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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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drückte ihr ein Stück Brot in die Hand. „Du brauchst Kraft für die bevorstehende Aufgabe.“
    „Ich bringe keinen Bissen hinunter.“ Emmeline zog die Beine an und schlang die Arme um ihre Knie. „Ich schäme mich zu sehr.“ Ihre Wangen röteten sich in Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht.
    Auf einen Ellbogen gestützt, streckte Talvas sich neben ihr aus, sein Blick folgte dem wippenden Flug eines Zaunkönigs tief über der Lichtung. „Keine Reue, Emmeline“, schalt er leise. „Der tragische Tod deiner Schwester darf nicht das Wunderbare trüben, was zwischen uns geschehen ist.“ Er berührte zärtlich ihre Wange.
    Ohne nachzudenken, versteckte sie ihr Gesicht in seiner Hand und schloss die Augen. Erinnerungen überfluteten sie: ihre in entfesselter Leidenschaft verschlungenen Körper, das ungezügelte Verlangen, das sie beide befeuert hatte … Eine einzige Berührung von ihm weckte eine wundersame Bilderflut in ihr. Lass sie nur einen Augenblick zu, dachte sie, nur einen flüchtigen Moment in dieser kalten dunklen Zeit. Talvas zog den Atem scharf ein, als sie ihre Lippen in seine Handfläche presste. Ihr Wunsch, ihm an die Brust, in die tröstliche Geborgenheit seiner Arme zu sinken, war überwältigend.
    „Emmeline“, raunte er. Seine Hand strich sanft über ihre Wange, berührte zärtlich ihr Kinn. Ihre Abwehr zerbrach in tausend Splitter, als seine Lippen die ihren berührten. Die Vernunft versuchte ihr einzureden, dass die Trauer um den Tod ihrer Schwester sie schwächte, dass Talvas ihren Schmerz ausnutzte, aber ihr Herz wusste, dass es nicht stimmte. Sie genoss das Feuer seines Kusses, die Erregung, die sie durchströmte, die Kraft seiner Arme, als er sie an sich zog.
    Doch dann löste er sich jäh von ihr, zu ihrer Verblüffung reagierte er mit einem beinahe unmerklichen Kopfschütteln, zugleich legte er einen Finger an seinen Mund. Mit seitlich geneigtem Kopf horchte er in die Stille des Waldes und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Emmeline glaubte, in der Ferne ein leises Wiehern zu hören, schließlich das Knicken eines dürren Zweiges. Talvas sprang auf die Füße, jede Sehne seines Körpers angespannt, seine rechte Hand schnellte zum Griff seines Schwertes. Der Blick seiner verdunkelten Augen suchte sie. Emmeline ließ beschämt den Kopf hängen. Er beugte sich über sie und zwang sie, ihn anzusehen. „Wir sind noch nicht miteinander fertig, Madame“, murmelte er. „Das wissen wir beide.“
    Eine Wolke schlechter Laune hing über Edgar of Waldeath, als er dem Weg am Waldrand folgte. Wo waren sie nur? Er hatte angenommen, Emmeline de Lonnieres wäre eine ebenso erbärmliche Reiterin wie ihre Schwester, aber anscheinend war das Paar im Morgengrauen aufgebrochen, als er noch schnarchend im Bett lag, erschöpft und befriedigt von dem erregenden Abenteuer, sein eigenes Dorf niedergebrannt zu haben. Was als Strafe für Sylvies Ungehorsam begann, war zu einem wollüstigen Blutrausch, einem Massaker ausgeartet, das ihn zutiefst erfüllt hatte.
    Nach dem blutigen Überfall hatte er seine Soldaten entlassen und war alleine auf seine Burg geritten. Zu seiner Verblüffung hatte er feststellen müssen, dass seine Burg von Stephens Soldaten besetzt war, dass der König persönlich an seiner Hochtafel thronte. Da Edgar jeden Winkel und jeden Geheimgang seiner Burg kannte, war es ihm ein Leichtes, Stephen heimlich zu belauschen und seine Pläne im Hinblick auf Maud zu erfahren. Danach stieg er die Wendeltreppe zu einer unbenutzten Kammer hinauf und verfluchte sich, seine Männer weggeschickt zu haben: Der König wäre in seiner Burg eine leichte Beute gewesen, obwohl er von Soldaten schwer bewacht war. Aber ohne Bewaffnete hatte Edgar keine Chance, ihn zu überwältigen.
    Bei all seiner Heimlichkeit und Umsicht hatte eine Person von seiner Rückkehr gewusst: Sylvie. Wie ein verängstigtes Tier hatte sie seine Fährte aufgenommen und ihn in der abgelegenen Kammer aufgespürt, in die er sich zum Schlafen hingelegt hatte. Als sie die Tür öffnete, war er aufgewacht und hatte unter halb geschlossenen Lidern beobachtet, wie sie ihn anstarrte. In diesem Moment hatte er gewusst, dass sie zum König laufen und Alarm schlagen würde. Als sie durchs Stiegenhaus huschte, hatte er sie von hinten gepackt und ihr die Kehle so lange zugedrückt, bis ihr Zappeln und ihr Röcheln erstarb. Anschließend hatte er sie in den Burggraben geworfen, vorbei an den dösenden Wachen.
    Edgar schlang die Zügel fester um seine

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