Zweifel in Worten
immer unwohleren Gefühl gestarrt hatte, lehnte sich in seinen Sitz und räusperte sich. „Ich ... muss euch noch was erzählen ...“
Sofort unterbrachen Sam und Gabriel, die an einem kleinen Konferenztisch mit gesenkten Stimmen gesprochen hatten, ihre Diskussion, richteten sich auf und sahen ihn an.
„Schieß los“, sagte Sam.
Frank schluckte und legte das Buch beiseite. „Mein Besucher letzten Dienstag, das war der, der mir auch den Brief geschrieben hat.“
Gabriels scharfes Einatmen ließ Frank den Blick heben, doch er senkte ihn sofort wieder. Der stumme Vorwurf in Gabriels Kornblumenaugen war zu viel für ihn. Er wusste doch selbst, dass er zu lange geschwiegen hatte, zu wenig Vertrauen diesbezüglich gehabt hatte. Aber jetzt war es da – und das sicherlich nicht, weil er ein Wochenende voller Sex und Leidenschaft mit ihnen verbracht hatte.
„Sven Wagner war der, der mich vergewaltigt hat.“
„Und den hast du in deine Wohnung gelassen?!“, schnauzte Sam so ungehalten, dass Frank zusammenzuckte. Er sank noch weiter in seinen Sitz und zog die Beine an sich. Schutzhaltung.
Er nickte schwach. „Er stand schon vor der Tür, als ich es kapiert habe. Er ... hat mir nichts getan an dem Tag.“
Sam schnaubte, doch Frank sah aus dem Augenwinkel, dass Gabriels Hand sich auf dessen Unterarm legte.
„Sam“, mahnte er. „Er hat dich sehr erschreckt, das würde ich nicht ‚nichts‘ nennen, Liebling.“
Frank schniefte kurz. „Nein, er hat ... mir nur gedroht, auf eine echt widerliche Art ...“ Frank gab zögernd und von zahlreichen Zwischenfragen begleitet Auskunft über das kurze, aber so schreckliche Gespräch .
„Und verrätst du uns auch, wieso du den starken Mann spielst, wenn so ein Widerling dir zu nahe kommt?“, fragte Sam unerwartet sanft und hockte sich vor ihn.
Frank sah in seine hellblauen Augen und versank darin. „Ich bin stark, Sam. Und ich mache solche Dinge mit mir selbst aus. Ich werde morgen einen Schlüsseldienst rufen und alle Schlösser austauschen lassen. Das hätte ich schon eher machen sollen.“
„Bis das passiert ist, wäre es mir sehr lieb, wenn du in der Villa bleiben würdest, Frank“, sagte Gabriel.
Ja, das war vermutlich eine gute Idee. In der Villa würde er sich nicht alle drei Minuten fragen, ob Sven sich einen Schlüsselabdruck mitgenommen hatte. Er nickte und ergriff Sams nach ihm ausgestreckte Hände.
„Es ist gut, dass du es uns gesagt hast.“ Sam lächelte, aber da lag eine Spur von Traurigkeit in seinem Blick.
„Wisst ihr, was mich am meisten verunsichert hat, an dem Treffen mit ihm, war, dass er so freundlich war, die ganze Zeit. Kein böses Wort, kein Geschrei. Er war, so blöd das klingen mag, nett.“
Gabriel schnaubte leise. „Wenn er dich jagen will, ist das wohl seine neue Methode. Bitte, du musst uns erlauben, dass einer von uns dich begleitet, ja?“
Frank sah Gabriel stirnrunzelnd an, während Sam noch immer seine Hände hielt und sanft drückte. „Wie meinst du das?“
„Er meint, dass einer von uns dich zur Arbeit und von dort weg begleiten wird. Also nur auf dem Weg. Wir wissen, dass du kein Kleinkind bist, Frank, aber du bist uns einfach zu wichtig, als dass wir diesem Schwein eine Gelegenheit bieten wollen, dich allein zu treffen.“
Darüber dachte Frank lange schweigend nach, schließlich nickte er. Ja, er würde sich sicherer fühlen.
„Ist in Ordnung. Ich möchte ihm wirklich nicht allein begegnen. Vielleicht schreckt es ihn ab, wenn er sieht, dass ich mit einem von euch unterwegs bin ...“ Er zwang sich zu einem Lächeln. „Außerdem bin ich gern mit euch zusammen. Ihr tut mir gut.“
Bereitwillige Beute
Gabriel steuerte seinen Geländewagen durch Berlin. In zehn Minuten musste er Frank abholen und er freute sich schon darauf, seinen Liebling zu sehen. Das ersparte ihm tatsächlich einen Großteil seiner Sorgen, während Sam in Köln und Umgebung recherchierte und Wagner im Auge behielt.
Um ihn machte er sich weit weniger Sorgen. Sam war lange genug Mitarbeiter der Firma, seit vielen Jahren darauf gedrillt, in gefährlichen Situationen schnell und effizient zu agieren. Er konnte sich schützen und verteidigen.
Aber Frank war ... nun ja, eben Frank. Er mochte noch so gut mit einem Schwert umgehen können, er hatte ja gesagt, dass er es nicht tun würde. Und ob seine Selbstverteidigungskünste im Falle wirklich ernstgemeinter Angriffe ausreichen würden? Gabriel wollte es schlichtweg nicht darauf ankommen
Weitere Kostenlose Bücher