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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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und fahre hastig fort:
    »Am nächsten Nachmittag saß ich mit einem derartigen Eifer über meinen Heften auf dem Balkon, daß die Mama ganz gerührt war. Sie wies mehrfach darauf hin, daß es doch gar nicht so warm sei, ich aber erklärte, daß mir nicht nur warm, sondern brühheiß sei — und das war nicht mal gelogen. Dann kam mir eine Idee: Ich würde ein Rendezvous mit Erika verabreden, diesmal ein richtiges, zu dem ich auch hinging. Ich kritzelte einen Brief: >Heute um sechs Uhr Rendezvous auf dem Lindenplatz?< und steckte ihn hinter die Regenrinne.
    Dann kam wieder meine Mama, übrigens eine erschreckend blasse und durchsichtige Mama, und sagte mir, ich sollte mich ins Zimmer setzen, damit ich ein eventuelles Klingeln hören könnte. Sie müßte zum Kaufmann, dort gäbe es vielleicht eine Extrazuteilung Kunsthonig. Es war nämlich das Jahr 1917, eines der fürchterlichsten Hungerjahre des Ersten Weltkrieges. Wir lebten hauptsächlich von Graupen und Backpflaumen, die die Mama und die Großmutter in Näpfen aus der Volksküche heranschleppten. Das heißt von den Backpflaumen waren nur die Kerne und so ‘n paar Fusseln drin. Wer die Pflaumen bekam, haben wir nie erfahren.
    Draußen tobte die Flandernschlacht mit Hunderttausenden von Toten. Aber nichts von alldem focht mich an — ich hatte nur eines im Kopf: die Balkontür da nebenan.
    Ich setzte mich also hinein, bis die Mama weggegangen war. Dann gleich wieder ‘raus. Da — endlich die Balkontür! Ihr Gesicht — die großen braunen Augen sahen ernst aus, und sie legte den Finger auf den Mund. Ich wies schweigend auf die Regenrinne. Sie tat, als ob sie an den Blumen röche, griff schnell den Brief, ließ ihn wieder in ihrem Ausschnitt verschwinden. >Arbeitest du heute nicht draußen?< flüsterte ich. Kopfschütteln. Und dann, wie ein Hauch: >Warte!< Sie ging hinein. Was war los? Hatte ihre Mutter was gemerkt? Wahrscheinlich war es ihr nur zu kühl, um Erika draußen arbeiten zu lassen. Ich fröstelte — zum Sitzen war es tatsächlich reichlich kühl. Da — wieder die Balkontür — Erika sagte offenbar absichtlich laut etwas über die Schulter ins Zimmer zurück. Dicke Luft also! Ich blieb in Deckung. Dann raschelte es an der Regenrinne. Die Tür schloß sich wieder. Eine Sekunde später hatte ich ihren Brief in der Hand: >Um sechs — aber ich muß um sieben zum Abendbrot daheim sein!<
    Ich sah auf meine flache, goldene Einsegnungsuhr, die ich an einem Studentenzipfel trug in der stillen Hoffnung, gelegentlich für einen Studenten gehalten zu werden. Vier Uhr erst! Wie sollte ich das bloß bis sechs aushalten!

    Um sechs Uhr am Lindenplatz! Da sind sie wieder, die jungen Linden, im Rechteck um Rasen und Bassin gepflanzt. Der Sonnentag ist schon ganz leise im Welken, und die Sonne scheint schräg über das Wasser des Bassins, daß es mit tausend Flämmchen in den Augen sticht. Noch im vorigen Jahr habe ich meine Schiffe hier schwimmen lassen, das Linienschiff, das eine richtige kleine Dampfmaschine hatte, und die holländische Schute mit den Seeräubern an Bord. — Ringsum die große Hecke mit den tiefen Einschnitten. In jedem Einschnitt eine Bank. Der Platz ist fast leer. Kinder und Mütter sind zu Hause, Männer kaum noch in der Heimat. Ein abgemagertes Pferd schleppt eine Droschke über den Asphalt. Klapp-klapp — gehen seine müden Hufe. Dann ist es wieder so still, daß man die Spatzen in den Büschen tschilpen hört. Ich renne schon seit einer halben Stunde auf und ab und sehe alle fünf Minuten nach der Uhr. Und dann sehe ich sie — ein winziges weißes Figürchen, ganz in der Ferne am Anfang der Straße. Aber ich weiß, sie ist es — und mein Herz beginnt so zu schlagen, daß meine Kehle ganz trocken wird und es mir vor den Augen flimmert...
    Darm standen wir uns gegenüber, reichten uns die Hand. Es war eine kleine, feste Hand, die kräftig zudrückte.
    Wir fanden eine leere Bank in der tief eingeschnittenen Hecke. Zweige verdeckten den Ausblick auf das Bassin. Wir sahen uns an und wußten nicht, was wir reden sollten.
    >Du bist noch ganz außer Atem<, sagte ich schließlich.
    >Ja, immer noch! Ich bin so gerannt — fühl mal, wie mein Herz klopft!< Und sie nahm meine Hand und legte sie unbefangen auf ihr Herz. Es schlug wirklich ganz fürchterlich, man spürte es deutlich. Ich wagte die Hand nicht zu bewegen.
    >Ja<, sagte ich, >da wären wir...<
    >Ja, da sind wir.<
    Sie hatte meine Hand noch in der ihren, legte sie jetzt auf ihren Schoß

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