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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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alias Edgar, nickte beflissen und entfernte sich durch das Gewimmel zu einem Platz, wo ein Schwein am Spieß über dem Feuer gedreht wurde. Dabei zog er die Kapuze tief in die Stirn, um sein Gesicht zu beschatten.
    Emmeline schaute Roberts Rücken nach, der in der Menge untertauchte, bevor sie den Blick zu Talvas hob. „Du musst mich nicht begleiten, Talvas. Diese ‚Dame‘ kann auf sich selbst aufpassen.“
    Er schmunzelte. „Daran zweifle ich nicht, Madame. Aber wir leben in unruhigen Zeiten, und ich bleibe gern an deiner Seite.“
    „Ich kann mir kaum denken, dass Seidenstoffe und Brokate dich begeistern.“
    „Du würdest staunen, wofür ich mich begeistern kann.“ Seine melodische Stimme war wie eine Liebkosung. Er legte ihre Hand in seine Armbeuge und führte sie zu dem Stand mit den bunten Stoffen. Emmeline strich über das schimmernde Material, ließ verschiedenes Gewebe durch die Finger gleiten, und die Berührung bereitete ihr sinnliches Vergnügen.
    Plötzlich lachte sie hell. „Wenn meine Mutter mich jetzt sehen könnte! Ständig versucht sie mir einzureden, ich müsse auf mein Äußeres achten und mich mehr für schöne Kleider interessieren.“
    Talvas sah mit Freuden, dass ihre Stimmung sich aufhellte und ihre verhärmte Miene sich entspannte. Dann hob er den Blick über ihren Kopf hinweg. „Offenbar braucht unser Reisegefährte mich – das Essen ist vermutlich teuer, und er hat nicht genug Münzen im Beutel.“ Er blickte sie eindringlich an. „Du bleibst hier. Ich bin gleich wieder bei dir.“
    Emmeline nickte. Widerstrebend musste sie sich eingestehen, dass sie sich in seiner Nähe beschützt und geborgen fühlte. Sie wandte ihr Augenmerk wieder den kostbaren Stoffen zu.
    „Ihr seid wohl nicht aus der Gegend?“, sprach die Händlerin sie an, eine untersetzte ältere Frau mit schwarzen Vogelaugen im verwitterten Gesicht.
    „Nein, ich bin nicht von hier.“
    „Das dachte ich mir“, erwiderte die Alte leise, in einem seltsam bedeutungsvollen Ton.
    „Was meint Ihr damit?“ Emmeline dämpfte die Stimme und beugte sich über den Verkaufsstand, um die Antwort der Frau zu hören. Der Stoff zwischen ihren Fingern fühlte sich plötzlich klebrig an.
    „Wärt Ihr aus der Gegend, würdet Ihr nicht in Begleitung dieses Mannes sein.“
    „Wen meint Ihr? … Lord Talvas?“
    Die Alte verdrehte die Augen himmelwärts. „Nein, Mädchen, der andere.“
    „Robert of Ilminster?“
    Die Alte lachte keckernd auf und zeigte dabei schwarze Zahnlücken. Schließlich ging das Kichern in einen trockenen Husten über. Emmeline biss sich auf die Lippen und wartete ungeduldig, bis die Alte weiterredete. „Kommt näher, junge Frau“, sagte sie, als ihr Hustenanfall endlich nachließ. „Dieser Mann ist Edgar of Waldeath, der Gemahl der bedauernswerten Lady Sylvie.“
    Die Welt um Emmeline begann sich zu drehen, sie krallte sich an der Hand der Alten fest. „Was sagt Ihr da?“
    „Dieser Mann ist für seine Grausamkeit und Bösartigkeit berüchtigt. Der kennt kein Erbarmen. Er soll sein Dorf niedergebrannt haben, um die Untat König Stephen anzuhängen.“ Die Stimme der Greisin war ein heiseres Krächzen geworden.
    „Um es König Stephen anzuhängen?“,wiederholte Emmeline benommen. Gütiger Gott! Sie schluckte schwer. Wenn nur endlich die Erde aufhörte sich zu drehen, damit sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie hob jäh den Kopf, und ihr Blick irrte durch die Menge auf der Suche nach Talvas. Endlich entdeckte sie seine hohe stolze Gestalt vor der Rauchwolke, die von einem Feuer aufstieg. Er schien sich angeregt mit einem Fremden zu unterhalten. Von Edgar keine Spur.
    „Er unterstützt also Kaiserin Maud?“,fragte Emmeline, die sich wieder der Alten zugewandt hatte. „Seid Ihr sicher?“
    „Ja, junge Frau. Ist Euch nicht aufgefallen, wie die Leute ihn mit Blicken verfolgen? Auch wenn er die Kapuze tief in die Stirn gezogen hat und in den Farben des Königs herumstolziert, wissen wir genau, wer er ist. Mich wundert nur, dass ihm noch keiner ein Messer in den Rücken gejagt hat.“
    „Talvas muss es wissen“, murmelte Emmeline. Sie kämpfte gegen das Grauen an, das ihr die Brust zuschnürte, rang darum, die Fassung nicht zu verlieren. „Ich muss zu ihm, ehe es zu spät ist.“
    „Viel Glück, mein Kind.“ Die Greisin wiegte den Kopf hin und her. „Man muss sehr schlau sein, um diesem Ungeheuer beizukommen.“
    Noch halb benommen von der Schreckensbotschaft, bahnte Emmeline sich einen Weg

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