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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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war erstaunt. »Wie spät ist es denn?«
    »Gleich sechs, noch ein bisschen, und es wird draußen schon wieder hell.«
    »Und Sie haben die ganze Zeit über hier gesessen?«
    »Ja.«
    »Siebzehn Stunden?«
    »Ja.«
    Mir wurde ganz warm ums Herz. Wer siebzehn Stunden lang meinen Schlaf bewachte, dachte ich mir, der musste doch wohl auch etwas für mich empfinden, … und vielleicht war ja das, was er für mich empfand, das Gleiche, was ich für ihn empfand … ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen, so konnte es schließlich auf Dauer nicht weitergehen mit uns. Immer und immer wieder hatte dieser Mann meinen Weg gekreuzt, und jedes Mal waren wir einander ein bisschen näher gekommen, um diese gewonnene Nähe dann wieder zu verspielen. Diesmal sollte es nicht so enden, das schwor ich mir. Ich war zwar immer noch nicht ganz wach, und ich fühlte mich auch nach wie vor zu benommen, um klar denken zu können, aber vielleicht fühlte ich gerade deshalb mehr und besser als jemals zuvor. In jedem Fall brachte mein Herz, das so voll war, meinen Mund zum Reden. »Damals, nach unserem Streit im Park«, plapperte ich los, »damals habe ich tagelang auf Sie gewartet. Und ich war sehr traurig, weil Sie nicht gekommen sind. – Und vor meiner großen Operation habe ich Sie dann angerufen. An dem Abend zuvor, aber Sie waren nicht zu Hause. Nur so ein komischer Apparat war eingeschaltet, und mit dem konnte ich doch nichts anfangen, denn ich wollte Ihnen doch sagen, dass ich … ich … ich bin schon mal verliebt gewesen, wissen Sie, vor ein paar Jahren. Er war ein Kollege von mir, Nicholas hieß er, und das war eine ganz schlimme Geschichte, … aber das war auch ganz anders. Bei Ihnen, bei Ihnen, da ist mir immer so, als … als wäre … ich meine …«
    Ich versuchte weiterzusprechen, aber ich schaffte es nicht. Reinders sah mich plötzlich so seltsam an, er lächelte auch ganz seltsam, so seltsam, dass ich einfach nicht weitersprechen konnte und dass mir all das tiefrote Blut, das durch den transparenten Plastikschlauch in meinen Arm tröpfelte, flutartig in den Kopf schoss.
    »… als wäre …?«, hakte er dann auch noch leise nach.
    Ich schnappte nach Luft. »Nun ja, … als wäre, … ich … das hat wohl was mit Geborgenheit zu tun, ich fühle mich in Ihrer Gegenwart einfach sicher …«
    Jans Lächeln zerbrach in tausend kleine Stücke. Er, der eben noch so erwartungsvoll und so stark gewesen war, er wirkte auf einmal ganz schwach, und er schloss die Augen und senkte den Kopf, ganz so, als würde er sich vor mir schämen.
    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Ja.«
    »Wieso?«
    »So etwas dürfen Sie nie wieder sagen, Frau Martin …!«
    Plötzlich war ich wieder Frau Martin, bis jetzt war ich Eva gewesen.
    »… So etwas dürfen Sie nicht einmal denken!«
    »Aber –«
    »Nach dieser OP müssen Sie das einfach vergessen!«
    »Was?«
    »Dass ich Ihnen ein Gefühl von Sicherheit vermittle!«
    Er hatte »den Pförtner drangelassen«. Laut OP -Plan hätte er die Abrasio bei mir vornehmen müssen, hatte sie aber auf Grund eines anstrengenden Nachtdienstes an einen jungen Assistenzarzt delegiert, der normalerweise durchaus in der Lage gewesen wäre, einen solchen Routine-Eingriff vorzunehmen. Nur leider war bei diesem Routine-Eingriff nichts normal verlaufen. Es war zu einer unvorhersehbaren Blutung gekommen, die Anästhesie war zunächst zu niedrig und nach dem Nachspritzen zu hoch gewesen, die Patientin war kollabiert. Nachdem man dann mit Elektroschock das Schlimmste, nämlich einen »exitus in tabula«, verhindert hatte, wurde im Eifer des Gefechts fehlerhaft katheterisiert.
    »Und dadurch wären Sie dann fast auch noch an einem Nierenversagen gestorben«, sagte Reinders, »es hätte gar nicht viel gefehlt, stellen Sie sich das bloß mal vor!«
    Ich lächelte. »Jedes Erdbeben hat ein Nachbeben, das ist ganz normal.«
    »Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«
    »Nein!«
    »Dann haben Sie ein sonniges Gemüt! – wenn der Untersuchungsausschuss nur einen Bruchteil davon hat –«
    »Es gibt eine Untersuchung?« Auf einmal war ich ganz wach. »Gegen wen?«
    »Gegen mich natürlich!«
    »Aber Sie haben doch gar nichts gemacht.«
    »Eben!«
    »Aber –«
    »Eigenmächtigkeit wird überall bestraft.«
    »Aber –«
    »Und außerdem trage ich als Oberarzt die Verantwortung!«
    »Aber –«
    »Was?«
    Endlich ließ er mich zu Wort kommen. Ich erzählte ihm, dass der junge Anästhesist von Anfang an gegen eine Vollnarkose

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