Zweifel in Worten
nie dieses Gefühl von Sicherheit geboten.
Er schüttelte abrupt den Kopf, um den Gedanken loszuwerden und hielt reflexartig Marks Hand fest, als dieser zurückwich. Nein, er wollte nicht vergleichen, wollte nicht sehen, wie schal und hohl seine Beziehung zu Cédric offenbar die ganze Zeit gewesen war. Oberflächlich.
„Nein, bitte“, murmelte Valentin. „Bleib hier.“ Valentin streckte beide Hände nach Mark aus und zog ihn dichter an sich, bis er auf seinem Schoß saß und seinen Kopf an Valentins lehnte. Er schluckte und hielt ihn umschlungen, unfähig, irgendetwas zu sagen.
Mark legte seine Arme um Valentins Schultern und murmelte: „Fürchtest du die Nähe immer noch?“
Ohne nachzudenken, schüttelte Valentin den Kopf, doch dann überlegte er, ob das wirklich so war. Die Nähe tat gut, zumindest diese hier, Nähe zu Mark, der nichts von ihm wollte, der ihm stattdessen etwas bot, das Valentin so dringend brauchte und doch nie vermisst hatte: Sicherheit.
Er begriff, dass die Nähe nicht das Problem war, sondern der Verlust davon. Er fürchtete, Mark zu verlieren, wenn sich irgendetwas an ihrer momentanen Beziehung zueinander änderte.
„Nein, deine Nähe fürchte ich nicht“, sagte er schließlich.
Marks Hände glitten in Valentins Haar. „Ich deine auch nicht. Ich fürchte nur meine Vergangenheit.“
Die Erinnerung an die Horrorvisionen, die Valentin mehrmals in seinen Träumen gesehen hatte, ließ ihn aufknurren . „Hast du jemals an Rache gedacht?“
Mark lachte schnaubend auf. „Ständig. Bis mir klarwurde, dass das nichts ändern würde. Es würde nichts ungeschehen machen, verstehst du? Was passiert ist, ist passiert. Solange ich atme, werde ich das wissen, daran würde sich nichts ändern, wenn er aufhört zu atmen.“
„Ja, das stimmt. Ich wünschte trotzdem, ich könnte es ungeschehen machen.“
Mark lächelte jetzt und sah wieder in seine Augen. „Das kann niemand, aber vielleicht kann ich verhindern, dass so etwas noch einmal passiert.“
„Das tust du doch, indem du keine Bekanntschaften hast.“
„Ich habe eine .“
Ja, er hatte ihn, Valentin. Und Valentin war sich sicher, dass er niemals irgendjemandem so etwas Schreckliches würde antun können.
„Dann muss ich dich vor mir beschützen.“
Mark nahm Abstand und starrte ihn an. „Du musst was?“
„Du hast mich schon verstanden. Ich meine, ich würde so etwas nie tun, aber ich habe viele Bekannte … Freunde und dann ist da noch Cédric, der mir hundertprozentig noch eins auswischen will. Ich glaube nicht, dass das Foto seine gesamte Rache war.“
„Was sollte er schon tun?“
Valentin wusste es ehrlich nicht. „Ich dachte mal, dass ich ihn kenne, aber ich habe keine Ahnung, wozu er fähig wäre.“
„Ach was, nun mach dir mal keinen Kopf. Er ist vielleicht sauer, aber das legt sich auch wieder.“
„Möglich … Jedenfalls muss er sich jetzt erst mal ’ne Wohnung suchen … Obwohl, ich denke, er hat schon längst Zuflucht bei einem seiner Stecher gefunden …“
„Wow, das klang nicht halb so wütend, wie ich erwartet hätte“, befand Mark und gähnte verhalten.
„Du solltest wirklich schlafen.“
Mark nickte und gähnte erneut. „Ich werde echt alt!“
Valentin schob ihn sacht von seinem Schoß und stand auf. „Du kannst dich im Schlafzimmer hinlegen, ich muss nur schnell das Bett neu beziehen. Wollte ich vorhin schon gemacht haben, aber irgendwie …“
„… hast du das dann vergessen. Ich helfe dir. Aber du erwartest hoffentlich nicht, dass ich da allein penne.“ Sie gingen ins Schlafzimmer und zogen die Betten ab, dann kramte Valentin frische Wäsche heraus.
Valentin schüttelte den Kopf, ohne darüber nachzudenken. „Nein, ich bin auch müde. Und ehrlich gesagt …“
Mark ließ das Kissen, das er gerade bezog, sinken und sah ihn fragend an. „Ja?“
„Ehrlich gesagt mag ich hier auch nicht allein liegen.“
Mark setzte seine Arbeit fort und grinste breit. „Ich kann nicht sagen, dass mich das stört.“
Als sie fertig waren, zeigte Valentin ihm endlich den Rest der Wohnung. Büro und Badezimmer hatte Mark noch immer nicht gesehen.
„Okay, also dieses Bad ist definitiv groß genug für einen Palmenstrand“, befand er und verschwand darin. Seine Tasche hatte er nach dem Restaurantbesuch schon mit ins Haus genommen, und als er wieder im Flur erschien, war er barfuß und trug ein weißes Shirt und eine dunkelblau karierte Baumwollhose.
Valentin musterte ihn kurz und grinste.
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