, aber schließlich der Erneuerung des Freundschaftsbundes am lebhaftesten zustimmte. Die vier Männer reichten einander die Hände und schwuren sich feierlich, was immer auch kommen sollte, nie das Schwert gegeneinander zu führen und schieden nach herzlicher Umarmung, froh, diese peinliche Affäre so glücklich zu Ende geführt zu haben. Athos und Aramis gingen zum Herzog zurück, während d'Artagnan und Porthos, wenig erfreut, den Flüchtling wieder entweichen lassen zu müssen, den Rückweg nach Paris antraten. Als Mazarin von dem Mißerfolg erfuhr, den d'Artagnan bei Verschweigung der Namen seiner feindlichen Freunde einer allzugroßen Übermacht des Gegners zuschrieb, hatte er eine schlaflose und sehr unruhige Nacht zuzubringen.

Der gute Broussel
    Indes war zum Unglück für den Kardinal Mazarin, dem in diesem Momente nichts nach Wunsch ausfiel, der Ratsherr Broussel nicht zermalmt worden. Er schritt in der Tat ruhig über die Straße Saint-Honoré, als ihn das dahinbrausende Pferd d'Artagnans an die Schulter stieß und zu Boden warf. Man lief herzu, man sah diesen ächzenden Mann, man befragte ihn um seinen Namen, seine Wohnung, seinen Stand, und als er geantwortet hatte, daß er Broussel heiße, und Parlamentsrat sei, und daß er in der Gasse Saint-Landry wohne, erhob sich in dieser Menge ein Schrei, ein furchtbar bedrohlicher Schrei, der den Verwundeten ebenso erschreckte als der Orkan, der eben über ihn brauste.
    »Broussel,« ward gerufen. »Broussel, unser Pater, er, der unsere Rechte beschützt; Broussel, der Freund des Volkes, getötet, von diesen Bösewichtern mit Füßen getreten! Zu Hilfe! zu den Waffen! Gewalt!«–Die Menge wuchs in einem Augenblick unermeßlich; man hielt einen Wagen an, um den armen Ratsherrn hineinzusetzen; doch als ein Mann aus dem Volke begreiflich machte, daß sich der Zustand des Verwundeten durch das Schütteln im Wagen noch verschlimmern könnte, so taten Fanatiker den Vorschlag, ihn auf den Armen zu tragen, was auch mit Begeisterung und einstimmig angenommen wurde. Gesagt, getan. Das Volk hob ihn zugleich drohend und sanft in die Höhe, und trug ihn fort gleich einem Riesen der Märchen, welcher grollt, und dabei einen Zwerg in seinen Armen liebkosend wiegt. Man erreichte nicht ohne Mühe Broussels Haus. Die Menge, welche schon lange vorher durch die Straßen wogte, ward nun an die Fenster und Türschwellen gelockt. An einem Fenster eines Hauses, zu dem eine enge Türe führte, bemerkte man eine alte Magd sich lebhaft gebärden und aus allen Kräften schreien, dann eine betagte Frau, die in Tränen schwamm. Diese zwei Personen befragten mit sichtlicher, nur auf verschiedene Weise ausgedrückter Kümmernis das Volk, doch dieses erteilte ihnen statt aller Antwort nur ein verworrenes, unverständliches Geschrei.
    Als jedoch der von acht Männern getragene Ratsherr ganz blaß und mit sterbenden Augen bei seiner Wohnung ankam, und seine Gattin und seine Magd anblickte, fiel die gute Frau Broussel in Ohnmacht, und die Magd erhob die Hände zum Himmel, stürzte nach der Treppe ihrem Herrn entgegen und rief aus: »Ach, mein Gott! mein Gott!« Dann faßte sie den Ratsherrn in ihre Arme und wollte ihn

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