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Zweiherz

Titel: Zweiherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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atmete Will aus.
    Aquilar stemmte die Hände in die Hüften. »Was ich sagen will, ist: Viele Kids in Window Rock und Umgebung suchen Spaß - schnelle Autos, Partys, Drogen. Jemanden wie mich, der Stunden damit zubringt, die alten Lieder zu lernen, und der nach der Schule für seine Eltern Schafe hütet, akzeptieren sie nicht. Sie lachen mich aus.«
    »Ist das ein Problem für dich?«, fragte Will. »Ich dachte, du willst mit ihnen nichts zu tun haben.«
    Aquilar ließ die Hände sinken. »Ich wollte dir nur klarmachen, dass es dir wenig Anerkennung einbringen wird, wenn man dich mit mir zusammen sieht.«
    »Hast du keine Freunde?« Will legte den Kopf schief und betrachtete Aquilar nachdenklich.
    »Ich hatte einen, aber...«
    »Schon gut«, unterbrach ihn Will seufzend. Und dann fragte er: »Wie bist du überhaupt hergekommen?«
    »Mit meinem Pferd. Es steht bei deinem Großvater.«

    Nachdem sie noch ein Stück das ausgetrocknete Flussbett entlanggegangen waren, erreichten die beiden den Eingang des Slot-Canyons. Es war ein rund dreißig Meter langer, extrem enger Felsenschacht, das Werk eines kleinen Flusses, der sich seit Jahrhunderten einen Weg durch den weichen Sandstein erarbeitet hatte.
    Sie schlängelten sich durch die enge Öffnung und blickten nach oben, wo sie durch einen gewundenen Spalt den blauen Himmel sehen konnten.
    »Was denkst du, wie hoch das ist?«, fragte Aquilar.
    »Acht bis zehn Meter«, antwortete Will. »Ich hab vor Jahren mal einen Stein an einem Strick von oben heruntergelassen. Aber es kann durchaus sein, dass der Canyon in den letzten fünf Jahren noch tiefer geworden ist.«
    Will lief weiter und Aquilar folgte ihm. Es war überraschend kühl zwischen den schattigen Felswänden, und der Sandboden, über den sie liefen, war nass. Manchmal mussten sie durch Wasserlachen waten. So ein Slot-Canyon konnte schnell zur tödlichen Falle werden, wenn man von einem Sommergewitter überrascht wurde, selbst wenn es in fünfzig Kilometern Entfernung niederging. Dann konnte es passieren, dass urplötzlich große Wassermassen, die Geröll und Äste mit sich brachten, durch die engen Felsschluchten schossen. Eine tödliche Falle, denn an seiner engsten Stelle waren die Felsenwände oft nur einen knappen Meter voneinander entfernt.
    Will betastete die wellenförmigen Auswaschungen, die das fließende Wasser in Hunderten von Jahren geschaffen hatte. Rot und violett leuchtende Einbuchtungen, weiche Formen mit wunderschönen Erosionsmustern. Eine andere Welt.
    Schließlich öffnete sich der Schacht in den breiten, von Sonnenlicht durchfluteten Water Hole Canyon. Tamarisken und russische Ölweiden wuchsen zu beiden Seiten des ausgetrockneten Flussbettes. Der Rabbit Wash führte nur Wasser, wenn starke Regengüsse niedergingen.Aber an einigen Stellen war der Sand feucht, was bedeutete, dass der Fluss unterirdisch weiterfloss.
    Will suchte linkerhand nach dem Pfad, der auf die Mesa führte. Weit konnte er nicht mehr sein, aber die Büsche waren in den vergangenen fünf Jahren gewachsen und versperrten ihm den Blick auf den Geröllhang.
    »Gibt es noch einen anderen Weg in den Canyon?«, fragte Aquilar auf einmal.
    »Wieso?«
    Der Junge wies auf Reifenspuren im Sand des Flussbettes. »Ein Jeep«, sagte er. »Siehst du die tiefen Muster und die breite Spur? Jemand, den du kennst?«
    »Ich weiß nicht.« Will kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.
    Sollte Kaye oben im Hogan gewesen sein und nach ihm gesucht haben? Zuzutrauen wäre es ihr. Seit er zurück war, suchte sie ständig seine Nähe. Genauso wie damals, als er ihr den kleinen Hund geschenkt hatte. Die Hündin seines Großvaters hatte zwei Welpen gehabt, und Sam hatte Will nur erlaubt, einen zu behalten. Jasper. So war der Geburtstag des kleinen dünnen Mädchens, dessen Mutter mit seinem Vater befreundet war, eine gute Gelegenheit gewesen, das andere Hündchen loszuwerden. Auf einer Schafranch konnte man einen Hütehund immer gebrauchen. Damals war das Foto mit Kaye und Jazz entstanden.
    Am Tag danach war die Kleine ihm auf dem Schulhof wie ein Schatten gefolgt. Seine Freunde hatten ihn ihretwegen gehänselt, und er hatte eine ganze Woche lang versucht, unfreundlich zu ihr zu sein, damit sie ihn in Ruhe ließ. Tagelang trug er dasselbe T-Shirt mit dem Aufdruck: Stop following me, I don’t know where I am going.
    Es war zwecklos gewesen, Kaye war nicht mehr von seiner Seite gewichen. Einmal hatte er ihr in einer dunklen Ecke des Schulgebäudes

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