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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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dem Besteck gegen das Gestänge der Betten zu schlagen und auf diese Weise einen Höllenlärm zu veranstalten.
    Am meisten hatte Schwester Helma unter unseren Einfällen zu leiden. Sobald sie Dienst hatte, läuteten wir im Abstand von zehn Minuten nach ihr. Stand sie dann im Türrahmen, musste sie sich auf alles gefasst machen. Eine Zeit lang ertrug sie das mit beispielloser Haltung, doch je länger der Zustand währte, desto mehr zerrte er an ihren Nerven.
    »Noch ein bisschen«, lag sie Behringer in den Ohren, »und ich traue mich nur noch zu denen, wenn ich bewaffnet
bin.«
    »Sie werden doch wohl gegen diese beiden kleinen Mädchen ankommen!«, schimpfte Behringer.
    Aber Helma wusste nicht, wie sie uns beikommen sollte, ohne ihre Pflichten zu vernachlässigen und uns damit eventuell zu schaden. Eines Morgens überwand sie jedoch all ihre Skrupel.
    Begonnen hatte es mit dem ersten Läuten meinerseits.
    »Was gibt es?«, fragte ich dann, als Helma erschien.
    »Das weiß ich doch nicht«, gab sie zurück. »Sie haben doch geschellt.«
    »Ich? – Nein! – Um Himmels willen, Schwester Helma, haben Sie das öfter? Das erklärt ja vieles. Hören Sie auch schon Stimmen?«
    Zehn Minuten später war Claudia an der Reihe. »Ich wollt bloß ma wieder lachen«, erklärte sie freudestahlend.
    »Und deshalb schellen Sie?«
    »Wenn ich Ihnen ihr doofet Gesicht seh, lach ich mich jedet Ma fast schief!«
    Dergestalt ging es munter weiter, und wir ahnten nicht, dass unsere gute Helma langsam aber sicher auf das Ende ihrer berühmten Selbstbeherrschung zusteuerte. Wir dachten uns nichts dabei, als sie auf Läuten Numero siebzehn trällernd, pfeifend und betont guter Laune zur Tür hereinkam. Wir fanden das lediglich erstaunlich.
    »So«, flötete sie, ohne sich diesmal nach dem Grund unseres Klingelns zu erkundigen, »Claudias Badewasser ist so weit!«
    Claudia war daraufhin äußerst ärgerlich, ging aber mit.
    Etwa eine Dreiviertelstunde später kamen die beiden Damen zurück. Mir fiel sofort auf, dass unsere gute Helma noch besserer Laune war als zuvor. »So«, flötete sie erneut, »jetzt ist unsere Claudia wieder ein sauberes Schweinchen.«
    »Wer hier en Schwein is«, keifte Claudia, »dat bestimm ich! Und bringen Se wacker en frischen Jauchebeutel, sons setzt dat wat!«
    »Kommt sofort!«
    Helma strahlte über das ganze Gesicht und eilte hinaus. Als sie nach einigen Minuten immer noch nicht gekommen war, wurde Claudia unruhig.
    »Hat die Kuh dat vergessen oder wat?«, knurrte sie. »Die soll voranmachen und den Beutel bringen, sons klink ich aus.«
    Splitternackt lag sie auf ihrem Bett, trommelte mit den Fingern auf die Nachttischplatte und beobachtete durch die Augenwinkel voller Skepsis ihren Anus praeter.
    Der war in so sauberem Zustand eine medizinische Augenweide. Nahtfein und rosa stülpte sich der Darm über die fünfmarkstückgroße Öffnung. So ungewöhnlich das auch war, hässlich war es nicht. Claudia sah das jedoch anders. Sie hasste diese »Aalskuhle«, wie sie das Stoma nannte, und sie stand Todesängste aus, wenn es freilag. So war es auch dieses Mal. Mit jedem Atemzug wurde Claudia unruhiger und wütender, und je unruhiger und wütender sie wurde, desto heftiger drückte sie auf die Klingel.
    »Sonne Mistbiene!«, fluchte sie dabei. »Ich merk doch, dat dat kommt. Wenn die nu nich kommt, dann …«
    Im Gegensatz zu anderen Menschen hatte Claudia keinerlei Einfluss auf ihre Verdauung. Sie verfügte nicht über Muskeln, deren Tätigkeit ihrem Willen unterlagen, sie musste hinnehmen, was kam, und wann es kam, spürte sie erst unmittelbar vorher. Entsprechend panisch verhielt sie sich jetzt.
    »Ach du Scheiße!«, rief sie mit dem Tonfall des Entsetzens.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Schell noch ma, Eva!«
    »Was ist denn?«
    »Schell!!«
    So verzweifelt hatte ich Claudia noch nie gesehen. Helma kam auch jetzt nicht.
    »Dat kommt«, kreischte Claudia derweil, »dat kommt, mir läuft de Kacke aus em Bauch, dat kommt …!«
    Tränen des Ekels rannen über ihr Gesicht, sie presste beide Hände fest auf den Darmausgang, und dabei strampelte sie hysterisch mit den dürren Beinchen.
    »Dat halt ich nich aus. Dat halt ich nich aus, dat halt ich nich … nein!«
    Halb verdaut und daher dünnflüssig, rann ihr die Verdauung über den Bauch. Ein warmer Gestank legte sich über den Raum, Claudia schrie und strampelte wie eine Wahnsinnige, und ich saß da, den Finger nach wie vor fest auf
der Klingel, unfähig, den Blick

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