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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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gefracht hab ich ihm, wat Sache is, aber gesacht hat er nix. Kannse mir glauben.«
    Obwohl ich ihr glaubte, plagte mich zusehends die Vorstellung, man würde mir etwas verheimlichen.
    Dieser Verdacht verdichtete sich, als ich zum ersten Mal nach der Punktion Besuch von meinen Eltern bekam. Sie wirkten völlig verändert. Papa war von aufgesetzt wirkender Fröhlichkeit und machte einen Scherz nach dem anderen. Mama sah aus, als hätte sie tage- und nächtelang geheult.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Nichts!«
    »Aber ich spüre doch ganz genau –«
    »Was?«
    »Dass irgendetwas nicht stimmt.«
    »Rede dir nichts ein, Eva. Es ist alles in bester Ordnung.«
    »Verstehst du das?«, fragte ich Claudia.
    »Nee!«
    »Was mach’ ich denn da nur?«
    Täglich telefonierte ich mit Frau Gruber und Jimmy, und täglich wurden diese Gespräche kürzer und deprimierender. Nach einer Woche nahmen die beiden schon gar nicht mehr den Hörer ab. Dann lief ich wie ein Tiger im Käfig über den Gang von S 1 und suchte nach einer Antwort, nach einem Ausweg. Eines Abends erschrak ich über mich selbst.
    Draußen wurde es gerade dunkel, und die Häuser und Bäume, die ich gerade noch deutlich hatte sehen können, wurden immer schemenhafter. Vielleicht irrte ich mich auch, und es gab sie gar nicht.
    Mit den Geräuschen war es ähnlich. Aus den Krankenzimmern drangen Musik und Stimmengewirr. Gertrud saß im Schwesternzimmer und blätterte in einer Illustrierten. Ich hörte genau, wenn sie die Seiten umschlug. Ich hörte alles, sogar das Ticken meiner Armbanduhr. Und trotzdem war es totenstill.
    Die Realität, die mich umgab, war eine andere als die, die ich mit meinen Sinnen erfassen konnte. Da wurde mir plötzlich klar, dass es mit mir vielleicht das Gleiche auf sich hatte. Vielleicht war ich ja gar nicht die, für die ich mich hielt. Vielleicht war ich ja gar nicht wirklich hier, sondern längst woanders.
    »Jetzt werde ich verrückt«, sagte ich zu Claudia, »ich verliere den Verstand, ich …«
    »Psss, Evken, psss …!«
    »Ich habe Angst.«
    »Vor wat?«
    »Ich weiß nicht.«
    Ich fror unsäglich und wickelte mich in mein Oberbett. Claudia sah mich derweil lächelnd an. »Früher hab ich auch immer Angst gehabt«, sagte sie, »da wusst ich auch nie, vor wat ich da eigentlich sonne Angst hatte.«
    »Und heute?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Heut haut mich nix mehr um. Ich hab, wat ich hab, und wat ich verlorn hab, dat weiß ich.«
    »Hast du denn viel verloren?«
    Sie seufzte herzzerreißend, und dann erzählte sie mir in einer langen Nacht von Willi, ihrem Bräutigam. Sein Foto stand auf ihrem Nachttisch. Es zeigte einen Mann von Mitte dreißig mit schmalem Gesicht und hellen Augen.
    Über dem Mund prangte einer jener Allerwelts-Schnauzbärte, den er selbst bestimmt für etwas ganz Individuelles hielt. Auf mich wirkte Willi verklemmt, und was Claudia mir von ihm erzählte, bestärkte mich nur noch in meiner Ansicht. Seit sie nämlich auf S1 lag, hatte er sie kein einziges Mal mehr besucht.
    »Er hat vermutlich Angst«, sagte ich.
    »Sons noch wat? Er schreibt doch Briefkes, da könnt er doch auch ma –«
    »Das ist etwas anderes«, wollte ich sie belehren, »Männer sind nun mal sensibler als Frauen.«
    »Echt?«
    Ihre Stimme klang höhnisch und ließ nichts Gutes ahnen. Ich tat aber so, als hätte ich das nicht gehört.
    »Ja, wenn meine Eltern streiten, dann will mein Vater immer schon nach fünf Minuten wieder Frieden schließen. Meine Mutter kann tagelang brummen, er hält das nicht aus.«
    »Weil er anne Dose will!«
    »Weil er was???«
    »Hasse scho ma?«
    »Was?«
    »Bisse etwa noch Jungfrau?«
    »Natürlich!«
    »Allet klar!«
    Ich verstand zwar nicht, was sie damit sagen wollte, aber es ärgerte mich. »Du hast eine Art!«, schimpfte ich.
    »Immerhin«, gab sie lakonisch zurück, »andre ham nich ma dat!«
    Da hatte sie nun auch wieder Recht, und so verzieh ich ihr.
    »Willse ma sehn, wie ich früher ausgesehn hab?«, fragte sie mich.
    »Ja!«
    Sie lächelte verschämt und öffnete den Rahmen mit Willis Konterfei. Dahinter steckte ihr offizielles Verlobungsfoto. Es war fünf Jahre alt und zeigte ein hübsches Mädchen mit kinnlangen braunen Haaren, einem wohlgeformten Gesicht und großen grauen Kulleraugen, die von seidigen Wimpern umrahmt wurden. Die waren ihr inzwischen auch ausgegangen.
    »Tja«, seufzte sie, »so war dat ma. Wat ich heute bin, dat is de Nachgeburt von mein eigenen

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