Zwei Wochen danach (German Edition)
und bückt sich in die Hintertür.
Ich laufe ein Stück näher. Der Mann trägt noch ein Kind.
In die Hausnummer 28. Also doch.
Jetzt steigt vorne eine Frau aus. Es könnten die Großeltern sein.
Bevor die Frau im Haus verschwinden kann, gehe ich zu ihr und stelle mich vor, denke ich. Ich weiß gar nicht, was ich zu ihr sagen soll. Vielleicht sage ich ihr einfach, dass ich die Frau des Piloten bin, der mit Sebastian Awe zusammengestoßen ist.
Einen Moment lang schaut sie mich entsetzt an. Dann reicht sie mir freundlich die Hand. „Kristel Neugebauer. Sebastian ist mein Schwiegersohn.“
***
(Heike)
Heike kniet vor Marcus Bett und fühlt mit ihren Lippen seine Stirn. Sie ist warm. Was für eine Erleichterung!
Dann legt sie ihm seine blaue Sternendecke über die Beine und verlässt das Zimmer.
„Deine Mutter hat Schlimmes durchgemacht gestern! Sie hat Angst gehabt, dass Marcus stirbt. Nimm dich zusammen, Heike!“
Heike wird von den Vorwürfen ihres Vaters aufs Sofa gedrückt.
Doch er ist noch nicht fertig. Er bemüht sich, leise zu sprechen, damit die Kinder nicht aufwachen. Aber Heike sieht, wie rot er ist.
„Deine Kinder brauchen dich. Sie leiden. Gib ihnen wenigstens das Gefühl, dass du sie liebst!“
Heike kommt sich überrumpelt vor. Sie weint. Sie weiß nicht, was sie sagen soll.
Da setzt sich ihr Vater neben sie und nimmt sie in den Arm.
„Ich hab solche Angst!“, sagt Heike.
„Vor was?“ Ihr Vater schaut sie streng an.
„Dass ich nicht allein zurechtkomme.“
„Es ist egoistisch, deswegen seine Kinder im Stich zu lassen. Früher warst du nie egoistisch!“
Heike sagt nichts dazu.
„Wenn sie nachher aufwachen, wirst du versuchen, eine gute Mutter zu sein!
Der Kinderarzt hat mit Mama gesprochen.“
Das klingt schon etwas freundlicher. Aber noch immer ist ihr Vater sehr erregt. „Natürlich vermissen die Kinder Sebastian, aber das Schlimmste für sie ist, dass sie dich nicht haben dürfen! Heike!“
Ihr Vater ist hart. Er hat kein Verständnis für sie.
Ob Marcus tatsächlich deswegen krank geworden ist? Das tut ihr leid. Das wusste sie doch nicht.
***
(Kristel)
Kristel hat das Auto zugeschlossen und ist mit der jungen hübschen Frau ein Stück gegangen. Am Ende der Straße haben sie sich auf die Bank bei dem kleinen Spielplatz gesetzt und Kristel hat ihr bereitwillig alle Sorgen offenbart.
Jetzt wundert sie sich, dass es die junge Frau überhaupt interessiert. „Ich rede hier die ganze Zeit und frage gar nicht nach Ihrem Mann!“
„Ist schon in Ordnung. Es geht ihm gut. Er liegt noch im Koma, aber sie werden ihn aufwecken. Heute.“
Dann hat die junge Frau auf die Uhr gesehen und sich erschreckt, dass es schon so spät ist.
„Ich muss los“, hat sie gesagt und so sympathisch gelächelt.
Kristel hat sie noch zu ihrem Auto begleitet.
In Gedanken geht sie zum Haus zurück. An der Eingangstür hält sie für einen Moment inne und horcht, ob die Kinder schon auf sind. Als sie nichts hört, klopft sie ans Küchenfenster.
***
(Nicole)
Raphael will eigentlich nur wieder Freunde einladen. Dass hat er mir nach langem Nachfragen beim Abendessen gestanden.
Wir sind zum Wirtshaus um die Ecke gegangen. Nur die Kinder und ich.
Ich bin geschockt und wütend und vielleicht auch ein bisschen erleichtert. Meinen Sohn ödet es nur an, dass seine Großeltern bei uns wohnen und er dadurch keine Freunde einladen kann. Er fühlt sich eingeschränkt! Und das auch noch in den Ferien!
Deshalb ist er so komisch in den letzten Tagen. Deshalb macht er mir Vorwürfe, ich würde mich nicht um meinen Mann kümmern.
Und ich habe gedacht, da steckt mehr dahinter.
Susi hat die ganze Zeit nichts gesagt. Ich glaube, sie denkt an ihren Vater. Ralph ist immer noch nicht aufgewacht.
Aber es ist normal, dass es dauern kann.
Ich frage sie, ob sie sich noch ein Dessert bestellen möchten.
Als der Kellner kommt, lasse ich mir einen Espresso bringen. Schließlich haben wir Raphaels Problem nur erkannt, aber noch nicht gelöst.
Im Gegensatz zum Unfall seines Vaters scheint ihm die Trennung von seinen Freunden sehr viel auszumachen.
Warum sie sich nicht bei ihnen treffen, frage ich ihn.
„Du hast doch gehört, wie Opa auf Susis Kletterkurs reagiert hat!“
Dass bei meinem Sohn die Meinung seines Großvaters so zählt, überrascht mich.
Der Espresso kommt und ich rühre einen Löffel Zucker hinein.
Susanne will sich noch immer nicht am Gespräch beteiligen. Sie
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