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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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Männer, die ich kenne.“
    Guillame schüttelte verständnislos den Kopf.„Ihre Schönheit hat dir den Kopf verdreht und dich um den Verstand gebracht. Hast du vergessen, wem deine Treue gilt?“
    „Ich bin niemandem verpflichtet, Guillame, das weißt du genau. Ich kämpfe an Stephens Seite, weil er der Gemahl meiner Schwester ist, aus keinem anderen Grund.“ Er setzte sein Pferd in Bewegung. „Und jedes weitere Wort bringt Emmelines Leben in Gefahr. Ich suche sie.“
    Wütend versuchte Emmeline den eisernen Griff des Earls abzuschütteln. „Lasst mich augenblicklich los, elender Schurke!“
    Seine kalten Augen und schmalen Lippen verzogen sich zu einer höhnischen Grimasse. „Diesmal entkommst du mir nicht, du Luder!“ Er lachte hohl. In den wabernden Nebelschwaden wirkte sein hageres Gesicht wie eine Teufelsfratze. Er drückte seine knochigen Finger nur noch schmerzhafter in ihren Arm. „Wachen! Hierher! Bringt das Weib in die Burg zurück und werft sie in den Kerker. Ich verfolge Lord Talvas. Ich glaube, die Hunde haben seine Fährte aufgenommen.“
    Emmeline ballte in ohnmächtigem Zorn die Fäuste. „Ihr werdet ihn nie einholen!“
    „Pah! Ein Kinderspiel mit diesen Hunden. Sie sind darauf abgerichtet, die Fährte eines Menschen aufzunehmen.“ Er grinste böse. „Welche Ironie! Ich hetze ihm seine eigenen Hunde an den Hals.“
    „Ihr jagt ihn wie ein waidwundes Tier.“ Emmelines Eingeweide krampften sich vor Abscheu zusammen.
    „Ein Verräter verdient nichts anderes. Wenn ich ihn zurückbringe, wird Maud ihm eigenhändig die Kehle aufschlitzen. Er hat ihre Ansprüche auf den Thron vereitelt, das wird sie ihm nie verzeihen.“
    „Lord Talvas ist kein Verräter. Ihr tut ihm Unrecht.“
    „Wie rührend“, entgegnete der Earl hohntriefend. „Denkst du etwa, du rettest dem Schurken mit deinem Gezeter das Leben? Nein, deinen Liebhaber kann nichts mehr retten. Ich bringe ihn in Ketten auf seine Burg, und du kannst zusehen, wie er stirbt, und den Tag verfluchen, an dem du ihm begegnet bist. Wachen, nehmt sie in Gewahrsam!“
    Earl Robert schwang sich auf sein Pferd und verschwand im Nebel, umhüllt von seinem dunklen Umhang wie von den Schwingen einer Todeskrähe. Er folgte den Hunden, deren vielstimmiges Kläffen über das Marschland hallte. Zwei stämmige Soldaten legten ihre fleischigen Pranken auf ihre Schultern und führten sie ab. Emmeline stolperte über Gesteinsbrocken, ihre Füße in den dünnen Schuhen versanken knöcheltief im Schlick, während sie fieberhaft überlegte, wie sie ihren Bewachern entkommen könnte. Talvas würde nicht umkehren. Man würde ihn töten, wenn er es wagte. Emmeline war auf sich allein gestellt. Ihr Überlebenswille war ihr einziger Verbündeter.
    Die glucksenden und gurgelnden Geräusche links von ihr ließen sie wissen, dass die Flut die Flussmündung erreicht hatte und rasch stieg. Sie betete darum, der Earl möge die Orientierung verlieren, knietief im Schlamm stecken bleiben und in den Fluten ertrinken. Sie hob das Gesicht und atmete die frische Seeluft tief ein, dann sah sie die dunklen Umrisse der Türme und Mauern von Hawkeshayne wie durch einen Schleier aus den Nebelschwaden ragen. Jetzt oder nie.
    Als sie sich der Holzbrücke zum Torhaus näherten, sackte sie plötzlich stöhnend in die Knie. „Au!“, jammerte sie. „Mein Fuß!“ Ein Soldat bückte sich, um ihr aufzuhelfen. Im gleichen Moment stieß sie dem anderen die Fäuste gegen die Brust, versetzte dem gebückten Soldaten einen kräftigen Tritt in die Weichteile und rannte so schnell sie konnte zum nahen Ufer. Dort verharrte sie einen Moment, holte tief Luft, dann sprang sie.
    In der Finsternis und dem dichten Nebel hatten ihre Bewacher kaum eine Chance, sie im Fluss zu entdecken. Im Schatten der Burgmauer wartete sie eine Weile, bis sie die Soldaten nicht mehr hörte, danach riss sie sich den nassen Schleier vom Kopf, der in den Fluten davontrieb. Dann schwamm sie mit kräftigen Stößen in die Flussmitte, wo die Meeresströmung sie flussaufwärts trug. Sie schmeckte das Salzwasser an den Lippen und fragte sich, wie lange es dauern würde, bevor die rückläufige Gezeitenströmung sie unerbittlich ins offene Meer hinausziehen würde. Bald erlahmte die Kraft in ihren Armen, das weite Gewand schlang sich um ihre Beine und behinderte ihre Bewegungsfreiheit. Sie drehte sich auf den Rücken, ließ sich auf den tintenschwarzen Wellen treiben, die Kälte drang ihr bis ins Mark. Sie hatte keine Ahnung,

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